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wirkendes Lächeln zustande. »Richtig.«

      In diesem Augenblick stimmte die Band ein flottes Lied an, und Karina sprang auf.

      »Komm, Markus, danach müssen wir tanzen«, verlangte sie. »Das ist eines meiner Lieblingslieder.«

      Der junge Mann seufzte. »Oje, du weißt doch, daß Tanzen meine schwache Seite ist.«

      »Ach was!« wehrte Karina resolut ab. »Einen Fox wirst du schon noch hinkriegen.« Dann nahm sie ihn, ohne lange zu zögern, einfach bei der Hand und zog ihn mit sich auf die Tanzfläche.

      Kopfschüttelnd sah Dr. Daniel ihr nach. »Sehr viel hat der arme Kerl bei meiner Tochter aber nicht zu sagen.«

      »Das scheint mir auch so«, stimmte seine Schwester zu.

      Sie beobachteten die beiden beim Tanzen, dann meinte Dr. Daniel: »Es ist schon seltsam, nicht wahr? Da fährt dieser junge Mann einen Wagen, den praktisch nur noch der Rost zusammenhält, andererseits ist er gekleidet, als wäre er gerade einem Modejournal entsprungen.«

      Irene bedachte ihren Bruder mit einem mißbilligenden Blick. »Was hast denn gegen den Burschen?«

      Dr. Daniel hob abwehrend die Hände. »Gar nichts. Ich wundere mich doch nur.«

      »Mach mir nichts vor, Robert!« widersprach Irene energisch. »Mir scheint, du bist ein wenig eifersüchtig. Aber keine Angst, so schnell wirst du deine geliebte Karina schon nicht verlieren.«

      »Unsinn«, grummelte Dr. Daniel. Er wollte nicht eingestehen, daß in Irenes Worten ein Körnchen Wahrheit steckte. Obwohl Karina jetzt volljährig war, konnte er sich noch immer nicht so recht an den Gedanken gewöhnen, daß sie irgendwann einmal heiraten würde. Und diese väterliche Eifersucht hatte im Grunde gar nichts mit der Person Markus Wagner zu tun. Er hätte vermutlich jeden jungen Mann abgelehnt, der seiner Tochter zu nahe gekommen wäre. Er wollte Karina einfach nicht hergeben und wußte doch, daß er es irgendwann würde tun müssen. Allen Vätern erging es schließlich so.

      Ich glaube, ich werde allmählich ein alter Trottel, dachte Dr. Daniel ärgerlich. Karina will ja nicht auswandern, sondern nur heiraten – und im Augenblick ist nicht einmal das sicher. Sie hängt doch mit ganzem Herzen an ihrem Studium.

      Und dann schob Dr. Daniel diese Gedanken energisch beiseite. Schließlich war das eine Hochzeitsfeier, auf der man sich amüsieren und nicht Probleme wälzen sollte, die womöglich noch gar nicht existierten.

      Doch als sich das Brautpaar um Mitternacht verabschiedete und unter den Klängen des Volksliedes »Muß i denn zum Städtele hinaus« den Saal verließ, ergriff Dr. Daniel wieder dieses eigenartige wehmütige Gefühl, und unwillkürlich stellte er sich seine Tochter an Anke Bergmanns Stelle vor.

      *

      »Weißt du, daß ich dich grenzenlos liebe?« raunte Rainer seiner jungen Frau zu. Er hatte einen Arm um Ankes Schultern gelegt und drückte sie zärtlich an sich, während von draußen das gleichmäßige Rauschen der Wellen zu hören war, die gelegentlich an die Schiffswand klatschten. Rio de Janeiro war das Ziel der Kreuzfahrt, die für Anke und Rainer die Hochzeitsreise sein sollte.

      »Ich liebe dich auch, Rainer«, bekannte Anke und konnte dabei das schlechte Gewissen nicht unterdrücken. Sie haßte es, mit einer Lüge leben zu müssen – vor allem mit einer Lüge, die irgendwann doch herauskommen würde. Und dann würde sie Rainer verlieren, dessen war sie gewiß.

      Jetzt bemerkte Anke den prüfenden Blick ihres Mannes.

      »Was ist denn los mit dir, Liebling?« fragte er da auch schon. »Seit Tagen wirkst du so bedrückt, dabei solltest du doch glücklich sein.«

      Ganz nah schmiegte sich Anke an ihn. »Ach, Rainer, ich bin ja auch glücklich.«

      »So siehst du aber nicht aus«, entgegnete er ernst. »Du machst eher den Eindruck, als wärest du zur Hochzeit mit mir gezwungen worden. Komm, Liebes, sag mir die Wahrheit. Hast du irgendwelchen Kummer? Hat mein Vater dir in irgendeiner Weise zugesetzt?«

      Die Wahrheit? Nein, die konnte sie ihm nicht sagen… nicht auf der Hochzeitsreise.

