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Harald Harst Krimis: Über 70 Kriminalromane & Detektivgeschichten in einem Buch. Walther Kabel
Читать онлайн.Название Harald Harst Krimis: Über 70 Kriminalromane & Detektivgeschichten in einem Buch
Год выпуска 0
isbn 9788075831200
Автор произведения Walther Kabel
Жанр Языкознание
Издательство Bookwire
Ich hatte diese großsprecherischen Drohungen beim Vorlesen belächelt, sagte jetzt:
„Olaf Arbang ist der Hund, der bellt und nicht beißt!“
„Ich möchte mir über Arbang noch kein Urteil erlauben. Er ist jedenfalls kein zu verachtender Gegner. Wer es mit der Strömung der Trollhätta-Fälle aufnimmt, bellt vielleicht doch nicht nur!“
Dann steckte er den Zettel zu sich, und wir gingen über die Brücke nach der Insel zurück, wo der Inspektor sofort fragte:
„Na – Spuren gefunden?“
„Ja – Blutspuren!“ erwiderte Harald. „Arbang ist entwischt.“
Dronting lächelte nachsichtig. „Sie beharren bei Ihrer Annahme; ich bleibe bei der meinen: Arbang ist tot! – Die Blutspuren können von jemand anders herrühren.“
Harald schwieg. Von dem Zettel erwähnte er nichts.
Nachmittags gegen fünf saßen Harst und ich in der Veranda des Trollhätta-Gasthofs, wo wir bereits zwei Zimmer für uns belegt hatten.
Harst hatte den Zettel Arbangs neben seine Kaffeetasse gelegt und studierte mit der Lupe die blutigen Fingerabdrücke.
„Arbang hat einen sehr breiten Daumen,“ sagte er. „Ist Dir übrigens an dieser Mitteilung gar nichts aufgefallen? – So – nichts?! – Nun, Arbang schreibt ein fehlerfreies Englisch. Für einen Hausdiener und früheren Verbrecher anscheinend schwedischer Abkunft immerhin eine Seltenheit.“
Ich nickte nur.
„Vielleicht haben wir es hier mit einer ganz interessanten Persönlichkeit zu tun, mein Alter,“ fuhr Harst fort, nachdem er einen Schluck Kaffee getrunken hatte. „Wie wär’s, wenn wir sein Häuschen mal gründlich auf unsere Weise durchsuchten?“
Gleich darauf öffnete uns Harsts Patentdietrich die Vordertür der elenden Baracke.
Wir hatten sie nachts nach der Gefangennahme Dalcroix-Ragnars bereits flüchtig in Drontings Gegenwart in Augenschein genommen. Als wir jetzt durch den Flur schritten – die Falltür war mit Brettern bedeckt worden, schaltete Harst seine Taschenlampe ein und stieß die Tür auf, die in Arbangs Wohnstube führte. Die Fensterladen waren noch geschlossen. Wir waren also auf künstliche Beleuchtung angewiesen.
Wir traten ein. Der Lichtkegel glitt durch den ärmlich möblierten Raum.
„Zünde die Hängelampe an,“ meinte Harald und wandte sich dem Schreibtisch zu, der einen hohen Aufsatz hatte.
Die Petroleumlampe war in Ordnung. Vor dem Sofa stand ein Tisch, und auf diesem eine zweite Lampe mit einem Zinnfuß. Ich zündete auch diese Lampe an und stellte sie auf den Schreibtisch.
Harald hatte sich in den wackligen Schreibsessel gesetzt und das Mittelschränkchen des Aufsatzes geöffnet, hatte die darin liegenden Schachteln und Papiere herausgenommen und beklopfte jetzt die Wände des Schränkchens.
Die linke Seitenwand klapperte.
„Ein Geheimfach!!“ sagte Harald und tastete das Brett mit den Fingern ab.
„Ah – siehst Du!“ rief er dann.
Das Brett ließ sich jetzt hochklappen. In dem schmalen Fach lagen zwei Briefe mit Umschlägen. Die Umschläge waren sauber aufgeschnitten, hatten abgestempelte Briefmarken und trugen die gleichlautende Anschrift:
Herrn
Ottmar Orstra
Stockholm. Schweden.
