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Harald Harst Krimis: Über 70 Kriminalromane & Detektivgeschichten in einem Buch. Walther Kabel
Читать онлайн.Название Harald Harst Krimis: Über 70 Kriminalromane & Detektivgeschichten in einem Buch
Год выпуска 0
isbn 9788075831200
Автор произведения Walther Kabel
Жанр Языкознание
Издательство Bookwire
In meinem Zimmer überlegte ich mir alles nochmals ganz genau.
Und – da stieg denn in mir ganz allmählich der Argwohn auf, daß dieser Olaf Aarström, der erst vor drei Monaten hier zugezogen ist und doch bereits einen so schlechten Ruf genießt, vielleicht irgend ein Verbrecher wäre, der sich in dem stillen Trollhätta unter falschem Namen und mit Hilfe falscher Papiere vor der Polizei verbergen will und daß der – angebliche? – Franzose und Maler Dalcroix sehr gut sein Spießgeselle von früher her sein könnte.
Dieser Verdacht verstärkte sich schließlich derart, daß ich mich, nachdem ich Dalcroix noch bei seiner Rückkehr beobachtet hatte, an den Schreibtisch setzte und bei aufgehender Sonne diesen Brief begann. –
Ich habe das Schreiben soeben nochmals überflogen. Ich muß nachholen, daß die Witwe Svendsen das Blockhaus allein bewohnt und daß sie im Erdgeschoß nach hinten heraus schläft. Vor dem Hause stehen vier Walnußbäume und viele Fliedersträucher. Das nächste Haus liegt nach der Stadt zu über hundert Meter entfernt. –
Sollten Sie, sehr verehrter Herr Harst, die oben geschilderten Tatsachen ähnlich einschätzen, wie ich es tue, so könnte man der Menschheit vielleicht einen guten Dienst erweisen, wenn man sich mit den beiden fragwürdigen Persönlichkeiten näher beschäftigen würde.
Die hiesige Polizei zu benachrichtigen, ist zwecklos. Trollhätta ist keine Weltstadt, und unsere Polizeiorgane dürften kaum dazu genügen, zwei abgefeimte Verbrecher zu entlarven.
Da ich heute vormittag dienstlich in Malmö zu tun habe, werde ich den Brief dort aufgeben.
Falls Sie mir antworten, tun Sie es bitte hauptpostlagernd nach Malmö. Ich werde am 8. August dort auf der Post nach einem Briefe fragen.
Mit aller Hochachtung
Ihr ergebener Holger Sondbör.
2. Kapitel
Harald legte den Brief auf den Tisch und blickte mich fragend an.
„Nun, mein Alter?“ meinte er. „Ob es lohnt –?“
Das hieß: sollen wir nach Trollhätta fahren oder nicht? – Nun – mir erschien dieser „Fall“ denn doch zu wenig aussichtsvoll.
„Hm – die Geschichte hat so wenig Eigenartiges,“ erwiderte ich daher.
„Du vergißt eins, lieber Alter,“ sagte er leise. „Der Brief ist geöffnet worden. Das kann Dalcroix getan haben.“
„Ein etwas sehr in der Luft hängender Verdacht!“ meinte ich zweifelnd.
„Vielleicht doch nicht so ganz! – Bedenke folgendes: Der Franzose ist Nacht für Nacht aus dem Fenster geklettert. Tat er dies wirklich nur, um den Buckligen zu besuchen und um mit ihm Karten zu spielen?! Hätten die beiden nicht weit weniger auffällig ihrer angeblichen Spielleidenschaft am Tage irgendwo frönen können?!“
Ich nickte jetzt eifrig. Ich verstand Harald vollkommen.
„Du glaubst also, Dalcroix und Aarström haben nur zum Schein Karten gespielt?“ fragte ich hastig.
