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Dr. Daniel Paket 1 – Arztroman. Marie Francoise
Читать онлайн.Название Dr. Daniel Paket 1 – Arztroman
Год выпуска 0
isbn 9783740948535
Автор произведения Marie Francoise
Жанр Языкознание
Серия Dr. Daniel Paket
Издательство Bookwire
Und als sie dann oben standen bei der achtunddreißig Meter hohen Christusstatue und auf die Stadt hinuntersahen, die sich beim Sonnenuntergang in den schönsten Farben zeigte, da fiel Anke ihrem Mann spontan um den Hals. Halb lachend und halb weinend bekannte sie: »Oh, Rainer, das werde ich niemals vergessen. Nie im Leben werde ich diesen Tag vergessen. Und… ich liebe dich. Ich liebe dich mehr als alles andere auf der Welt.«
*
Anke genoß den Aufenthalt in Rio in vollen Zügen. Hand in Hand pilgerten sie und Rainer durch die vielleicht schönste Stadt der Welt, faulenzten an der Copacabana – dem berühmtesten Strand von Rio – und schwammen im Meer.
Viel zu schnell ging diese Zeit vorbei, und Anke war fast ein bißchen traurig, als die Bayern den Hafen von Rio verließ. Doch noch war die Reise nicht zu Ende. Das riesige Kreuzfahrtschiff steuerte Porto Alegre an. Von hier aus bestand die Möglichkeit, per Flugzeug einen Abstecher nach Foz do Iguacú zu machen, um die großen Wasserfälle zu besichtigen. Natürlich nahmen auch Anke und Rainer diese Möglichkeit wahr.
»Es sind zweihundertsiebenundfünfzig Fälle, die ihre Wassermassen hundert Meter tief in die Schlucht stürzen«, erklärte Rainer, als Anke fasziniert vor diesem imposanten Naturschauspiel stand. »Sie zählen zu den schönsten Wasserfällen der Welt.«
Anke konnte nur nicken. Noch nie hatte sie etwas Derartiges gesehen, und sie war sicher, daß sie diesen Anblick ihr Leben lang nicht vergessen würde.
Am nächsten Morgen ging die Bayern dann endgültig auf Heimatkurs. Und obwohl es noch eine Woche dauern würde, bis sie Hamburg erreichten, fühlte Anke eine tiefe Traurigkeit in sich. Sie wußte, wenn sie erst wieder in Steinhausen sein würden, dann würde für sie eine sehr schwierige Zeit beginnen. Es war ja nicht nur das Zusammensein mit einem herrschsüchtigen Schwiegervater, der sie darüber hinaus noch nicht einmal leiden konnte, sondern auch die Gewißheit, daß sie Rainer irgendwann die Wahrheit gestehen müsse – eine Wahrheit, die er mit Sicherheit nicht so einfach akzeptieren würde. Vermutlich würde er die Ehe wegen Vorspiegelung falscher Tatsachen einfach annullieren lassen, und das wäre das Schlimmste, was Anke passieren konnte.
Dann brach der letzte Abend auf der Bayern an. Es sollte einen äußerst festlichen Ausklang der Reise geben, und Anke freute sich unsagbar darauf – war es doch das letzte Mal, daß sie mit Rainer in so trauter Zweisamkeit zusammensein konnte. Ab morgen würde Martin Bergmann zu ihrem Leben gehören, denn er hatte darauf bestanden, daß das junge Paar zu ihm in die weitläufige Villa ziehen solle. Sicher, Anke und Rainer hatten mehr oder weniger ihr eigenes Reich im oberen Stockwerk des Hauses, doch Martin Bergmann verstand es nur zu gut, allgegenwärtig zu sein.
Nach langem Überlegen wählte Anke ein perlenbesticktes Abendkleid aus burgunderroter Seide, das sie sehr erwachsen wirken ließ, und wieder einmal war Rainer hingerissen von ihrer Schönheit und Eleganz.
Und als das Fest seinen Höhepunk erreicht hatte, zog Rainer ein kleines schwarzes Kästchen aus seiner Jackettasche, öffnete es und legte es vor Anke auf den Tisch. Völlig konsterniert betrachtete sie den winzigen goldenen Ring, der auf tiefrotem Samt lag.
Was ist das denn?« fragte sie verblüfft, dann lächelte sie. »Glaubst du nicht, daß mir der um ein paar Nummern zu klein ist?«
Doch Rainer blieb ernst. »Das ist ein Taufring, Anke. Vielleicht hältst du mich jetzt für schrecklich sentimental, aber diese Kreuzfahrt mit dir war das Schönste, was ich jemals erlebt habe. Und aus diesem Grund habe ich den Kapitän des Schiffes nach seinem Vornamen gefragt. Er heißt Peter, und ich möchte, daß wir unseren ersten Sohn auf diesen Namen taufen lassen. Ich habe den Namen bereits in den Ring eingravieren lassen.«
Anke war bei seinen Worten leichenblaß geworden. Jetzt sprang sie auf und stieß ihren Stuhl so heftig zurück, daß er polternd umkippte, dann rannte sie wie von Furien gehetzt nach draußen. Sie bemerkte nicht, wie ihr die erstaunten Blicke der Mitreisenden folgten. In ihrem Kopf war nur noch ein Gedanke: Jetzt. Jetzt ist es soweit. Jetzt muß ich ihm die Wahrheit sagen!
