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tun, was sie will. Allerdings wird es besser sein, ihr möglichst bald zu kündigen.«

      Wanda nickte.

      »Einer der Kerle wollte nämlich hier schon ins Haus herein. Er fragte nach Fräulein Gräfenhan. Dann jedoch kam Lisbeth eilig heran und sprach mit ihm. Dieser Vorfall hat mich ja erst auf die Idee gebracht, daß sie sich als die Tochter der gnädigen Frau ausgibt. Aber die Kerle sind Betrüger, eines Tages haben wir Diebe im Haus, soweit wird es kommen, Herr Oberregierungsrat.«

      »Na, na, Wanda, Sie sehen sicher zu schwarz. Ich werde mich der Sache annehmen, hatte sowieso die Absicht, ein paar Tage zu bleiben.«

      »Das ist sehr schön«, freute sich Wanda.

      Franz Kammermaier gab ihr nun deutlich zu verstehen, daß er das Gespräch zu beenden wünschte.

      Wanda stellte das Geschirr auf das Tablett zurück, endlich ging sie, und Kammermaier fand Zeit, sich um sein Gepäck zu kümmern. Der dunkle Anzug mußte noch aufgebügelt werden. Da konnte er sich ja gleich einmal diese Lisbeth kommen lassen, schien ein sauberes Früchtchen zu sein. Bei seinen früheren Besuchen hatte er sie kaum beachtet, außerdem wollte er sich ein wenig für den neuen Sekretär interessieren. Nach Wandas Schilderungen zu urteilen, mußte Antonius Kallweit eine ulkige Nummer sein.

      Es war schon gut, wenn er sich um alles ein wenig kümmerte. Magdalene besaß im Grunde recht wenig Menschenkenntnis. Sie schwebte über den Wolken und beschränkte sich auf Anordnungen. Ihr gegenüber waren alle unterwürfig und dienstbe­flissen, wie sie wirklich dachten, zeigten sie ihr nicht.

      Wäre eben doch besser, wenn Harald im Haus geblieben wäre, aber Magdalene hatte sich ihm gegenüber so hochmütig verhalten und ihm so deutlich zu verstehen gegeben, daß alles hier im Haus ihr und niemandem sonst gehörte, daß jeder andere Mann mit Charakter auch davongelaufen wäre. Zugegeben, Harald Gräfenhan hatte in den langen Jahren ihrer Ehe nur wenig Talent entwickelt, selbst zu Geld zu kommen. Er war der charmante, liebenswerte, aber eben sehr arme Kerl geblieben, der auf das Geld seiner Frau angewiesen war.

      Und das hatte Magdalene ihm eines Tages vorgeworfen, da war er gegangen. Jedenfalls war Kammermaier überzeugt, daß es so gewesen sein mußte, lange war er über den wirklichen Grund im Zweifel gewesen, heute jedoch meinte er, daß es sich gar nicht anders abgespielt haben konnte.

      Seufzend nahm er den Smoking aus dem Koffer und läutete nach Lisbeth.

      *

      Die Gräfenhansche Villa war in gleißendes Licht getaucht. Von der Terrasse und vom Garten her strahlten versteckt angebrachte Scheinwerfer gegen die klobige, nüchterne Fassade und ließen sie weit angenehmer und gefälliger erscheinen als bei Tageslicht. An der Auffahrt brannten bunte Lampen, ihr Widerschein mischte sich mit dem hellen Licht, das aus den hohen Fenstern kam. Es war ein festliches Bild, als die Wagen der Gäste nach und nach vorfuhren.

      Frau Magdalene Gräfenhan verstand es, Gesellschaften zu arrangieren, das machte ihr so schnell niemand nach. Und dann war sie auch nicht geizig. Es sah fast so aus, als betrachtete sie diese Ausgaben als Tribute, die sie ihrer eigenen Schönheit zu geben hatte. Man sprach von ihr, sie war angesehen und dadurch kam das ausgegebene Geld auch wieder herein. Sie war an verschiedenen größeren Unternehmungen beteiligt, ihre Geschäftspartner gehörten zu ihren glühendsten Verehrern.

      Über all diese Beweggründe war sie sich wohl selbst nicht ganz im klaren, bestimmt jedoch hätte sie es als eine Kränkung und unerhörte Beleidigung empfunden, wenn man offen zu ihr davon gesprochen hätte.

      Franz Kammermaier machte den Schlachtenbummler. Er hatte schnell herausgefunden, daß alles, was in der hiesigen Gegend Rang und Namen besaß, anwesend war. Viele Bekannte waren darunter, mit den meisten von ihnen hatte er bereits gesprochen. Es war ein glänzendes Fest, ohne Frage.

      Endlich gelang es ihm, auch ein paar Worte mit Magdalene zu wechseln. Bisher war sie ständig umlagert gewesen, und er mußte zugeben, ihre imposante Erscheinung strahlte heute abend soviel Jugendfrische aus, daß er es nicht unterlassen konnte, ihr ehrliche und begeisterte Komplimente zu machen.

