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Walther Kabel-Krimis: Ãœber 100 Kriminalromane & Detektivgeschichten in einem Band. Walther Kabel
Читать онлайн.Название Walther Kabel-Krimis: Ãœber 100 Kriminalromane & Detektivgeschichten in einem Band
Год выпуска 0
isbn 9788075831101
Автор произведения Walther Kabel
Жанр Языкознание
Издательство Bookwire
Dieser benachbarte Raum enthielt eine vollständige malaiische Bambushütte. Lossen fand diese Verwandlung der Zimmer in primitive Unterkunftsräume von halben Naturvölkern reichlich gesucht-originell.
Als er sich in der Hütte noch näher umschaute, vernahm er von links plötzlich gedämpfte Stimmen. An dieser Seite der Bambusbehausung war eine zweite niedrige Tür angebracht, die nur angelehnt war. Dahinter lag der eigentliche zweite Ausgang des Zimmers.
Der junge Maler scheute sich nicht, jetzt abermals den Versuch zu machen, auch hier den Lauscher zu spielen. Er hatte hiermit schon einmal heute abend Glück gehabt, und eine innere Stimme sagte ihm, daß in diesem seltsamen Klubhause sich nebenbei auch vielleicht noch mehr für ihn Günstiges erfahren ließe.
Er brachte das Ohr ganz dicht an die Zimmertür. In demselben Augenblick hörte er ein heiseres, höhnisches Auflachen. Das konnte wieder nur der Kommerzienrat gewesen sein, ohne Zweifel! Und zwar der Kommerzienrat, wie er ihn zuerst durch die Unterhaltung mit dem Manne mit der hellen Stimme kennengelernt hatte, eben als Mann von kaltem Herzen und kaltem beißenden Spott und Hohn.
Lossen bückte sich, bis er durch das Schlüsselloch sehen konnte. Zum Glück steckte der Schlüssel so, daß der Bart das Loch nicht vollständig verdeckte.
Da – drinnen ein heiserer Schrei. Dann das Poltern irgend eines umfallenden Möbelstückes.
Der junge Maler, durch das Unglück und die Enttäuschungen der letzten Jahre schwer an seiner Gesundheit geschädigt, begann am ganzen Körper zu zittern. Er ahnte, daß da drinnen etwas Schreckliches vorging. Aber in seiner Aufregung brauchte er eine geraume Weile dazu, um die richtige Augenstellung vor dem Schlüsselloch einzunehmen, damit er in das Zimmer hineinlugen konnte.
Dieses war hell erleuchtet. Viel konnte Lossen jedoch durch die kleine Öffnung nicht sehen. Wieder dauerte es wohl eine Minute, ehe es ihm gelang, die wenigen Einzelheiten zu unterscheiden, die er jetzt beobachten konnte. Er vermochte gerade die Mitte des Zimmers und zwar in etwa ein Meter Breite und Höhe zu überblicken. Das Gemach war offenbar modern eingerichtet. Lossen sah einen Eichenstuhl mit hoher Lehne, dahinter einen langen Tisch, der parallel zur Tür stand. Der Tisch hatte eine rote, tief herabhängende Decke.
Und dann kam das Merkwürdige, Unerklärliche …
Hinter dem Tisch tanzte ein Mensch, ein Mann offenbar auf einem nicht sichtbaren Schemel mit krampfhaften Bewegungen hin und her. Der junge Maler sah von diesem Manne nur etwa zwei Drittel des Körpers. Die Füße, Hals und Kopf lagen außerhalb des Sehfeldes des Schlüsselloches.
Der seltsame Tänzer steckte in einem Frackanzug, zuweilen stand er still. Dann begann das recht komisch wirkende Anziehen und Ausstrecken der Beine von neuem, wobei der Mann auch stets beide Arme hoch emporhob …
Lossen wunderte sich nicht weiter über dieses Bild. Daß es im Klub der Fünfzig oft recht lustig herging, war kaum anzuzweifeln. Nur eines setzte ihn in Erstaunen und Schrecken: die unheimliche Ruhe in dem Zimmer und die Tatsache, daß außer dem auf dem Schemel hin und her hopsenden befrackten Herrn sonst niemand zu bemerken war.
