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Dr. Daniel Paket 1 – Arztroman. Marie Francoise
Читать онлайн.Название Dr. Daniel Paket 1 – Arztroman
Год выпуска 0
isbn 9783740948535
Автор произведения Marie Francoise
Жанр Языкознание
Серия Dr. Daniel Paket
Издательство Bookwire
Dr. Daniel mußte lachen, dann griff er nach einer Semmel, schnitt sie auseinander und bestrich sie mit Butter und Marmelade. Karina und Irene taten es ihm gleich, nur Stefan saß ein wenig trübsinnig vor seinem leeren Teller.
»Na, Stefan, was ist denn los mit dir?« wollte Dr. Daniel wissen. »Keinen Appetit?«
Der junge Mann seufzte. »Ach, Papa, es ist… nun ja … wegen dieser Hochzeit heute.« Bittend sah er seinen Vater an. »Muß ich da mitgehen?«
Dr. Daniel bedachte seinen Sohn mit einem kurzen, strengen Blick. »Ich dachte, dieses Thema wäre ein für allemal vom Tisch.«
»Ach, Papa«, wiederholte Stefan. »Da werden mindestens zweihundert Gäste zugegen sein. Ich bin sicher, daß keiner bemerkt, wenn ich nicht…«
Dr. Daniel unterbrach ihn mit einer energischen Handbewegung. »Als wir die Einladung zu Rainer Bergmanns Hochzeit bekommen haben, habe ich es dir und Karina freigestellt, ob ihr mitkommen wollt oder nicht, und ihr habt beide zugestimmt. Daraufhin habe ich die Einladung angenommen und mitgeteilt, daß wir zu viert kommen werden. Nun haben die Bergmanns alles arrangiert, und da kannst du nicht plötzlich abspringen. Das verlangt schon der Anstand, und ich dachte immer, den hätte ich dir beigebracht.« Er schwieg kurz, dann fügte er hinzu: »Es ist erstaunlich genug, daß Rainer uns überhaupt eingeladen hat, wenn man bedenkt, wie oft ich die Fabrik seines Vaters kritisiert habe. Und ich habe absolut keine Lust, mich zu blamieren, nur weil mein Herr Sohn zuerst eine Einladung annimmt und es sich am Tag der Hochzeit dann plötzlich anders überlegt.«
Stefan schluckte. Es gefiel ihm gar nicht, daß er von seinem Vater so zurechtgewiesen wurde – noch dazu vor seiner Tante und seiner Schwester. Aber schließlich hatte er das Thema ja selbst angeschnitten.
»Wenn ich krank wäre, dann könnte ich auch nicht…«, begann Stefan, doch sein Vater unterbrach ihn: »Du bist aber nicht krank.«
Stefan senke den Kopf, dann wagte er einen letzten Versuch.
»Meine Freunde gehen heute ins Kino. Da läuft der neueste Film mit Arnold Schwarzenegger, und den möchte ich auch gern sehen.«
Doch Dr. Daniel blieb unerbittlich. »Was du möchtest, mein Sohn, steht heute ausnahmsweise nicht zur Debatte.«
In diesem Augenblick beschloß Karina, ihrem Bruder zu Hilfe zu kommen.
»Der Film läuft doch sicher erst abends, oder?« Sie wartete Stefans zustimmendes Nicken ab, dann wandte sie sich ihrem Vater zu. »Wenn sich Stefan so gegen sieben Uhr verabschieden würde, könnte doch niemand etwas dagegen einzuwenden haben.«
Gegen seinen Willen mußte Dr. Daniel lächeln. »Du bist genauso diplomatisch, wie deine Mutter es einst war, und ich schätze, du wirst einmal eine gewiefte Rechtsanwältin, die alle Richter über den Tisch zieht.« Dann sah er Stefan an. »Also schön, ich bin einverstanden. Du kannst heute abend mit deinen Freunden ins Kino gehen.«
In Stefans Gesicht ging die Sonne auf. »Danke, Papa!«
Doch da hob Dr. Daniel abwehrend beide Hände. »Bedank dich lieber bei deiner Schwester.« Dann warf er einen Blick auf seine Armbanduhr. »So, und jetzt zieht euch um. Schließlich wollen wir nicht die letzten sein, die vor der Kirche erscheinen.«
*
Unmittelbar nach der standesamtlichen Trauung begab sich die kleine Gesellschaft, die daran hatte teilnehmen dürfen, zum Mittelpunkt des Ortes, den die romanische Dorfkirche St. Benedikt darstellte. Ihr schlanker Glockenturm überragte die kleinen Häuser Steinhausens wie der Zeigefinger Gottes, und nicht einmal die riesigen Kamine der Steinhausener Chemiefabrik konnten ihrer ehrfurchtgebietenden Ausstrahlung etwas anhaben.
Vor dem Kirchenportal hatten sich die meisten der nahezu zweihundert Gäste bereits eingefunden, als mit rhythmischem Hufgeklapper nun der Vierspänner einbog und vor der Kirche stehenblieb.
