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Harald Harst Krimis: Über 70 Kriminalromane & Detektivgeschichten in einem Buch. Walther Kabel
Читать онлайн.Название Harald Harst Krimis: Über 70 Kriminalromane & Detektivgeschichten in einem Buch
Год выпуска 0
isbn 9788075831200
Автор произведения Walther Kabel
Жанр Языкознание
Издательство Bookwire
Harald stieg aus dem Fenster. Er hatte zwei Bergstöcke und ein langes Seil mit.
„Gib weiter auf ihn acht,“ meinte er zu mir. „Hier hast Du einen Bergstock. Ihr folgt mir in einigen Schritten Entfernung!“
Auf den Steinen und Blöcken, den spärlichen Gräsern und den dürftigen Sträuchern lag noch der Nachttau.
Harald ging tief gebückt nach links auf den Gletscher zu, dessen breite Eismasse hier einen Bergeinschnitt völlig ausfüllte. Auch ich bemühte mich, eine Fährte zu entdecken. Und – ich fand sie: es waren kleine Steine, von denen der Tau weggewischt war, als der Fuß eines Menschen sie berührt hatte. Diese verwischten feuchten Stellen lagen gerade in Schrittweite auseinander.
Dieser Fährte folgte Harst. Sie war deutlich genug, wenn man erst einmal darauf aufmerksam geworden war.
Granjelm ging ruhig neben mir. Er tat so, als wäre ihm alles dies höchst gleichgültig. Fürwahr: der Mensch hatte keine Nerven, hatte sehr wahrscheinlich vor kurzem jemand kaltblütig hingemordet und zeigte doch eine fast imponierende Gelassenheit.
Wir näherten uns so dem Gletscher, dessen steiler Rand mit Steinchen, kleinen Felsstücken und Steingrus bedeckt war.
Harald bückte sich noch tiefer. Ja, – wer doch seine Augen hätte! Wer doch wie er jetzt Schritt für Schritt auch auf dem harten Eise die Spur weiter verfolgen könnte!
Ich mußte Granjelm stützen. Oben war der Gletscher stellenweise völlig glatt – blankes Eis eben.
Wir umgingen ein paar schmale Gletscherspalten. Die Fährte lief nun schräg nach oben, wo die Gletschermasse immer seltener jene Verunreinigung durch Steingrus zeigte, die den Füßen Halt gab.
Nun blieb Harald neben einer sehr breiten Spalte stehen, deren glatte Eiswände im Lichte der Sonne strahlten und funkelten.
„Die Spur hört hier auf,“ sagte er. „Granjelm, wollen Sie zugeben, daß Sie Ruperti in der Steinhütte hinterlistig mit Zyankali vergiftet und die Leiche dann hierher getragen haben?“
Granjelm hatte sich auf einen großen Stein gesetzt, schaute vor sich hin und schwieg.
„Sie haben das eine Rotweinglas ausgespült und ausgetrocknet,“ fügte Harst hinzu. „Aber Sie vergaßen, daß das Handtuch den Bittermandelölgeruch selbst nach dem Ausspülen des Glases noch annahm – den typischen Geruch der Blausäure!“
Er beugte sich, als Granjelm weiter schwieg, über die Gletscherspalte.
Da der Gefesselte uns hier kaum entfliehen konnte, trat auch ich an die Spalte heran und schaute in das wunderbar farbenprächtige grünblaue Dunkel hinab.
„Ich werde an dem Seil hinabklimmen,“ meinte Harst. „Oder nein!“ verbesserte er sich. „Ich werde meine eingeschaltete Taschenlampe an dem Seil hinablassen –“ –
Seil und Lampe glitten langsam durch Harsts Hände.
Der Lichtkegel verwandelte das grünblaue Dunkel der Gletscherspalte in eine milchige Dämmerung.
Acht Meter Seil waren abgerollt.
Dann – dann hatten wir Ruperti gefunden. Die Leiche hing über einer Eiszacke, Kopf und Füße nach unten.