Drottninggatan 16,
bei Halging.
Harald schob sie in die Tasche und klappte das Brett wieder hoch. Ich hörte eine Feder einschnappen.
Aber – ich hörte noch mehr.
Wir beide hörten’s – und fuhren herum.
Hinter uns hatte sich die Tür mit mißtönendem Knarren geöffnet. Und fast gleichzeitig sagte eine fast angenehme Stimme – weich und wohllautend:
„Guten Tag, meine Herren!“
Leider war das, was wir in der rechten Hand des Eintretenden sahen, weniger angenehm. Es war ein Revolver, ein kurzer, schwarzer Cold-Revolver. Die Mündung blieb auf uns gerichtet, während der gutgekleidete, blondbärtig Herr, hinter dessen Brillengläsern zwei lebhafte Augen uns betrachteten, hinzufügte:
„Das Wiedersehen erfolgt früher, als wir es ahnten, jetzt können wir unsere Rechnung ja sofort glatt machen –“
Er setzte sich auf einen Stuhl an den Sofatisch.
„Es war wirklich sehr leichtsinnig von Ihnen, Herr Harst, mit mir anzubinden. Allerdings – Sie wußten nicht, wer Olaf Arbang-Aarström ist. Sie werden es auch nie erfahren. Oder besser: Sie beide werden keine Gelegenheit haben, dies anderen auszuplaudern.“
Allmählich erholte ich mich von dem ersten Schreck.
War der Mann da wirklich der bucklige Arbang?! Wo war der Buckel geblieben?! –
Er lächelte jetzt nachsichtig.
„Herr Schraut prüft meinen Oberkörper,“ meinte er. „Ja – der Buckel war nur künstlich, meine Herren. Er half mir, die Polizeimeute von meiner Spur abzulenken. Vor fünf Jahren mußte ich unbedingt für längere Zeit spurlos verschwinden. Da nahm ich eben als Olaf Arbang die Stelle als Hausdiener bei dem Juwelier an. Bei Herrn Bantjör fühlte ich mich ganz sicher. In den fünf Jahren hielt ich mich von allem fern, was mich hätte in Ungelegenheiten verwickeln können –“
Harald, der noch im Schreibsessel saß, fragte jetzt:
„Sie heißen also auch nicht Arbang?“
„Nein, Herr Harst –“
„Sie sind auch kein Schwede?“ fragte Harald weiter.
„Nein. Ein Landsmann von Ihnen –“
„Ah – dann weiß ich wer Sie sind!“ rief Harst und lachte überlegen auf.
Arbang hatte die Revolvermündung etwas sinken lassen Er war durch dieses Lachen stutzig geworden.
Und ich – ich merkte, daß Harst jetzt die Füße auf die Erde gestützt hatte, daß er nicht mehr auf dem Schreibsessel saß, sondern nur noch schwebte.
Ich ahnte: er wollte Arbang irgendwie überrumpeln!
„So?!“ meinte Arbang gedehnt. „Da bin ich neugierig. Wer bin ich denn?“
„Ottmar Orstra, der Bankräuber!“ antwortete Harst mit demselben Lachen.
„Wieder hatte sich die Revolvermündung gesenkt. Und Arbang starrte Harald ganz verdutzt an. Dann aber – dann kam das gewagte Spiel, das Sieg oder Tod verhieß.
Harst hatte plötzlich den Schreibsessel unter sich weggezogen, hielt den gepolsterten Sitz als Schild vor Kopf und Brust, sprang vorwärts.
„Zwei – drei Schüsse.
Mein Herzschlag stockte.
Dann – hatte Arbang mit einem Satz die Tür gewonnen, schlug sie hinter sich zu.
Er hatte für diesmal das Spiel verloren gegeben.
Harald schleuderte den schweren Stuhl zur Seite, packte die Türklinke.
„Vorsicht!“ rief er mir zu. „Erst die Lampen aus. Er knallt uns sonst –“
Da – draußen im Flur zwei Schüsse.
Aber die Tür war zu dick. Die Kugeln hatten die Füllung nicht durchschlagen.
Ich löschte die Lampen aus.