Galant half Rainer Bergmann seiner jungen Braut aus der Kutsche, dann geleitete er sie zum Kirchenportal, wo der Pfarrer Klaus Wenninger schon auf sie wartete. Jetzt kam er dem Brautpaar entgegen und reichte der jungen Frau mit einem wohlwollenden Lächeln die Hand.
»Wunderhübsch sehen Sie aus, Fräulein Anke«, meinte er und wandte sich anschließen dem Bräutigam zu, den er vor fast achtunddreißig Jahren in dieser Kirche getauft hatte. Damals hatte der kleine Rainer gebrüllt wie am Spieß. »Na, Herr Bergmann, sehr aufgeregt?«
»Es geht«, entgegnete Rainer, dann grinste er. »Und bitte, Hochwürden, bleiben Sie doch bei Rainer und du. Immerhin kennen Sie mich seit meiner Geburt, und so vor fünfundzwanzig Jahren etwa sind Sie mir noch mit dem Rohrstock nachgelaufen, weil ich aus dem Pfarrgarten Kirschen gestohlen hatte.«
Klaus Wenninger schmunzelte. »Und das, obwohl ihr drei Kirschbäume in eurem Garten hattet.«
»Gestohlen schmeckt’s eben immer besser«, entgegnete Rainer.
»Scheint so«, meinte Hochwürden Wenninger, dann warf er einen Blick in die Runde, entdeckte ein paar seiner Schäfchen, die er in der Kirche normalerweise nur selten zu Gesicht bekam, und beglückte vor allem diese mit einem ausgesprochen weihwasserreichen Segen, bevor er dem Brautpaar voran in die Kirche schritt. Ihnen folgten die Trauzeugen und die dann übrigen Gäste.
Nachdem das Scharren von Füßen und das gelegentliche leise Hüsteln verstummt war, wandte sich Hochwürden Wenninger um und begann mit einer seiner bildhaften Predigten über Sinn und Zweck der Ehe, dann nahm er Anke und Rainer das Ehegelöbnis ab, und nachdem sie sich gegenseitig die Ringe angesteckt hatten, beugte er sich ein wenig zu Rainer vor.
»Du darfst die Braut jetzt küssen«, meinte er und sah schmunzelnd zu, wie Rainer die hübsche Anke mit nahezu scheuer Zärtlichkeit umfing und einen Kuß auf ihre Lippen hauchte.
Mit den Worten »Was Gott verbunden hat, das soll der Mensch nicht trennen«, beendete der Pfarrer die Trauungszeremonie.
An Rainers Seite verließ Anke die Kirche und hatte dabei das Gefühl, als liege ihr ein Zentnergewicht im Magen. Die Worte des Pfarrers klangen ihr noch immer in den Ohren nach.
»Bist du bereit, die Kinder, die Gott euch schenken wird, anzunehmen und im christlichen Gauben zu erziehen?«
Und sie hatte mit Ja geantwortet, dabei…
Es war Anke nicht möglich, diesen Gedanken fortzuführen, denn jetzt kamen die ersten Gratulanten auf sie zu. Und fast alle wunderten sich über das ernste Gesicht der Braut. Es war doch angeblich eine Liebesheirat, jedenfalls hatte der Vater des Bräutigams das immer sehr beton – ein untrügliches Zeichen dafür, daß er mit der Wahl seines Sohnes nicht einverstanden gewesen war.
Das war auch tatsächlich der Fall. Martin Bergmann, der Gründer des Chemiewerkes CHEMCO, war alles andere als erfreut gewesen, als sein einziger Sohn ihm die aus sehr einfachen Verhältnissen stammende Anke Richter vorgestellt hatte. Damals hatte der alte Bergmann noch gehofft, die momentane Verliebtheit seines Sohnes würde sich wieder geben, doch Rainer hatte seine Meinung nicht mehr geändert. Vor einem halben Jahr hatte er sich mit Anke verlobt, und heute fand nun die Hochzeit statt, dabei hätte Martin Bergmann viel lieber die junge Chemikerin Silvia Westphal an der Seite seines Sohnes gesehen. Schon von Berufs wegen hätte sie – nach Martin Bergmanns Ansicht – viel besser zu Rainer gepaßt, von dem Vermögen, das hinter ihr stand, ganz zu schweigen. Aber Rainer hatte eben schon immer einen Dickkopf gehabt, und so sah sich sein Vater gezwungen, sich mit Anke als Schwiegertochter abzufinden.
Jetzt bestieg das Brautpaar wieder die Hochzeitskutsche, und unter den Klängen der eben eingetroffenen Blaskapelle begab sich der Hochzeitszug auf seine traditionelle Runde durch das Dorf, ehe er am Goldenen Löwen anhielt. Hier sollte die große Hochzeitsfeier stattfinden. Die Mitglieder der Blaskapelle wurden im Nebenraum mit Essen und Getränken versorgt, anschließend verabschiedeten sie sich, denn zum Tanz würde eine Vier-Mann-Band aufspielen.
Mit einer formvollendeten Verbeugung forderte Rainer seine junge Braut zum Tanz auf. Es war der traditionelle