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passend, findest du nicht?« raunte Stefan Daniel seiner jüngeren Schwester zu. »In Gold und Silber werden sie förmlich schwimmen.«

      Karina lächelte. »Das klingt ja, als würdest du Rainer um seinen Reichtum beneiden.« Dann zuckte sie die Schultern. »Geld ist nicht das Wichtigste im Leben.«

      »Wenn man es hat«, ergänzte ihr Bruder trocken.

      »Ach komm, Stefan, du kannst dich doch wirklich nicht beklagen«, meinte Karina. »Uns geht’s doch gut. Und außerdem…«

      Stefan erfuhr nicht mehr, was seine Schwester noch hatte sagen wollen, denn in diesem Moment beendete die Band den Brautwalzer, und Rainer Bergmann kam mit seiner hübschen jungen Frau zu ihnen.

      »Karina, Stefan, ich freue mich, daß ihr gekommen seid«, erklärte er, und man konnte ihm glauben, daß er diese Worte ehrlich meinte. »Ich nehme an, ihr wollt auch das Tanzbein schwingen.«

      Heftig schüttelte Stefan den Kopf. »Doch nicht mit meiner Schwester!«

      Rainer schmunzelte. »Dann vielleicht mit der Braut?« Er wandte sich Karina zu. »Darf ich bitten?«

      Und Stefan blieb nichts anderes übrig, als mit Anke auf die Tanzfläche zu gehen. Die Band ließ sich angesichts der vielen älteren Paare zu einem schmachtenden Tango hinreißen.

      »Oh, verflixt«, schimpfte Stefan und erklärte verlegen: »Tango ist meine schwache Seite.«

      Anke lächelte. »Meine auch. Lassen wir’s also besser, bevor wir uns noch blamieren.«

      Damit sprach sie Stefan aus der Seele. Höflich begleitete er die junge Braut von der Tanzfläche.

      »Rainer hat mir Ihren Namen bestimmt gesagt, aber bei den vielen Leuten, die heute hier sind, ist es mir unmöglich, alles zu behalten«, erklärte Anke mit einem fast verlegenen Lächeln.

      »Das kann ich mir vorstellen«, entgegnete er. »Ich heiße Stefan Daniel.«

      Anke runzelte die Stirn. »Daniel? Der Name kommt mir irgendwie bekannt vor.«

      Stefan nickte. »Das glaube ich gern. Mein Vater arbeitet als Gynäkologe in Steinhausen. Sie sind sicher schon mal an seiner Praxis vorbeigekommen.«

      Zu einer Antwort kam Anke nicht mehr, denn jetzt trat Rainer wieder zu ihnen.

      »Na, ihr zwei? Habt ihr beim Tango etwa gekniffen?« fragte er neckend, dann griff er sanft nach Ankes Arm. »Komm, Liebling, ich werde dich mit Dr. Daniel bekannt machen. Er ist zwar ein strikter Gegner der CHEMCO, aber ich finde ihn trotzdem sehr sympathisch. Und über kurz oder lang wirst du ja doch mal in seiner Praxis landen. Da ist es für dich sicher angenehmer, wenn du ihn schon kennst.«

      Sie hatten jetzt den Tisch erreicht, an dem Dr. Daniel mit seiner Schwester saß. Auch Karina und Stefan nahmen wieder Platz, während sich der Arzt höflich erhob.

      »Herr Dr. Daniel, darf ich Ihnen meine Frau vorstellen?« fragte Rainer. »Anke Bergmann – Dr. Robert Daniel.«

      Dr. Daniel reichte der jungen Frau die Hand. »Ich freue mich sehr, Sie kennenzulernen, Frau Bergmann.«

      Seine tiefe, warme Stimme, das freundliche Lächeln und der Blick aus den gütigen Augen bewirkten, daß sich Anke sofort zu dem Mann hingezogen fühlte. Sie war im Laufe der Zeit bei verschiedenen Frauenärzten gewesen, doch keiner hatte so viel Vertrauen in ihr geweckt wie Dr. Daniel.

      »Ich freue mich auch, Herr Doktor«, entgegnete sie, und der Arzt spürte, daß diese Worte keine Floskel waren.

