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gefunden. Der Vater des Bräutigams, Paul Haberland, unterhielt sich laut und lachend mit Tante Dora.

      »Sie haben uns da ein entzückendes Mädchen ins Dorf gebracht, Frau Conradi, sieht gar nicht wie ein Stadtkind aus. Ist das Ihre eigene Tochter, die Sie uns so lange verschwiegen haben?«

      »Aber Herr Haberland!« empörte sich Dora Conradi und wollte einen erschrockenen Blick zu Inge hinüberwerfen. Aber wo war das Kind überhaupt?

      Suchend blickte Dora Conradi sich um. Inge war zwischen all den Menschen nicht zu sehen. So ließ die Tante Paul Haberland stehen und ging auf den Hof hinaus. Drüben von der Tenne her kamen die Klänge einer Ziehharmonika. Das junge Volk hatte mit dem Tanzen nicht bis zum Abend warten wollen. Lustige Paare drehten sich im Kreis, ein Walzer war es, und Inge war ebenfalls unter den Tanzenden. Ein großer blonder Bursche hielt sie im Arm und schwenkte sie herum, daß sich ihr weiter Rock wie eine Krone aufbauschte.

      »Aber Inge«, rief die Tante entsetzt, »du kannst doch nicht einfach so davonlaufen!« Inge winkte ihr zu.

      »Es ist herrlich hier draußen, und ich habe so lange nicht getanzt.«

      Erschöpft setzte sich Tante Dora auf einen Strohballen.

      »Ist es nicht herrlich hier, Tantchen?«

      Inge hatte sich neben sie gesetzt und liebkosend den Arm um sie gelegt.

      »Schrecklich laut und fürchterlich staubig«, gestand die Tante ihrerseits. »Das ist doch nichts für dich, das kann dir doch einfach keinen Spaß machen.«

      »Und was für einen!« beteuerte Inge. »Zu Hause darf ich nur im Ballkleid und mit weißen Handschuhen tanzen gehen, hier gibt man sich froh und unbeschwert, und es spielt gar keine Rolle, woher man kommt und ob man ein kostbares Kleid an hat oder nicht.«

      »Wo hast du nur diese vulgären Ansichten her. Von deiner Mutter doch bestimmt nicht.«

      »Mach dir keine unnützen Gedanken, Tantchen, sei fröhlich wie all die anderen. Du brauchst auch um mich keine Angst zu haben, ich weiß schon, wie ich mich zu verhalten habe.«

      »Dann ist es gut, und ich will auch nichts mehr sagen. Im Grunde freue ich mich ja, daß du so ausgelassen bist.«

      »Es ist so schön bei dir, Tante Dora. Zu Hause habe ich noch nie soviel gelacht wie hier. Am liebsten möchte ich immer bei dir sein!«

      Dora Conradi erhob sich.

      »Das ist natürlich Unsinn, Kind. Du wirst einmal ein großes Vermögen erben, das erlegt dir Verpflichtungen auf. Nicht immer kannst du dich hier in der Einsamkeit vergraben.«

      »Aber es ist ja zu Hause viel einsamer«, bekannte Inge.

      »Du bist noch jung und unerfahren, werde erst einmal ein paar Jahre älter, dann siehst du alles mit anderen Augen an. Nun laß uns wieder zu den anderen hinübergehen.«

      Inge blickte sich um. Es war nur noch ein Teil des jungen Volkes anwesend. Als sie jetzt zum Wohnaus hinübersah, schien es ihr, als wenn auch dort nur wenige der Gäste zurückgeblieben waren.

      »Ist die Feier schon zu Ende?« fragte sie enttäuscht. »Ich denke, Bauernhochzeiten gehen über Tage hinaus?«

      »Das ist auch so«, bestätigte Dora Conradi, »aber wir leben auf dem Land. Die Tiere in den Ställen fragen nicht danach, ob jemand Hochzeit hat oder nicht. Das Viehzeug will versorgt werden. Warte eine Stunde, dann sind alle wieder da, und dann beginnt auch die Abendtafel. Laß dich durch die Appetitlichkeit der Speisen nicht verlocken, mehr als gewöhnlich zu essen, hier wird alles mit reinem Fett angerichtet, das bekommt nicht jedem.«

      »Wie besorgt du bist, Tantchen.«

      Es wurde dann ganz so, wie Dora Conradi vorausgesagt hatte. Allmählich stellten sich die Gäste wieder ein. Die Abendtafel wurde gedeckt, inzwischen hatte man noch weitere Räume des Bauernhauses für die Gäste hergerichtet.

      Bis tief in den Abend hinein wurde gegessen und getrunken. Immer neue Schüsseln und Platten kamen auf die Tische. Endlich hob der Brautvater die Tafel auf.

