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zärtlichen Vater haben.

      Ganz tief atmete Claudia ein, dann drückte sie den Klingelknopf. Schon kurz darauf wurde die Haustür geöffnet, und Claudias Mutter trat heraus. Überraschung und Staunen mischte sich auf ihrem Gesicht – vielleicht auch ein bißchen Freunde.

      »Claudia«, brachte sie nur hervor, und im nächsten Moment lagen sich Mutter und Tochter in den Armen.

      »Es tut mir so leid, Claudia«, schluchzte Helene Sandner. »Wir hätten…« Sie brachte den Satz nicht zu Ende, denn sie wußte, daß Worte allein nichts gutmachen konnten.

      Doch Claudia dachte gar nicht daran, jetzt noch über die Vorkommnisse vor über einem halben Jahr zu sprechen. Sie war über die Reaktion ihrer Mutter viel zu glücklich, um ihr noch irgendwelche Vorwürfe machen zu können.

      Erst nach Minuten lösten sie sich voneinander, und liebevoll griff Helene Sandner nach der Hand ihrer Tochter.

      »Mama, das ist Martin, mein zukünftiger Mann, und das meine Tochter Marianne«, stellte Claudia nicht ohne Stolz vor.

      Fast ein wenig schüchtern trat Helene Sandner zu dem jungen Mann, reichte ihm die Hand und warf dann einen ersten Blick auf das Baby in seinem Arm. Die kleine Marianne war gerade aufgewacht und sah ihre Oma nun mit großen blauen Augen an.

      »Du bist ja ein süßer Spatz«, flüsterte Helene Sandner mit glänzenden Augen, dann sah sie Claudia an. »Darf ich sie mal halten?«

      »Natürlich, Mama«, stimmte Claudia sofort zu.

      Sehr vorsichtig, aber mit der Geübtheit einer Frau, die selbst einmal Mutter geworden war, nahm Helene Sandner das Baby in die Arme.

      »So, mein Spatz, jetzt suchen wir den Opa«, erklärte sie mit einem glücklichen Lächeln. »Der wird Augen machen, wenn er dich sieht.«

      Claudia und Martin wechselten einen langen Blick, während Helene Sandner mit Marianne auf dem Arm die Villa betrat.

      »Dr. Daniel hatte wieder einmal recht«, meinte Claudia schließlich.

      Martin nicke. »Wie immer.« Dann griff er nach der Hand seiner Verlobten, und gemeinsam folgten sie Helene Sandner.

      Es wurde ein schöner und harmonischer Nachmittag, den Claudia und Martin bei den Sandners verbrachten, und nur einmal versuchte Konrad Sandner die häßliche Szene von damals anzusprechen, doch Claudia unterbrach ihn sofort.

      »Papa, das ist vorbei. Ich möchte es vergessen, und du solltest es auch tun. Wir haben alle Fehler gemacht – wir sind eben nur Menschen. Und jetzt habe ich euch ja wieder, das ist das Wichtigste für mich.«

      Zärtlich streichelte Konrad Sandner die Hand seiner Tochter. Schon lange hatte er seine Reaktion von damals bereut, doch er hatte keine Möglichkeit gehabt, seinen Fehler wiedergutzumachen, denn er hatte keine Ahnung gehabt, wohin Claudia gegangen war.

      »Wenn ihr beide heiraten wollt«, fuhr Konrad Sandner jetzt fort. »Ich meine… das Grundstück hinter unserem Haus ist groß genug…«

      Claudia begriff sofort, doch sie schüttelte den Kopf. »Tut mir leid, Papa, aber das geht nicht. Martin und ich werden auf dem Gröber-Hof leben. Er ist der älteste Sohn und Erbe… außerdem ist mir der Bergbauernhof in den vergangenen Monaten ein Zuhause geworden, auf das ich nicht mehr verzichten möchte.« Sie sah die Enttäuschung auf den Gesichtern ihrer Eltern und fügte rasch hinzu: »Wir werden euch aber regelmäßig besuchen, und auch ihr seid uns jederzeit willkommen. Mit dem Auto ist man in einer guten halben Stunde in Stienhausen.« Sie lächelte. »Dann wartet allerdings ein Aufstieg von etwa einer Stunde auf euch. Der Gröber-Hof ist mit dem Auto nicht zu erreichen.«

      »Noch nicht«, mischte sich Martin jetzt ein. »Aber ich war in den vergangenen zwei Wochen auch nicht untätig. Ich habe den Bau einer Privatstraße beantragt. Bei Mariannes Geburt wurde mir klar, wie abgelegen der Hof ist und wie gefährlich es geworden wäre, wenn es irgendwelche Komplikationen gegeben hätte. Ein so abgeschiedenes Leben kann man einer jungen Frau wie Claudia nicht zumuten.« Er lächelte. »Vor allem, weil wir ja sicher noch ein paar Kinder haben möchten.«

      Und dabei tauschten Claudia und Martin einen langen Blick, bevor sie sich voller Einverständnis anlächelten.