      »Ich war ein wenig überrascht, daß Sie meine Einladung angenommen haben«, mischte sich Rainer jetzt ein. »Schließlich halten Sie nicht besonders viel von meinem Vater und mir.«

      »So dürfen Sie das nicht sehen, Rainer«, erwiderte Dr. Daniel sofort. »Sie sind ein sehr sympathischer junger Mann, und auch gegen Ihren Vater habe ich nichts. Ich bin nur mit der CHEMCO nicht einverstanden und vor allem nicht mit der Art, wie sie geleitet wird. Die ärztliche Versorgung Ihrer Mitarbeiter ist unter aller Kritik.« Dann bremste sich der Arzt. »Doch das sollten wir nicht gerade jetzt diskutieren. Immerhin ist heute Ihr Hochzeitstag, und ich kann mir nicht vorstellen, daß Ihre junge Frau an unserer Unterhaltung sehr viel Freude hat.«

      Rainer lächelte Anke liebevoll an, dann wandte er sich Dr. Daniel wieder zu. »Da haben Sie sicher recht, Herr Doktor. Nur noch eines: Bei der CHEMCO wird sich einiges ändern, denn ab 1. Juni werde ich der Chef des Unternehmens sein, und ich glaube, daß Sie in einigen Punkten recht haben, doch mit meinem Vater konnte man darüber nie sprechen.« Er grinste. »Sie kennen ihn ja.« Dann wurde er wieder ernst. »Ich kann nicht von heute auf morgen den gesamten Betrieb umstellen, aber im Laufe des Jahres wird es sicher einige Neuerungen geben, das verspreche ich Ihnen.«

      *

      Pünktlich um sieben Uhr abends verabschiedete sich Stefan Daniel, um mit seinen Freunden ins Kino zu gehen. Auch Karina warf in immer kürzeren Abständen prüfende Blicke auf ihre elegante Armbanduhr, was Dr. Daniel schließlich bemerkte.

      »Was ist denn los, Karina? Möchtest du auch gehen?« fragte er.

      Das junge Mädchen schüttelte den Kopf. »Nein, ich wundere mich nur, wo Markus so lange bleibt. Er wollte schon am Nachmittag kommen.«

      Dr. Daniel schmunzelte. »Ich fürchte, er liegt wieder unter seinem betagten Wagen und versucht vergeblich, ihn in Gang zu bringen.«

      »Also weißt du, Papa…«, begann Karina verärgert, doch Dr. Daniel hob beschwichtigend eine Hand.

      »Ich will weder dich noch deinen Verehrer beleidigen«, verwahrte er sich, dann lächelte er wieder. »Es amüsiert mich nur…«

      »Du hast leicht reden«, fiel Karina ihm ins Wort. »Ein armer Jurastudent kann sich eben keinen so komfortablen Wagen leisten wie ein niedergelassener Frauenarzt.«

      »Jetzt hast du’s mir aber gegeben«, meinte Dr. Daniel noch immer schmunzelnd. »In Zukunft werde ich also jedesmal ein schlechtes Gewissen haben, wenn ich in mein Auto steige.«

      Zu einer Erwiderung kam Karina nicht mehr, denn in diesem Moment trat ein schlanker junger Mann an den Tisch. Durch seine beachtliche Größe wirkte er ein wenig schlaksig, was Jeans und Collegejacke noch verstärkten. Das halblange, sehr gepflegte Haar fiel im ein wenig in die Stirn und verlieh ihm etwas Lausbubenhaftes. Seine schalkhaft blitzenden blauen Augen unterstrichen diesen Eindruck noch, dabei war er eher schüchtern.

      »Tut mir leid, daß ich so spät komme«, erklärte er. »Mein Wagen wollte mal wieder nicht. Die Lichtmaschine hat ihren Geist jetzt endgültig aufgegeben, und an einem Samstag-nachmittag ein Auto ausleihen zu wollen, ist schon fast abenteuerlich.«

      Dr. Daniel konnte nur mit Mühe ein Lachen unterdrücken.

      »Na, jetzt haben Sie’s ja doch noch geschafft, Herr Wagner«, meinte er. »Zum Tanzen bleibt noch eine Menge Zeit, nicht wahr?«

      Markus Wagner errötete. Tanzen war nicht gerade seine Stärke, und er wäre zu dieser Hochzeitsfeier bestimmt nicht gekommen, wenn Karina ihn nicht so eindringlich darum gebeten hätte.

      »Ja, Herr Dr. Daniel«, stimmte er nun ein wenig halbherzig zu, dann lächelte er den Arzt entschuldigend an. »Ich kann Sie leider nicht richtig begrüßen.« Bedauernd wies er seine Hände vor, die noch deutlich von der Autoreparatur zeugten. »Glauben Sie, daß ich mich hier irgendwo waschen und umziehen kann?«

      Spontan stand Karina auf. »Komm mit, Markus.«

      Durch das Gewühl der Gäste verließen die beiden den Saal, kamen aber schon wenig später wieder zurück. Und nun hatte sich der junge Student wirklich in Schale geworfen. In der perfekt sitzenden Kombination sah er ausgesprochen gut aus. Jetzt trat er zu Dr. Daniel und reichte ihm die Hand.

      »Ich muß mich nochmals für mein Benehmen von vorhin entschuldigen, Herr Dr. Daniel«, erklärte er, »aber…«

      »Das ist schon in Ordnung, Herr Wagner«, versicherte Dr. Daniel. »Ich

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