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in der Vorhalle fanden wir nur den Oberkellner vor.

      Harald fragte ihn leise:

      „Dort auf dem Ecksofa saß vorhin ein blondbärtiger Herr und las Zeitung. Ich glaube, es war ein Kaufmann aus Neuyork, mit dem die Firma Strapp schon mal Geschäfte gemacht hat.“

      Der Oberkellner dienerte. Das Ehepaar Strapp galt hier im Skandinavia bereits für millionenschwer.

      „Der Herr wohnt seit heute mittag hier,“ erklärte der Ober. „Es ist ein Amerikaner namens Longfife aus Chikago.“

      „Aha – Longfife! Natürlich – Longfife!“ nickte Harald. „Ist er auf seinem Zimmer?“

      „Ja. Er wartet auf telephonischen Anschluß nach Trollhätta. Er hat ein Ferngespräch angemeldet.“

      „Gut. Meine Frau und ich werden Longfife begrüßen gehen. Welche Zimmernummer?“

      „18 – bitte –“ –

      Nummer 18 lag unseren Zimmern gerade gegenüber.

      Und – dieser Master Longfife wollte mit jemandem in Trollhätta telephonieren und war erst heute mittag im Skandinavia abgestiegen! Also vor drei Stunden! Zugleich mit uns etwa!

      „Ja, ja,“ sagte Harald leise im Lift zu mir. „So ein Handspiegel verrät viel – sehr viel! Ich wäre nie auf den Freund in Chikago – Longfife aufmerksam geworden, wenn er nicht die Dummheit gemacht hätte! – Wie der Mensch nur herausgebracht haben mag, daß wir hier wohnen und daß das Ehepaar Strapp für gewöhnlich kein Ehepaar ist –?!“

      Wir verließen den Fahrstuhl und – sahen gerade noch, den Flur entlangblickend, Master Longfife in Nr. 18 verschwinden.

      „Du, der Kerl hat vielleicht gehorcht!“ meinte Harald. „Gehen wir erst mal in unser Zimmer!“

       Inhaltsverzeichnis

      Wir blieben dort nur ein paar Minuten. Harst steckte seine entsicherte Clement in die rechte Jackentasche.

      „Man kann nie wissen!“ sagte er dabei.

      Ich fühlte mich daher veranlaßt, meine Clement in meinen Alte-Damen-Pompadour zu versenken.

      Dann klopfte Harald drüben bei Freund Longfife an.

      Eine Weile nichts. Dann eine Stimme:

      „Wer ist dort?“

      „Ferngespräch Trollhätta, Master Longfife,“ rief Harst in tiefem Baß.

      Die Tür ging auf, nachdem der Nachtriegel hörbar zurückgeschoben worden war.

      Bei unserem Anblick prallte der angebliche Longfife zurück.

      Harst trat schnell ein. Ich folgte, drückte die Tür ins Schloß und lehnte mich dagegen.

      Master Longfife hatte sich rasch gefaßt.

      „Sie wünschen?“ fragte er in mäßigem Englisch. Schon diese Frage bewies der Aussprache nach, daß er kein Amerikaner war.

      „Setzen Sie sich dorthin!“ befahl Harald kurz. „Ich rate Ihnen, keine Komödie zu spielen. Wir wissen Bescheid!“

      Er war plötzlich dicht vor Longfife, hatte ihm ebenso plötzlich den falschen Bart und eine tadellose Perücke abgerissen.

      Der auf diese Weise demaskierte Kopf mit der dicken Knollennase und den farblosen Fischaugen wirkte recht unsympathisch.

      Der Kerl war merklich erblaßt. Er machte noch einen schüchternen Versuch, den Beleidigten zu spielen. Aber Harsts Drohung, die Polizei zu holen, ließ ihn einsehen, daß das Spiel für ihn verloren war. Er setzte sich also ganz gehorsam in den Plüschsessel und legte die Hände ebenso gehorsam vor sich auf die Tischplatte.