      Geschlossen zog man zum Dorfkrug hinüber, den man für diesen Abend gemietet hatte. Festlich war der Tanzsaal geschmückt worden.

      Inge war froh, den Rat der Tante befolgt zu haben. Mit überfülltem Magen wäre ihr das Tanzen sicher schlecht bekommen, und sie tanzte doch so gern. Wenn nur die Kapelle nicht gar so laut gewesen wäre! Aber das hatte wiederum den Vorteil, daß man gar nicht erst den Versuch zu machen brauchte, sich mit seinem Partner zu unterhalten.

      Nicht einen Tanz ließ Inge Gräfenhan aus.

      *

      Zur selben Zeit saß Dr. Eberhard Sörensen mit seinem Freund Axel von Dörendorf in dem Herrenhaus des Gutes Birkenhöhe.

      Sörensen war schon am Vormittag eingetroffen. Den ganzen Tag über hatten die Freunde alte Erinnerungen ausgetauscht und von den Erlebnissen der letzten Jahre berichtet. Nun war das Gespräch langsam erstorben. Rauchend saßen sie einander gegenüber. Eberhard Sörensens Gedanken waren bei Inge. Als er heute morgen durch den Ort kam, hatte er seinem Chauffeur Anweisung gegeben, im Schrittempo zu fahren. Tief in die Polster zurückgelehnt hatte er Haus für Haus betrachtet. Wohnte Inge hier, wohnte sie dort? Er hatte sie nicht gesehen, der Zufall war ihm nicht zu Hilfe gekommen. Inzwischen wußte er nun, daß Frau Conradis Haus am anderen Ende des Dorfes lag, entgegengesetzt der Richtung, die zum Gut Birkenhöhe führte.

      »Hast du übrigens den Trubel heute vormittag im Dorf gesehen?« unterbrach Axel das Schweigen.

      »Trubel? Kann mich nicht entsinnen.«

      »Nun, die Trauung war wohl auch erst später, die einzige Tochter von Bauer Mertens hat nämlich heute geheiratet.«

      »Ja, jetzt fällt mir ein, daß ich an einem der großen Bauernhöfe Girlanden und Blumenschmuck sah.«

      Sörensens Gedanken waren weitergeeilt. War es nicht möglich, daß auch Inge an dieser Hochzeitsfeier teilnahm? Es schien doch so, als wäre das ganze Dorf daran beteiligt.

      »Sagtest du nicht eben, daß diese Hochzeit ein großartiges Fest wäre? Ich habe noch nie eine richtige Bauernhochzeit gesehen. Wollen wir nicht hinfahren?«

      »Nun bist du kaum ein paar Stunden bei mir, und es wird dir schon wieder langweilig.«

      »Das habe ich damit nicht sagen wollen, Axel. Du kennst mich doch, ich war schon früher ein unruhiger Geist. Auf ein und demselben Stuhl halte ich es nie lange aus.«

      »Also gut, wenn du unbedingt willst.«

      Eine halbe Stunde später fuhren sie vor dem Dorfkrug vor. Laute Blasmusik scholl ihnen entgegen.

      »Scheint der reinste Jahrmarkt zu sein«, brummte Axel von Dörendorf und stieg aus.

      Als sie in die niedrige Schankstube traten, quoll ihnen dichter Tabaksqualm entgegen. Anscheinend hatten sich hier, abseits vom Lärm und Getriebe des rauschenden Festes, jene alten Männer zusammengefunden, die ihr Bier und ihren Schnaps in aller Ruhe zu trinken wünschten. Als sie Dörendorf erkannten, grüßten sie ihn ehrerbietig, irgendwie hatten sie alle mit dem Gut zu tun, und wenn es nur darum ging, sich in der Erntezeit ein Gespann oder eine Dreschmaschine zu leihen.

      »Diese Luft hier halte ich nicht lange aus«, stöhnte Dörendorf leise, »zu Hause hätten wir bequemer gesessen.«

      Unaufgefordert brachte ihnen der Wirt ein Glas Bier und einen Schnaps, das war so das Übliche, womit man hier anfing.

      »Nanu, müssen Sie nicht drüben im Saal sein, Vater Donath?« fragte Axel den Krugwirt.

      Der spreizte abwehrend die Hände.

      »Das macht mein Sohn, dazu bin ich nicht mehr beweglich genug. Wir haben außerdem ein paar Burschen als Hilfskellner eingestellt.«

      Damit entfernte Vater Donath sich wieder. Eberhard Sörensen stand nach einigen Minuten auf.

      »Ich möchte mir den Trubel einmal

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