„Ja – ich vermute es. Und zwar deswegen, weil der Brief des Ingenieurs heimlich geöffnet worden ist. – Ich will Dir meinen Gedankengang kurz entwickeln. Dalcroix mag gemerkt haben, daß Sondbör ihm gefolgt war. Er suchte nun diesen nächtlichen Ausflügen das harmlose Mäntelchen einer verborgenen Spielleidenschaft umzuhängen, ging zu Aarström, einigte sich mit diesem (falls die beiden nicht wirklich alte Komplizen sind) und ließ sich durch das Fenster, das nicht einmal einen Vorhang hatte, von Sondbör beobachten. Der fehlende Vorhang stützt meine Theorie nicht schlecht, mein Alter. Zwei Spieler, die nur nachts dem Jeu zu huldigen wagen, werden doch nicht bei unverhängtem Fenster sich an den Spieltisch setzen!“
„Allerdings!“ rief ich. „Allerdings! Das ist verdächtig.“
„Auch für Dich gewinnt die Angelegenheit schon ein anderes Aussehen! – Nun weiter. Dalcroix kommt nach Hause, weiß, daß der Ingenieur, sein Zimmernachbar, ihm nachspioniert hat, kehrt den Spieß um und beobachtet jetzt Sondbör, sieht ihn den Brief schreiben, nach dessen Fertigstellung der Ingenieur sich doch wahrscheinlich noch zum Schlafe niedergelegt hat. Dalcroix dringt lautlos bei ihm ein, holt den Brief, öffnet ihn in seinem Zimmer, liest ihn, verschließt ihn wieder und bringt ihn zurück.“
Harald lächelte jetzt etwas und fügte hinzu:
„Diese meine Schilderung der Vorgänge dürfte nicht nur durch die Tatsache des heimlichen Öffnens des Briefes, sondern auch durch des Ingenieurs Bitte, ihm die Antwort hauptpostlagernd nach Malmö zu senden, sehr an Wahrscheinlichkeit gewinnen. Aus dieser Bitte geht nämlich meines Erachtens hervor, daß Sondbör den Franzosen nicht nur für einen Verbrecher hält, sondern auch seinen Stubennachbar insofern fürchtet, als er ihm zutraut, Briefe, die für ihn, den Ingenieur, eintreffen, zu überwachen. Wenn – so mag Sondbörs Gedankengang gewesen sein – wenn Dalcroix dann den Poststempel Odda auf einem Briefumschlag sehen würde, könnte er argwöhnen, der Ingenieur habe sich an den in Odda anwesenden „Oberschnüffler“ Harst gewandt, könnte den Brief verschwinden lassen und Sondbör auf diese Weise verhindern, mit uns in Verbindung zu treten. – Diese kleinen Beweise, daß meine Beurteilung der Vorgänge in Trollhätta vor und nach der Fertigstellung des Briefes richtig sein dürfte, ließen sich noch durch andere Kombinationen ergänzen –“
„Danke. Mir genügen sie,“ meinte ich. „Auch ich bin überzeugt, daß Dalcroix mit dem nächtlichen Kartenspiel nur Sondbörs Argwohn hat zerstreuen wollen und daß er durch den Brief jetzt weiß, ein gewisser Harald Harst dürfte sich vielleicht sehr bald mit seiner Person näher beschäftigen.“
„Was uns wieder zwingt, recht vorsichtig zu sein,“ ergänzte mein Freund mit ernster Miene. „So, jetzt miete uns bitte ein Auto nach Dahlen. Von dort werden wir per Dampfer nach Göteborg reisen. Das Auto soll um zehn Uhr bereitstehen. Ich selbst will zur Post und eine Depesche an Sondbör aufgeben – nach Trollhätta, des Inhalt, daß wir leider heute bereits nach London müssen und erst in zehn Tagen ihn besuchen können.“
Ich lächelte verständnisinnig.
„Die Depesche ist für die Augen des Monsieur Dalcroix bestimmt! Die „Londoner“ Reise führt uns über Göteborg nach dem Städtchen an den berühmten Wasserfällen –“ –
Anderthalb Stunden später fuhren wir durch die wundervolle Gebirgslandschaft Telemarkens nach dem Dorfe Dahlen.
Unterwegs geschah nichts. Am nächsten Mittag trafen wir in Skien am Skien-Fjord ein. Da wir keinen passenden Dampferanschluß nach Göteborg hatten, mietete Harald eine kleine Motorjacht, die einem Kaufmann Nörgaard gehörte. Sie hatte nur zwei Mann Besatzung. Es waren Norweger und seit Jahren im Dienst des Großkaufmanns.
Nachmittags vier Uhr machte die Jacht vom Bollwerk in Skien los und fuhr den Fjord hinunter.
Wir hatten es uns in der geräumigen Kajüte rasch bequem gemacht. Der Matrose Sörensen, zugleich Koch, brachte uns dann den Nachmittagskaffee auf das kleine Achterdeck, wo Platz für zwei Korbsessel und ein Tischchen war.
Sörensen stellte das Tablett auf das Tischchen und sagte in seinem Seemannsenglisch, denn das Deutsche beherrschte er nicht, und ich verstand nicht norwegisch:
„Das da drüben am Westufer ist die zweitälteste Kirche des Landes, die Kirche von Lunbar –“
Ich blickte hin und erkannte einen düsteren Granitbau, der auf einer Terrasse des steilen Fjordufers inmitten winziger Spielzeughäuschen sich erhob.
Dann Haralds leise Stimme, und sofort drehte ich den Kopf nach ihm hin:
„Sörensen, holen Sie mir mal meine Reisetasche