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die beiden anderen Damen auch«, erklärte Sophia. »Sie sind alle drei nicht dazu verpflichtet, sich so fürsorglich um mich und meine Angela zu kümmern.«

      Roberta verabschiedete sich rasch.

      Es war an der Zeit für sie zu gehen. Sie ging zufrieden, denn dass das Präparat aus Amerika wirkte, das war vielversprechend.

      Um Sophia von Bergen und um die nette Angela Halbach musste sie sich keine Sorgen machen, das waren starke Frauen, von ebenfalls starken Frauen umgeben.

      *

      Eigentlich hätte Roberta jetzt nach Hause gehen können, sie hatte noch nichts gegessen, Alma hatte ihr liebevoll etwas vorbereitet, denn sie selbst war auf einer Geburtstagsfeier.

      Roberta war ja so froh, dass Alma wieder aufblühte, dass sie das Intermezzo, anders konnte man es nicht bezeichnen, mit diesem Mann zu vergessen begann, diesem Wolf im Schafspelz.

      Es war ein schöner Abend, die Luft war mild, kein Lüftchen regte sich.

      Roberta registrierte es zunächst nicht einmal richtig, dass sie den Weg zum See einschlug. Als ihr das schließlich bewusst wurde, wurde sie ganz aufgeregt.

      Klar, sie wussten beide, dass in manchen Augenblicken die Arbeit wichtiger war als das Privatleben, und sei man noch so verliebt, noch so sehnsuchtsvoll.

      Manchmal setzte man sich einfach darüber hinweg, und genau das tat Roberta jetzt ganz impulsiv. Sie würde nicht lange bleiben, sie wollte Lars einfach nur mal sehen, ein paar Worte mit ihm reden, ihn küssen, seine Nähe und seine Wärme spüren. Und dann würde sie wieder gehen. Dieser Gedanke beflügelte sie richtig, und sie begann schneller zu laufen. An der frischen Luft zu sein, sich zu bewegen, das tat so richtig gut. Sie sollte, wenn sie frei hatte, sich wirklich zwingen, nach draußen zu gehen, statt sich aufs Sofa fallen zu lassen und es sich dort gemütlich zu machen. Das war ihr schon klar. Doch wie sagte man so schön? Meist war der Geist willig, doch das Fleisch war schwach.

      Roberta erreichte das kleine Haus, das für sie von so großer Bedeutung war, in dem sie wundervolle Stunden erlebt hatte, zuerst mit Kay und jetzt mit Lars. Es war schon merkwürdig, dass ausgerechnet dieses Haus am See von beiden ausgesucht worden war. Doch wenn man es so recht bedachte, dann waren beide Männer ausgeprägte Individualisten, und dann war dieses Haus auch der richtige Rahmen. Doch die Männer selbst unterschieden sich grundlegend voneinander. Darüber machte sie sich jetzt keine Gedanken, es war überflüssig, das mit Kay war Vergangenheit, an ihn dachte sie voller Wärme, weil er ihr über ihre gescheiterte Ehe hinweggeholfen hatte. Bei ihm hatte sie die Leichtigkeit des Seins kennengelernt, aber Lars …

      Von Lars hatte sie kennengelernt, was man wirklich unter Liebe verstand, von einer gleichberechtigten Partnerschaft auf Augenhöhe.

      Roberta besaß zwar einen Hausschlüssel, doch den hatte sie jetzt natürlich nicht dabei. Ungeduldig betätigte sie den Türklopfer aus Schmiedeeisen. Oder hätte sie das nicht tun sollen? Wenn Lars nun gerade intensiv arbeitete, dann wäre es besser, ihn dabei nicht zu unterbrechen. Roberta wusste aus eigener Erfahrung, wie ärgerlich solche Unterbrechungen waren.

      Zu spät!

      Solche Überlegungen hätte sie früher anstellen sollen. Die Tür wurde schwungvoll geöffnet.

      Lars sah wieder mal umwerfend aus in seiner Jeans und dem blauen Pullover, der das Blau seiner Augen, in die sie sich zuerst verliebt hatte, noch mehr betonte.

      Überrascht blickte er Roberta an, dann huschte ein breites Lachen der Freude über sein Gesicht.

      »Na, wenn das keine Überraschung ist«, er zog sie ins Haus, »du wirst es nicht glauben, den Gedanken, dich sehen zu wollen, hatte ich vorhin auch. Ich unterdrückte ihn aber, als mir bewusst wurde, dass mein Essen jeden Moment fertig sein muss. Ich hoffe, du hast noch nicht gegessen, und du hast Lust auf ein Ratatouille.«

      Roberta bewunderte Lars dafür, wie gut er für sich sorgte. Und wie gut er kochen konnte! Das hatte er bereits mehrfach unter Beweis gestellt.