Doch als Rainer zu ihr an die Reling trat und sehr behutsam einen Arm um ihre Schultern legte, da brachte sie kein Wort hervor. Schluchzend lehnte sie sich an ihn.
»Liebling, was ist denn los?« fragte Rainer besorgt. »Womit habe ich dich nur verletzt?«
Doch Anke schüttelte nur den Kopf, und Rainer spürte, daß er keine Antwort von ihr bekommen würde. Dabei hatte er nicht die geringste Ahnung, was seine junge Frau dermaßen aus der Fassung hatte bringen können, doch er war sicher, daß sie sich ihm schon bald anvertrauen würde.
*
Am Morgen des dreißigsten Mai legte die Bayern im Hafen von Hamburg an, und der ICE brachte Rainer und Anke nach München zurück. Noch immer war Anke in sehr gedrückter Stimmung, doch sie weigerte sich nach wie vor, darüber zu sprechen. Rainer verstand die Welt nicht mehr. Er und Anke hatten in den fast fünf Jahren, die sie sich jetzt kannten, noch nie Geheimnisse voreinander gehabt.
»Liebling, wenn ich dich mit irgend etwas verletzt habe…«, begann Rainer wieder einmal.
Anke schüttelte den Kopf. »Hast du wirklich nicht, Rainer. Es ist… es liegt nur an mir… ich…« Sie stockte. So sehr sie sich wünschte, sich ihrem Mann endlich anvertrauen zu können, so sehr fürchtete sie sich auch davor. Für den Betrug, den sie begangen hatte, würde Rainer niemals Verständnis aufbringen können.
»Bitte, Anke, hab’ doch Vertrauen zu mir«, erklärte Rainer eindringlich. »Wenn es irgendein Problem gibt, dann werden wir gemeinsam damit fertig werden.«
Doch wieder schüttelte Anke den Kopf. »Gib mir bitte ein bißchen Zeit, Rainer. Ich kann noch nicht darüber sprechen.« Und vielleicht werde ich es niemals können, fügte sie in Gedanken hinzu, aber es wird nicht lange dauern, bis er selbst darauf kommen wird.
»Einverstanden«, stimmte Rainer zu. »Ich gebe dir Zeit, Anke – so viel du willst. Aber bitte denk daran… gleichgültig, was es ist, du kannst dich auf mich verlassen. Kein Problem kann so groß sein, daß wir beide nicht damit fertig werden.«
Anke sah in seine tiefblauen Augen und spürte, daß er seine Worte vollkommen ernst meinte, trotzdem glaubte sie ihm nicht. Wenn er erst wüßte, was sie ihm vorenthalten hatte, dann würde er keine Entschuldigung mehr gelten lassen. Und es war auch ein Problem, das sich nicht aus der Welt schaffen ließ.
»Ich liebe dich, Rainer«, flüsterte sie.
Zärtlich schloß er sie in die Arme. »Ich liebe dich auch, Anke.«
*
Am ersten Juni trat Rainer Bergmann seinen Posten als Chef der CHEMCO an. Es war ein sehr großes Chemiewerk, dem er nun vorstand, doch er hatte sein Handwerk praktisch von der Pike auf gelernt. Von frühester Jugend an war er in seine Aufgabe hineingewachsen, kannte jeden Mitarbeiter, und vor allem wußte er auf jedem Gebiet bestens Bescheid.
Die CHEMCO war führend in allen Bereichen der Chemie, ob es sich nun um Pflanzenschutzmittel, Düngemittel oder Medikamente handelte. Von Anfang an hatte Martin Bergmann versucht, überall Fuß zu fassen, und Rainer stand es nun zu, diesen Betrieb weiterzuführen.
Gleich am ersten Tag versammelte er seine Angestellten um sich und hielt eine kurze Begrüßungsrede.
»Ich weiß natürlich auch, daß in der Fabrik vieles im argen liegt«, führte er zum Ende hin noch aus. »Viele von euch haben sich laufend bei meinem Vater und auch bei mir beschwert – vor allem über die schlechte medizinische Versorgung. Damals waren mir noch die Hände gebunden, und mein Vater war immer der Ansicht, ein Werksarzt sei nicht nötig. Ich verspreche euch aber, daß sich gerade in dieser Hinsicht einiges ändern wird. Und auch was die Sicherheitsvorkehrungen betrifft, will ich etliche Änderungen einführen. Allerdings geht das alles nicht von heute auf morgen. Ich bitte euch also um etwas Geduld. Bis Ende des Jahres sollten sich die Arbeitsbedingungen so weit geändert haben, daß jeder