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DER HÖLLENEXPRESS. Christopher Fowler
Читать онлайн.Название DER HÖLLENEXPRESS
Год выпуска 0
isbn 9783958350274
Автор произведения Christopher Fowler
Жанр Языкознание
Издательство Bookwire
»Haben Sie irgendeine Vorstellung von der Geschichte?«
»Nun, Peter und ich haben uns kürzlich darüber unterhalten und uns gefiel die Idee eines Zuges ganz gut«, sagte Carreras schließlich. »Denken Sie, dass Sie das schaffen können?«
»Ich werde noch heute anfangen«, antwortete Shane.
***
»Die Bibliothek«, sagte Emma, als sie eine große Eichentür im Erdgeschoss öffnete und dadurch den Blick auf einen Raum freigab, der wie ein Herrenklub aussah: Getäfelte Wände, an denen Bücherregale aufgereiht waren, und zwei Ohrensessel aus rotem Leder, die vor einem riesigen Kamin standen.
»Das sieht aus wie der Ort, an dem Jonathan Harker zum ersten Mal auf Graf Dracula traf«, sagte Shane erstaunt.
»Oh, wahrscheinlich ist er das auch«, meinte sie unbestimmt. »Ich lasse Ihnen die Schreibmaschine runterbringen, und wir beschaffen Ihnen ein paar neue Farbbänder. Geben Sie mir Bescheid, wenn Sie etwas benötigen. Egal was.«
Sie lächelte ihn geheimnisvoll an – flirtete sie etwa mit ihm? – und schloss leise die Tür hinter sich.
Shane nahm sich die Trittleiter und begutachtete die Bücher in den Regalen. Die Bibliothek war erstaunlich gut ausgestattet. Einige der obskuren Bände über Hexerei und Teufelsanbetung konnten sich nützlich erweisen. Er schaute weiter oben. Über einer Reihe von gebundenen Büchern waren mehrere Brettspiele ins Regal geschoben. Ludo, Monopoly und eines, das ›Höllenexpress‹ hieß.
Vorsichtig nahm er die abgenutzte Schachtel aus dem Stapel und trug sie zum Tisch.
Das Spiel
Sie war allein zu Hause und langweilte sich fürchterlich.
Ihre Mutter war zum Bäcker gegangen und hatte wahrscheinlich angefangen, sich mit Frau Malik zu unterhalten. Wann immer sich die beiden trafen, tratschten sie fast eine Stunde lang. Sie hatte keine Ahnung, worüber ihre Mutter sprach; über Kochrezepte, Ehemänner, den neuen Pfarrer mit den meerblauen Augen, der die Peterskirche übernommen hatte. Ihr Vater war bei der Arbeit in der Gießerei und tat dort, was auch immer die Männer dort taten. Er würde erst heimkehren, wenn es schon dunkel war. Er kam immer spät nach Hause, und dann roch er nach Eisenspänen, Feuer und Schweiß.
Sie saß am Fenster und blickte in den herabstürzenden Regen. Sie hatte ihr blondes Haar gebürstet und es zu Zöpfen geflochten, und sie hatte Memory mit einem Satz Karten gespielt, aber die Pikdame hatte gefehlt und so das Spiel verdorben. Ihre Mutter besaß ein Puzzle, das ein farbenprächtiges Gemälde von London ergab, aber es waren schon zu viele Teile verloren gegangen.
Sie blickte sich in dem vollgestopften Wohnzimmer um. Die Luft im Zimmer war abgestanden und muffig, weil sich hier kaum je etwas bewegte. Auf der Kommode befand sich das Gedenkbuch ihrer Schwester, hochkant aufgestellt und geöffnet. Sie war im Alter von fünf Jahren an Tuberkulose gestorben, und für die letzten Fotografien hatte man der kleinen Leiche ihre beste Kleidung angezogen und sie inmitten der Familie, die sie geliebt hatte, platziert. Neben dem Gedenkbuch stand die Spieldose ihrer Mutter mit einer starren Ballerina, die zu Leben erwachte, wenn man einen Schlüssel drehte, und sich dann zum Klang des Kaiserwalzers im Kreis drehte. Es gab auch ein Rätselbuch, aber die meisten der Rätsel waren schon vor langer Zeit gelöst worden; die Antworten waren wiederholt mit Bleistift eingetragen und dann wieder ausradiert worden.
Ihr fiel ein, dass es auf dem Dachboden noch andere Spiele gab; alte Spiele, die ihrem armen, verrückten Großvater gehört hatten, und obwohl sie nicht hochgehen sollte, erinnerte sie sich, dass ihre Eltern den Messingschlüssel auf der Küchenanrichte aufbewahrten. Er war schwer zu erreichen, weshalb sie einen Stuhl herüberschob, auf ihn kletterte und sich auf die Zehenspitzen stellte, bis ihre Finger ihn endlich zu fassen bekamen. Sie würde nur einen kurzen Blick wagen und dann den Schlüssel zurücklegen, sodass ihre Mutter es niemals bemerken würde.