      »Es ist wirklich nichts, Rainer«, versicherte sie und haßte sich dafür, den Menschen, den sie mehr als alles andere auf der Welt liebte, so belügen zu müssen.

      Rainer seufzte. »Du willst mir nicht weh tun. Schau, Anke, ich weiß ja, wie schwierig es ist, mit meinem Vater zusammen zu leben, aber unsere Villa ist so groß, daß du ihm sicher gut aus dem Weg gehen kannst.«

      »Ich… ich habe ein bißchen Angst vor deinem Vater«, gestand Anke, froh, endlich einmal die Wahrheit sagen zu können.

      »Das habe ich mir schon gedacht«, meinte Rainer, »aber du wirst bald merken, daß er nur halb so schlimm ist wie er tut. Kennst du das Sprichwort ›Bellende Hunde beißen nicht‹? Siehst du, und mein Vater ist so ein Hund, der bellt, aber nur selten beißt.«

      Bei dem Vergleich mußte Anke unwillkürlich lächeln. Da küßte Rainer sie zart auf die Nasenspitze.

      »Siehst du, mein Engel, so gefällst du mir schon besser«, erklärte er. »Und in Zukunft will ich dich nur noch fröhlich sehen, ja? Immerhin sind wir verheiratet, und du hast mit mir nicht nur einen ausgesprochen reichen Mann bekommen, sondern dazu auch noch den zärtlichsten und liebevollsten, den du dir wünschen kannst.«

      Jetzt konnte Anke nicht mehr anders, sie mußte herzhaft lachen, dann fiel sie ihrem Mann um den Hals.

      »Ach, Rainer, ich liebe dich so sehr! Ich liebe dich mehr als alles andere auf der Welt.«

      »So sollte es sein«, schmunzelte er.

      Eine Weile herrschte Schweigen zwischen ihnen, dann ergriff Rainer wieder das Wort.

      »Morgen erreichen wir Rio«, erklärte er. »Freust du dich?«

      Anke strahlte ihn an. »Unsagbar!« Mit einem Finger streichelte sie die Konturen seines markanten, sehr männlichen Gesichts nach. »Es sind schon jetzt ganz traumhafte Flitterwochen.«

      Rainer lächelte sie zärtlich an. »Und diese Flitterwochen werden niemals ein Ende nehmen. Wir werden sehr, sehr glücklich miteinander sein.«

      Er betrachtete Anke eingehend. In ihrer sehr zarten, madonnenhaften Schönheit war sie sehr bezaubernd. Das lange tiefschwarze Haar und die zierliche, mädchenhafte Figur gaben ihr etwas rührend Unschuldiges. Sie wirkte rein und unberührt – wie der Traum eines jeden Mannes. Und während Rainer seinen Blick über sie gleiten ließ, sagte er sich wieder einmal, daß er ein riesiges Glück gehabt hatte, ein so zauberhaftes Geschöpf wie sie zur Frau bekommen zu haben.

      Unwillkürlich mußte er an seinen Vater denken, der am liebsten Himmel und Hölle in Bewegung gesetzt hätte, um diese Hochzeit zu verhindern. Anke war absolut nicht das, was er sich für seinen einzigen Sohn gewünscht hatte. Sogar unmittelbar vor Antritt der Hochzeitsreise hatte Martin Bergmann noch gebrummelt: »Silvia wäre die Richtige gewesen. Der Besitzer einer Chemiefabrik muß standesgemäß heiraten. Silvia ist Chemikerin und hätte ein Vermögen in die Fabrik eingebracht.«

      »Aber ich liebe Anke«, hatte sich Rainer verteidigt.

      »Liebe!« Martin Bergmann hatte das Wort förmlich ausgespuckt. »Liebe vergeht doch in ein paar Jahren, aber das Vermögen bleibt.« Und nach einer kurzen Pause hatte er hinzugefügt: »Ich wette, daß diese Gazelle dir nicht mal Söhne gebären kann.«

      Gegen seinen Willen mußte Rainer lächeln. Söhne. Das war für seinen Vater das zweitwichtigste im Leben. Nur Reichtum zählte für ihn noch mehr. Und er hatte seiner Frau niemals verziehen, daß sie nach Rainer keine Kinder mehr hatte bekommen können. Deshalb wünschte er sich jetzt viele Enkelsöhne.

      Er wird sich noch wundern, dachte Rainer. Bis er sich umschaut, wird ein halbes Dutzend Jungen um seinen Lehnstuhl herumsitzen.

      *

      Obwohl sich Dr. Daniel geschworen hatte, über Karina und Markus nicht mehr weiter nachzudenken, ließ ihm die Geschichte die ganze Woche über

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