      »Was ist denn in dich gefahren, Franz?« wunderte sich Magdalene, »so kenne ich dich gar nicht. Wir haben übrigens heute abend einen sehr berühmten Gast, ich möchte euch beide miteinander bekannt machen.«

      »Berühmt? Inwiefern? Maler, Schauspieler, Schriftsteller?«

      »Nein, viel solider. Vielleicht hast du in der Zeitung gelesen, daß es einem jungen Industriellen gelungen ist, gegen schärfste Konkurrenz großartige Abschlüsse mit Indien zu tätigen. Seine Geschäftsgegner wandten dabei einige Tricks an, darüber wurde viel geschrieben.«

      Sie hatten sich inzwischen der kleinen improvisierten Bar genähert. Mehrere Herren saßen dort, sie erhoben sich ehrerbietig.

      Magdalene Gräfenhan ging auf einen der Herren zu, dessen sympathisches braungebranntes Gesicht dem Oberregierungsrat vom ersten Moment an außerordentlich gut gefiel.

      Sie machte die Herren miteinander bekannt, blieb jedoch selbst soweit der Mittelpunkt, daß es Kammermaier beim besten Willen nicht möglich war, mit dem anderen, der ihm als Dr. Eberhard Sörensen vorgestellt war, ins Gespräch zu kommen. Aber er tröstete sich, der Abend war ja noch lang.

      Im Augenblick tanzte Dr. Sörensen mit der Dame des Hauses. Sie gaben beide ein prächtiges Bild ab. Kammermaier hatte den Eindruck, als wenn Magdalene sich ganz besondere Mühe gab, den illustren Gast in ihrer Nähe zu halten.

      Der Oberregierungsrat sah nachdenklich in sein Weinglas. Gewiß, seine schöne Verwandte war eine strahlende Erscheinung, ihre vierzig oder zweiundvierzig Jahre sah man ihr wirklich nicht an. Für eine Frau von heute war das ja auch gar kein Alter. Sie hatte sich auch immer gut zu pflegen gewußt. Und dieser Dr. Sörensen schien unverheiratet zu sein!

      Oberregierungsrat Kammermaier trank die nächsten Gläser recht hastig leer. Er war bereits viel zu abgeklärt, um von all den Dingen, die sich unter der glänzenden Oberfläche dieses Festes abspielten, nicht abgestoßen zu werden.

      Mochte Magdalene tun, was sie wollte, richtig jedoch war es nicht! Noch war sie jedenfalls verheiratet.

      Als Dr. Sörensen zur Bar zurückkam, hielt der Oberregierungsrat damit auch nicht zurück. Es war manchmal ganz gut, wenn man diese Dinge sofort beim Namen nannte, fand er.

      »Sie tanzen ausgezeichnet, Herr Doktor. Obwohl ich begeisterter Nichttänzer bin, muß ich sagen, daß Sie und unsere schöne Hausherrin das eleganteste Tanzpaar des Abends bilden.«

      Dr. Sörensen verneigte sich leicht. »Ich muß das Kompliment an die gnädige Frau weitergeben. Frau Gräfenhan ist eine der besten Tänzerinnen, die ich kenne. Sie werden sich vielleicht wundern, daß ich das schon nach dem ersten Tanz festgestellt habe.«

      »Durchaus nicht, mir als Laien ging es ja ebenso. Herr Gräfenhan sagte das übrigens auch immer.«

      »Der Hausherr ist auf Reisen?« fragte Dr. Sörensen interessiert.

      Kammermaier beobachtete seinen Gesprächspartner von der Seite her. Sörensen schien nicht weiter davon beeindruckt zu sein, daß die schöne Gastgeberin, die ihm so offen ihre Sympathie zeigte, verheiratet war. Vielleicht war ein Mann wie er es auch gewohnt, daß die Frauen ihm zugetan waren.

      »Ja, der Hausherr ist auf Reisen«, tat der Regierungsrat die Sache ab. Er hatte nicht die Absicht, von der Tragik dieser Ehe zu erzählen. Möglicherweise wäre dieser Doktor dann eher geneigt gewesen, einem Flirt nachzugehen.

      »Ich bin übrigens selbst sehr lange im Ausland gewesen«, nahm Sörensen das Gespräch wieder auf. »Im Augenblick bin ich sozusagen zur Erholung bei einem früheren Schulfreund. Er hat mich auf sein Gut Birkenhöhe eingeladen, Axel von Dörendorf, er ist Ihnen dem Namen nach sicherlich bekannt, nicht wahr, Herr Oberregierungsrat?«

      »Ja, gewiß, ihm gehören noch zwei weitere Güter, soviel mir bekannt ist.«

      »Ja, eine alteingesessene Familie. Auf Empfehlung des alten Herrn von Dörendorf, des Vaters meines Schulfreundes, bin ich übrigens heute hier zu Gast. Schade,

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