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Erika Roman Staffel 1 – Liebesroman. Diane Meerfeldt
Читать онлайн.Название Erika Roman Staffel 1 – Liebesroman
Год выпуска 0
isbn 9783740931070
Автор произведения Diane Meerfeldt
Жанр Языкознание
Серия Erika Roman Staffel
Издательство Bookwire
Susanne atmete tief. Sie begriff plötzlich alles. »Onkel Leopold!« Das war keine Frage, sondern Gewißheit.
Stephan nickte. »Ja, er ist mein Vater. Großvater und Tante Natalie sind die einzigen, die es gewußt haben. Auch ich habe es erst nach Großvaters Tod erfahren. Er hat einen Brief für mich hinterlassen, in dem alles stand. Ich habe ihn bei mir. Wenn du willst, kannst du ihn später lesen.« Stephan schwieg.
Und Susanne sagte auch nichts mehr.
Sie dachte plötzlich daran, wie sie Stephan nach ihrer Hochzeit ins Gesicht hatte schreien wollen, daß sie ihn haßte und immer hassen würde.
Sie konnte es nicht. Sie – haßte ihn nicht mehr. Sie fühlte nur, daß er ihr jetzt furchtbar leid tat.
Am liebsten hätte sie seinen Kopf genommen und über das dichte dunkle Haar gestreichelt. So müde sah er aus, so im Innersten getroffen.
Sie dachte daran, daß sie ihn einen Eindringling genannt hatte, einen Erbschleicher. Und Tante Natalie hatte geschwiegen, genauso wie Stephan, obwohl er sich so leicht gegen alle Vorwürfe hätte verteidigen können!
Nur um Leopold Eggebrecht zu schonen, hatten sie geschwiegen. Und der hatte sich dann in seinem maßlosen Haß sein eigenes Grab gegraben.
Sie schämte sich, weil sie Stephan Amsinck gehaßt hatte, ohne ihn wirklich zu kennen, nur weil sie den Worten der Familie geglaubt hatte.
*
In dem kleinen Heideort, in dem sie ihre Flitterwochen verbringen wollten, hatte Stephan Zimmer für sie bestellt. Am Abend, als sie zu Abend gegessen hatten, brachte ihr Stephan den Brief. Dann sagte er: »Ist es dir recht, wenn ich noch einen Spaziergang mache?«
Sie sah in sein müdes, trauriges Gesicht. Wieder fühlte sie die Regung, darüber zu streichen, ihm zu sagen – ja, was wollte sie ihm sagen? Sie war ganz verwirrt von den neuen Empfindungen, die sie in sich entdeckte.
So sagte sie gar nichts, sie nickte nur.
Der Brief war sehr lang, mehr als zehn Seiten, eng beschrieben mit der sauberen Handschrift ihres Großvaters, an die sie sich deutlich erinnerte.
Mein lieber Stephan, begann der Brief, an dem Tag, an dem ich diese Zeilen nun schreibe, bist Du genau zehn Jahre in den Eggebrecht-Werken. Wir haben heute morgen dieses Jubiläum gefeiert. Und gleichzeitig habe ich Dir gesagt, daß Du nun neben mir Geschäftsführer sein solltest. Du hast Dich sehr gefreut. Aber gleichzeitig warst Du wohl auch sehr erschrocken. Und ich habe gemerkt, daß Du an meinen Sohn gedacht hast, dem dieses Recht wohl eher gebührte als Dir. Aber Du hast nichts gesagt. Denn Du weißt so gut wie ich, daß mein Sohn Leopold niemals in der Lage wäre, die Eggebrecht-Werke zu leiten. Es fällt mir nicht leicht, das zu schreiben, aber es ist die Wahrheit. Vielleicht hast Du auch gedacht, daß sein Sohn dann wenigstens an seine Stelle rücken solle. Aber er ist leider ebenso wenig geeignet wie sein Vater. Und außerdem – und dies ist der eigentliche Grund für diesen Brief – hast Du, Stephan, ebenso viele Rechte wie dieser Junge. Denn Du bist genau wie er mein Enkel!
Und nun folgte Anne Wendts Geschichte, wie Natalie sie ihren Geschwistern erzählt hatte. Und einige Briefe waren beigelegt, die Christoph Eggebrecht mit Anne Wendt gewechselt hatte.
Am Schluß des Briefes stand: Ich habe manchmal geschwankt, ob ich Dir das, was ich hier niedergeschrieben habe, nicht hätte sagen sollen. Aber dann habe ich es doch nicht getan. Denn ich fand, daß es für unser Verhältnis nicht so wichtig war. Wenn Du ein Fremder gewesen wärst, hätte ich Dich wahrscheinlich ebenso geliebt, wie ich Dich jetzt liebe, und das Verhältnis zwischen uns beiden wäre nicht anders gewesen. Deshalb habe ich nichts gesagt. Nach meinem Tod allerdings mußt Du es wissen. Denn die Familie wird sich gegen Dich stellen und Dich als einen Eindringling ansehen. Sie hassen Dich heute schon. Ich weiß, mein Junge, daß es manchmal schwer für Dich sein wird. Aber ich bitte Dich, halte aus. Du weißt, was mir die Werke bedeuten. Ihretwegen mußt Du auf Deinem Posten bleiben. Willst Du das?