Das Haus hatte ein Giebeldach, unter dem sich ein langer, enger Dachboden voller mit Spinnweben bedeckter Wunder verbarg. Es gab kein Licht hier oben, aber sie wusste, wo sich befand, was sie suchte. Hinter der purpurfarbenen Schneiderbüste und dem Schmetterlingskescher, neben den beiden alten Sesseln, die wie eine riesige Muschel verkehrt herum aufeinandergestapelt waren, fand sie die Spiele: Vier bunte Pappschachteln, die mit Gipsstaub bedeckt waren.
Beim ersten handelte es sich um eine Sammlung von Spielen, wie Jungs sie mögen: Puste-Fußball, ein Leiterspiel, Dame und Astragaloi. Nichts, was sie interessierte.
Das zweite war eine Schachtel mit Zaubertricks, auf deren Deckel ein Mann mit Schnauzbart abgebildet war, der einen weißen Hasen aus einem glänzenden Zylinder zog, aber die Anleitungen waren schon lange verloren gegangen, und außerdem musste man für die meisten der Zaubertricks wochenlang proben, bevor man sie aufführen konnte.
Das dritte nannte sich ›Strategische Invasion‹ und schien davon zu handeln, dass man Armeen auf einer Karte von Russland aufstellen musste – was für eine langweilige Idee für ein Spiel!
Aber die letzte – und bei Weitem größte – Schachtel war am vielversprechendsten. Das fing schon damit an, dass die Schachtel mit einer Schnur zugebunden war, an der eine Karte hing, auf der stand: NICHT ÖFFNEN.
Sie trug die Schachtel vorsichtig hinunter in ihr Zimmer, ließ sich auf dem Flickenteppich nieder und studierte den Deckel. Die Illustration zeigte eine viktorianische Lokomotive mit einem Kuhfänger und einer brüllenden Teufelsfratze mit roten Hörnern. Aus der Lok traten Feuerwellen hervor, die aussahen wie böser Atem. Die kunstvolle Aufschrift unter dem Bild lautete: »Wagst du die Fahrt mit dem Höllenexpress?«
Es war seltsam, dass sie es noch nie zuvor bemerkt hatte. Nachdem sie sich feierlich vor das Spiel gesetzt hatte, schob sie die Schnur von der Schachtel, nahm den Deckel ab und entnahm das Spielbrett. Sie faltete es vorsichtig auf, legte es flach vor sich hin und entnahm die Figuren ihren Behältnissen.
Es gab keine Würfel, keine Spielmarken und keine Anleitung, aber je länger sie die Anordnung studierte, desto mehr schien sich alles von selbst zu erklären. Sie stellte die Passagiere – kleine bemalte Bleifiguren, die Koffer trugen – zu dem Bahnhof, der seltsamerweise den Namen ihrer eigenen Heimatstadt, Chelmsk, trug. Es gab sogar die gleichen Ziegelsteinkamine, den gleichen Marktplatz, die gleiche große Gießerei im Zentrum. Tatsächlich glich die gesamte Gestaltung einer Miniaturausgabe ihrer Stadt. Vielleicht hatte der Künstler hier gelebt und während des Malens zur Inspiration aus dem Fenster geblickt.
Im Spielbrett befanden sich auch die Schlitze eines mechanischen Schienenwegs, der durch niedliche Abbildungen ländlicher Idyllen führte und ein halbes Dutzend kleine Bahnhöfe erreichte.
Am unteren Rand der Spielfläche entdeckte sie eine seltsame Beschriftung.
»Als der Teufel auf die Erde gerufen wurde, schuf er einen Zug, um die Verdammten in die Hölle zu bringen.«
Ein ziemlich ernster Leitspruch für ein Kinderspiel, das war sogar ihr klar. Ihre Mutter würde bestimmt nicht gutheißen, dass sie sich mit so einem Spiel beschäftigte, wodurch es noch viel aufregender wurde. Was für einen Schaden konnte es denn groß anrichten?
Sie blickte noch einmal in die Schachtel. Was gab es da noch?
Mit großer Vorsicht entnahm sie das größte, detaillierteste und schönste Stück – eine Spielzeuglokomotive zum Aufziehen. Ihr Name war auf dem Kesselblech eingraviert: ÄRZENGEL. Das Mädchen warf einen Blick in die minutiös ausgearbeiteten Waggons mit ihren Sitzen und Lampen und Gepäckablagen. Dann verband sie die sechs Waggons miteinander, darunter die Abteile der ersten, zweiten und dritten Klasse. Der letzte Waggon hatte einen Bereich mit privaten Suiten und eine kleine Aussichtsplattform am Ende.
Sie wählte die am wenigsten abgenutzten Figuren – sie waren aus Blei und hatten schon etwas von ihrer bunten Lackierung verloren –, entschied sich schließlich