      Dann sagte er, eine andere Art der Verteidigung wählend:

      „Ich weiß nicht, was Sie von mir wollen, weiß nicht mal, wer Sie sind. Ich gebe zu, daß ich unter falschem Namen hier aufgetreten bin. Das ist nicht weiter strafbar.“

      Harald lächelte ihn geringschätzig an. „Sie müssen Ihre Mätzchen endlich ganz aufgeben!“ meinte er. „Sie sind derselbe Mensch, der uns auf der Motorsacht vergiften wollte. Ich habe einen Blick für Gesichter. Mich täuscht man nicht. Mit wem wollten Sie in Trollhätta sprechen?“

      Der Kerl senkte den Kopf und schwieg.

      „Vielleicht mit Charles Dalcroix?“ fragte Harst. „Ich erfahre ja doch, wer sich drüben in Trollhätta melden sollte –“

      Wieder keine Antwort. Aber in dem Bulldoggengesicht des angeblichen Longfife brannte jetzt die Röte verbissener Wut.

      „So, Sie wollen also nicht,“ sagte Harald dann achselzuckend. „Schraut, fahre zur Polizei und verständige den Kriminalinspektor Dronting. Er kennt mich von früher her. Dieser Mensch muß ohne jedes Aufsehen verhaftet und abgeführt werden. Nicht einmal das Hotelpersonal darf etwas merken. Dronting soll in einer Verkleidung kommen. Dem Oberkellner erkläre im Namen Longfifes, daß das Telephongespräch nach Trollhätta vorläufig abbestellt werden soll.“

      Longfife war setzt blaurot vor Wut geworden.

      Ich verließ das Zimmer. – Nach zehn Minuten saß ich dem dicken Dronting gegenüber.

      „Himmel – Sie sind Herr Schraut?!“ meinte er. „Und Harst in Göteborg?! – Erzählen Sie –“

      Das war bald erledigt. Und ebenso schnell hatte Dronting sich in einen recht echt wirkenden Dienstmann verwandelt, der dann hinter mir die Hoteltreppe emporstieg.

      Ohne anzuklopfen öffnete ich die Tür von Nr. 18.

      Und – prallte zurück, wie vor einer halben Stunde Longfife es bei unserem Anblick getan hatte.

      Denn – ich traute meinen Augen nicht! – in dem Sessel saß Longfife und hielt Harsts Clement in der Rechten, hielte auf Dronting und mich und winkte kurz.

      „Oho!“ meinte der Inspektor da. „Bürschchen, so spielen wir nicht!“

      Er trat rasch ein, packte den nächsten Stuhl mit Riesenkraft und schwang ihn hoch.

      Da – aus dem Sessel ein vergnügtes Lachen.

      „Strengen Sie sich nicht unnötig an, Dronting!“ sagte Longfife mit Harsts Stimme. „Ich habe mir nur einen Scherz erlaubt. – Schraut – die Tür zu! – So, Tag, Dronting!“ Er reichte dem Beamten die Hand.

      „Wo haben Sie denn den anderen gelassen?“ fragte der Inspektor kopfschüttelnd.

      „Dort!“ Und Harst deutete auf den großen Rohrplattenkoffer Longfifes. „Es waren nur Ziegelsteine und leere Pappschachteln darin. – So –“ Er hob den Deckel auf.

      Und in dem Koffer kauerte wirklich der an Händen und Füßen gefesselte Longfife und schielte uns tückisch an.

      Harst klappte den Deckel wieder zu.

      „Es paßt sehr gut, Dronting, daß Sie als Dienstmann kamen. Ich war schon unten in der Vorhalle – als Longfife, und habe erklärt, daß ich, Longfife abreise. Dieses Gespräch mit dem Oberkellner war die Probe auf die Güte meiner Maske.“

      „Die ist vorzüglich!“ bestätigte ich. „Selbst die Knollennase wirkt echt. Natürlich Wattepfropfen!!“

      „Sie werden den Koffer jetzt mitnehmen, Dronting,“ ordnete Harst weiter an. „Wir beide fahren mit einer Droschke davon. Schraut, Du folgst uns nach der Polizei-Direktion mit unseren Koffern. Die Rechnung hier im Hotel ist ja bereits bezahlt. Das Auto, das ich bestellt habe, werde ich telephonisch anderswohin beordern.“ –

      Der Koffer wurde verschlossen.

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