      Sie folgte ihm ins Haus, sagte, dass sie noch nicht gegessen habe und dass sie Ratatouille liebte, dass sie sich schon allein wegen der ganzen Gemüseschnippelei niemals daran wagen würde.

      »Bei der Schnippelei kommen einem die besten Gedanken«, lachte er, umarmte sie zärtlich, blickte ihr tief in die Augen.

      »Es ist schön, dass du da bist, dass du mal für einen Moment deinen Verstand ausgeschaltet hast und deinem Gefühl gefolgt bist.«

      Das war sie wirklich, wie oft hatte Nicki ihr früher geraten, einfach mal ihrem Gefühl zu folgen, doch da hatte sie sich immer im Weg gestanden, auch bei Kay. Jetzt bei Lars, da war alles so anders, so einfach.

      Sie lehnte sich an ihn, genoss seine Nähe, und als er sich zu ihr herunterbeugte, um sie zu küssen, schloss Roberta ihre Augen.

      Ach, Liebe konnte ja so schön sein!

      Sie bereute nicht einen Augenblick, hergekommen zu sein, und ihm machte die Unterbrechung offensichtlich auch überhaupt nichts aus. Dabei sah es hier wirklich nach Arbeit aus, nach viel Arbeit.

      Das Essen war fertig, es war köstlich, dazu tranken sie einen guten Rotwein, und sie unterhielten sich. Es war ja so schön, dass sie sich immer etwas zu sagen hatten.

      Eines allerdings klammerte Roberta für den Moment aus, sie erzählte ihm nicht, was sie heute von der Kriminalpolizei erfahren hatte. Das konnte warten bis morgen.

      Auf jeden Fall blieb Gerda Schulz unauffindbar, trotz einer sofort eingesetzten Großfahndung. Sie war mit keinem Flugzeug unterwegs, mit keinem Leihwagen, obwohl man ihr Auto auf dem Parkplatz eines Flughafens gefunden hatte.

      Nein, Gerda Schulz war jetzt wirklich nicht das Thema.

      Er schenkte ihr Rotwein nach, nachdem er sich vorher erkundigt hatte, ob sie heute Bereitschaft habe. Hatte sie nicht, das erfreute ihn.

      »Na prima, dann können wir trinken, und dann kannst du doch auch über Nacht bei mir bleiben, oder?«

      Nichts lieber als das.

      »Und deine Arbeit?«, wollte sie wissen.

      Er grinste.

      »Ach ja, meine Arbeit, mittlerweile habe ich das Gefühl, mich selbst zu sabotieren, um die Abreise in die Arktis hinausschieben zu können. Ich hätte längst fertig sein können, und ehe du jetzt Schuldgefühle bekommst, weil du gekommen bist: Da kann ich dich direkt beruhigen, es ist nicht deine Schuld. Oder vielleicht doch. Seit du in meinem Leben bist, hat sich alles verändert. Weißt du, du hast es mir verdorben.«

      Sie schaute ihn an.

      »Die Lust am Alleinsein, du hast Ruhe in mein Leben gebracht, du erweckst Sehnsüchte in mir, die ich vorher niemals für möglich gehalten hätte. Roberta, ich liebe dich, ich liebe dich, wie ich noch nie zuvor eine Frau in meinem Leben geliebt habe. Es ist so schön, dass es dich gibt.«

      Am liebsten hätte Roberta jetzt angefangen zu weinen, weil es so schön war.

      »Ich liebe dich auch, und auch ich habe noch nie zuvor so geliebt«, kam es leise über ihre Lippen, was ihn veranlasste, langsam aufzustehen, um den Tisch herumzukommen, sie von ihrem Stuhl hochzuziehen, sie in die Arme zu nehmen und sie dann zu küssen, zuerst ganz zärtlich, und dann immer leidenschaftlicher.

      Liebe fühlte sich ja so gut an, und man musste dabei überhaupt nicht denken. Welch ein Glück, dass sie spontan zu ihm gekommen war, um welch ­wundervolle Stunden hätte sie sich doch gebracht.

      *

      Manuel Münster stand zögernd vor dem imposanten Verwaltungsgebäude, in dem sich das Büro seines Vaters befand.

      Er hatte ein Déjà-vu-Erlebnis.

      Er hatte schon einmal so zögernd und nachdenklich hier gestanden, und auch damals war es um seinen Vater und seine Stiefmutter Sandra gegangen.

      Damals war er erfolgreich gewesen, die beiden hatten sich versöhnt, und sein Vater und Sandra waren

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