Und – nun auch Granjelms Stimme: „Schade, daß Sie den Selbstmörder entdeckt haben. Im Interesse der Familie Balnör wollte ich den Anschein erwecken, als hätte er freiwillig die 172 000 Kronen herausgegeben. In Wahrheit –“
Harst unterbrach ihn: „Mit diesen Märchen werden Sie wenig Glück haben. All diese Lügen fallen in sich selbst zusammen, da Sie es waren, der durch einen Sprengschuß die Steinlawine hervorrief! Wir hatten uns in eine Felsspalte gerettet, und ich erkenne Ihre Stimme wieder, die oben an der Spalte Ruperti erklärte, wir seien erledigt, er solle nur das Suchen lassen! Sie hoffen, ich hätte den Sprengschuß nicht gehört. Sie hoffen weiter, wir seien vor der Lawine so weit geflüchtet, daß wir Sie beide nicht gewahr wurden! Sie sehen: Sie sind überführt!“
Da erst verlor auch dieser kaltblütige Verbrecher die Fassung; da erst erbleichte er.
„Wo befindet sich Doktor Olavsen?“ fragte Harst rasch. „Granjelm – sagen Sie die Wahrheit!“
Der Rechtsanwalt lächelte verzerrt. „Suchen Sie ihn doch! Ich weiß nichts von ihm!“
„Vielleicht in Bergen in Ihrer Wohnung, Granjelm,“ meinte Harald. „Glauben Sie denn wirklich, daß ich ihn nicht finde?! Mann, weshalb noch diese Ausflüchte! Sie sind ein Mörder, aber gewiß kein Feigling! Sprechen Sie!“
„Ja – in meiner Wohnung. Ruperti war eifersüchtig auf Olavsen. Deshalb ließen wir ihn verschwinden. – Er hat sein Ehrenwort gegeben, meine Wohnung nicht zu verlassen, bis – bis Ruperti im Auslande in Sicherheit wäre. Er gab sein Wort, damit Frau Lottes Gatte nicht auf dem Schafott stürbe, damit er nicht vorzeitig gezwungen würde, Ruperti und mich zu verraten. Wir wollten getrennt fliehen, weil – weil wir Sie als Verfolger fürchteten –“
Harald schüttelte den Kopf. „Granjelm, ich denke, etwas anders liegt die Sache doch! Auch jetzt lügen Sie wieder! Sie beide haben Olavsen aus einem ganz anderen Grunde entführt. Ruperti hat den Versuch gemacht, seine Frau wieder zu umgarnen, hat gehofft, sie verleiten zu können, entweder mit ihm zu fliehen oder ihm doch wenigstens noch irgendwie Geld zu verschaffen. Er wollte sie wieder in seine Gewalt bekommen, weil er dann von dem reichen Reeder Geld hätte erpressen können, weil Frau Lotte eben eine reiche Erbin war. Bei diesen Plänen war ihm Olavsen im Wege, der sich um Frau Lotte bewarb. So wurde der Doktor von Ihnen beiden denn im Dorfe Söndar überwältigt und mit dem Albatros nach Bergen geschafft. Wären diese Pläne nicht geglückt, eben eine Aussöhnung zwischen den Ehegatten, dann konnten Sie beide immer noch von Olavsen für seine Freilassung ebenfalls Geld erpressen. – Fliehen wollten Sie! Das glaube ich. Aber vor der Flucht sollte noch ein neues Geschäft erledigt werden! Frau Ruperti wird bezeugen, daß sie zwei Briefe von ihrem Manne erhielt, und Olavsens Entführung ist anders nicht zu erklären, als ich dies soeben getan habe.“
Granjelm senkte den Kopf und murmelte in verbissener Wut: „Mag sein!“ Dann stand er plötzlich auf, war mit zwei Sätzen an der Eisspalte.
Ich griff zu spät zu. Er hatte sich in die grünblaue Finsternis hinabgestürzt.
Noch ein heiserer Schrei aus der Tiefe. – Und – drei Stunden später wurden zwei Leichen nach Odda geschafft. –
Mittags fuhren wir nach Bergen, wo wir in Granjelms Wohnung in einem Hinterzimmer Doktor Sigurd Olavsen gesund, wenn auch sehr blaß von der langen halb freiwilligen Haft, vorfanden. Er hatte wirklich in Frau Lottes Interesse sein Ehrenwort gegeben, nicht zu entfliehen. –
Nachher sagte Harald zu mir: „Wie sehr muß Olavsen wohl Lotte Balnör lieben, daß er es ihr ersparen wollte, die Gattin eines Mannes gewesen zu sein, der wegen Mordes hingerichtet wurde! Hoffen wir, daß Frau Lotte ihn einst recht glücklich macht!“
Das Rätsel der Trollhätta-Insel
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