Wenn es einmal allzu schwierig wird, dann geh zu Natalie. Sie weiß alles. Und sie ist anders als die anderen.
Und noch eine Bitte habe ich! Du wirst sie einem Toten nicht abschlagen können! Stephan, versuche, Deinen Vater nicht zu hassen. Er ist ein Schwächling, und er hat Deiner Mutter Furchtbares angetan. Vergiß es, mein Junge, und verzeihe ihm, genau wie Deine Mutter und ich ihm verziehen haben.
Dein Großvater Christoph Eggebrecht.
Susanne saß noch lange über Christoph Eggebrechts Brief. Draußen dunkelte es schon. Sie trat ans Fenster. In der Mitte des Dorfplatzes stand eine alte Linde, in deren Zweigen der Abendwind flüsterte. Von fern konnte sie einen Bauernwagen hören, der auf der gepflasterten Dorfstraße rumpelte. Es war so friedlich.
Susanne fühlte, wie etwas in ihr weich wurde und nachgab. Wie eine Erlösung überkam es sie. Sie wußte plötzlich, daß sie Stephan Amsinck nicht haßte. Und sie wußte noch mehr. Sie wußte, daß sie ihn liebte. Ja, sie liebte ihn. Ein unendlicher Jubel erfüllte sie. Wenn er doch nur kommen wollte!
Als er zurückkam, stand sie noch immer am Fenster. Auf dem Tisch brannte eine kleine Lampe.
Stephan schloß leise die Tür hinter sich. Das Bild, das sich ihm bot, nahm ihm den Atem: Susanne – seine Frau – in einem hellen, leichten Wollkleid, – ihr schönes Gesicht, das im Halbdunkel verschwamm.
Seine Frau war sie!
Sie trat auf ihn zu. Beide Hände streckte sie ihm entgegen. »Stephan!«
Stephan stand ganz ruhig. »Bitte!« sagte er mit spröder Stimme, die nichts von der Erwartung verriet, die ihn erfüllte.
»Ich möchte dich um Verzeihung bitten, Stephan«, sagte sie tapfer, »ich wußte nicht, daß es so war. Aber ich hätte nicht ohne weiteres urteilen dürfen. Das weiß ich jetzt. Kannst du mir vergeben?«
Stephan Amsinck lächelte. »Das brauche ich dir nicht zu vergeben«, sagte er, »das habe ich dir niemals übelgenommen. Aber…«, er zögerte. Susanne sah ihn fragend an.
Er lächelte ein wenig. »Ich warte auf etwas anderes, Susanne«, sagte er, »ich warte darauf, daß du mir sagst, daß – du mich liebst.«
Sie schwieg und schlug die Augen nieder. Er faßte sie bei den Armen. »Susanne«, fragte er drängend, »liebst du mich?«
Sie hob die tiefblauen Augen zu ihm auf. »Ja, Stephan«, antwortete sie und wußte, daß sie die reine Wahrheit sprach, »ja, Stephan, ich liebe dich!«
*
Es war fast zehn, als Susanne am nächsten Morgen erwachte.
Durch die zugezogenen Vorhänge fiel dämmeriges Licht in den Raum. Sie blieb noch einen Augenblick ruhig liegen. Dann fiel ihr alles ein.
Stephan!
Sie richtete sich auf und blickte zu ihm hinüber. Er schlief noch tief und fest. Sein Haar war vom Schlaf verwirrt. Er atmete langsam und ruhig – wie ein Kind.
Susanne fühlte eine tiefe Zärtlichkeit in sich hochsteigen. Sie liebte ihn! Und sie würde ihn ihr ganzes Leben lang lieben. Sie lächelte, als sie daran dachte, daß sie einmal zu Tante Natalie gesagt hatte, sie habe kein Herz. Jetzt wußte sie, daß sie eins hatte: ein Herz, das erfüllt war von einer ganz großen Liebe!
Sie schlug die Bettdecke zurück und stand ganz leise auf. Auf den Zehenspitzen schlich sie in das andere Zimmer hinüber. Wenn Stephan erwachte, wollte sie schon angezogen sein.
Aber ehe sie mit dem Ankleiden beginnen konnte, klopfte es an ihre Tür. Sie lief hin und öffnete sie einen Spalt breit.
Draußen stand das Mädchen, das gestern abend unten beim Essen bedient hatte. »Guten Morgen«, sagte es und entschuldigte sich wegen der Störung, aber es sei ein Telegramm gekommen für Herrn Amsinck, und ob die gnädige Frau