      *

      Es war ein großer Tag für den Steinhausener Pfarrer Klaus Wenninger. Wann fielen Hochzeit und Taufe in derselben Familie schon auf einen Tag? Noch dazu war Pfarrer Wenninger gerade in diesem Fall auch persönlich betroffen. Und so war es ihm eine besondere Ehre und Freude, Claudia Sandner und Martin Gröber vor Gott zusammenzugeben.

      Seit dem Besuch bei Claudias Eltern waren fast zwei Monate vergangen, und inzwischen hatten die Sandners das junge Paar auch schon mal auf dem Gröber-Hof besucht. Obwohl beide nie besonders viel für Landwirtschaft übrig gehabt hatten, konnten sie Claudia nun gut verstehen. Wer würde die Idylle des von stillem Wald umgebenen Bergbauernhofes wohl mit der Hektik einer Stadtvilla tauschen? Außerdem konnte die kleine Marianne hier in sorgloser Unbeschwertheit aufwachsen. Und so spielten Helene und Konrad Sandner bereits mit dem Gedanken, ihre Bogenhausener Villa aufzugeben und ebenfalls nach Steinhausen zu ziehen.

      Claudia freute sich riesig, als ihr Vater eine diesbezügliche Andeutung machte. Überhaupt verlief ihr Leben jetzt in ausgesprochen glücklichen Bahnen. Sie liebte Martin, und auch für ihn gab es nichts Wichtigeres mehr als Claudia und die kleine Marianne.

      Und so stand jetzt ein sehr glückliches Paar vor dem Traualtar der Steinhausener Kirche. Pfarrer Wenninger bedachte die beiden jungen Menschen mit einem wohlwollenden Lächeln, bevor er mit einer seiner bildhaften Predigten begann.

      »In der Felsenwand des Lebens ist die Liebe wie ein starkes Seil«, erklärte er. »Es verbindet uns auch in der schweren Zeit und rettet uns vor dem tiefen Fall. So viele Menschen sind ihr Leben lang ganz allein, doch wenn man liebt – wenn zwei junge Menschen wie ihr einander wirkliche Liebe schenken, dann kann diese Liebe in der Nacht des Kummers und im Nebel des Leids wie ein Schutzhaus in den Bergen sein.«

      Martin und Claudia tauschten einen Blick. Ein Schutzhaus in den Bergen, ja, das wollten sie sich gegenseitig immer sein – und nicht nur das. Dieser Schutz sollte auch die kleine Marianne umfassen und all die Kinder, die Gott ihnen noch schenken würde.

      Und als Klaus Wenninger die Trauungszeremonie mit den Worten »Was Gott verbunden hat, das soll der Mensch nicht trennen« beendete, da hatten Martin und Claudia das Gefühl, als wären sie jetzt eins geworden – ein Leben in zwei Körpern.

      Lange hatten sie aber nicht Zeit, sich der Tiefe ihrer Liebe bewußt zu werden, denn nun trat Vevi nach vorn und hielt voller Stolz die kleine Marianne im Arm.

      Claudia hatte sie gebeten, Taufpatin ihres Töchterchens zu sein, denn in den Monaten ihres Zusammenlebens auf dem Gröber-Hof waren sie Freundinnen geworden, und gerade während der letzten Zeit hatte Vevi sie wie eine Tochter versorgt. Nun war sie stolz, das kleine Baby über das Taufbecken halten zu dürfen.

      »Und so taufe ich dich auf den Namen Marianne Genoveva Gröber,« verkündete Pfarrer Wenninger und machte dabei ein so glückliches Gesicht, als wäre er selbst der Vater dieses winzigen Menschenkindes.

      Dann drückte er Claudia und Martin mit einem warmherzigen Lächeln die Hand. »Werdet sehr, sehr glücklich miteinander.«

      *

      Der Wunsch des Pfarrers wurde Wirklichkeit. Claudia und Martin waren tatsächlich rundherum glücklich. Sie fühlten sich wohl auf dem stattlichen Bergbauernhof, und zu ihrer besonderen Freude gedieh auch die kleine Marianne ganz prächtig. Martin war richtig vernarrt in die Kleine, und so war er nicht sehr begeistert, als Claudia die Wirtschafterin Vevi bat, für ein paar Stunden auf ihr Töchterchen aufzupassen, weil sie mit Martin einen Spaziergang machen wollte.

      »Da hätten wir Marianne doch mitnehmen können«, hielt er ihr vor. »Immerhin wäre es nicht das erste Mal, daß ich sie den Kreuzberg hinuntertrage.«

      Claudia lächelte. »Nein, mein Schatz, ich möchte ausnahmsweise einmal ganz allein mit dir sein.«

      »Na

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