Der junge Maler hatte die Wachszündholzschachtel mit dem darauf befestigten brennenden Lichtchen neben sich auf den Fußboden gestellt. Da hörte er ein Geräusch hinter sich, richtete sich schnell auf und drehte sich um.
Vor ihm stand Eginhard von Blendel und ein anderer, noch sehr jung aussehender Herr.
Der Baron lachte.
„Alter Patroklus, was gibt’s denn da drinnen im Vorstandszimmer zu erspähen? Mit dem Lichtlein neben Dir wirkst Du wie ein …“ Er stockte, hatte „wie ein Einbrecher“ sagen wollen, dachte aber noch zur rechten Zeit an Lossens unglückliche Strafsache und fuhr daher fort, „… wie ein Detektiv auf der Lauer.“
Dann mit einer Handbewegung auf seinen Begleiter.
„Im übrigen: hier Herr Doktor Cesar Bellinger – mein Freund Werner Lossen.“
Bellingers Benehmen war nicht gerade sehr höflich. Er nickte dem Maler nur kurz zu, drängte ihn mit einem „Einen Augenblick!“ bei Seite und beugte sich zu dem Schlüsselloch hinab. Dabei sagte er leise:
„Ich möchte doch auch mal sehen, was Sie gesehen haben, Herr Lossen. Es muß doch recht interessant gewesen sein. Sie standen ja wie eine Statue, wie ein Diskuswerfer, der seiner eben geschleuderten Scheibe begierig nachschaut und …“
Mit einemmal richtete er sich wie ein Blitz auf, packte den Türdrücker und versuchte die Tür aufzureißen. Aber sie war offenbar von innen verschlossen.
Dann warf er sich mit voller Kraft gegen die Mitte der Flügeltür, die sofort mit einem Krach aufflog, stürmte ins Zimmer, sprang auf den großen Tisch und griff in die Tasche seiner Beinkleider.
Blendel und Lossen hatten zunächst wie Bildsäulen dagestanden. Bellinger schien wirklich plötzlich übergeschnappt zu sein. Sie begriffen ihn nicht.
Als aber die Flügel der Tür aufflogen, als sie nun beide unwillkürlich in den erleuchteten Raum hineinblickten, entfuhr ihnen fast gleichzeitig ein Ausruf des Entsetzens …
An der dreiarmigen, elektrischen Krone hing in einer kurzen Schlinge ein Mensch …
Es war der Tänzer im Frack … Und das, was Lossen für hopsende Sprünge eines fidelen Zechers gehalten hatte, waren die Todeszuckungen eines Erhängten gewesen.
Bellingers Stimme weckte Lossen und den Baron aus ihrer Betäubung.
„Vorwärts, fangt den Körper auf – ich schneide den Strick durch …!“
Der Baron eilte um den Tisch herum. Bei seiner Größe und Körperkraft war es ihm ein leichtes, den schmächtigen Erhängten hochzuheben und dann auf das Ledersofa zu legen.
Bellinger tat das Übrige, lockerte die den Hals zusammenpressende Schlinge, fühlte nach dem Puls, begann die Gegend der Halsschlagadern zu massieren und leitete dann künstliche Beatmung ein. All das geschah mit einer Selbstverständlichkeit, Überlegung und doch auch einer Schnelligkeit, die Lossen mehr noch als das jugendliche Aussehen des Doktors Bellinger in Erstaunen setzten.
Während Bellinger die Arme des Befrackten vorschriftsmäßig hob, senkte und gegen den Brustkorb drückte, forderte er Lossen in ziemlich schroffem, befehlendem Tone auf zu berichten, was er in dem Zimmer vorhin beobachtet habe.
Lossen erzählte. Aber Bellinger fuhr bald dazwischen:
„Eingehender – eingehender!! Das nützt mir nichts. Jede Kleinigkeit will ich wissen, und wenn Sie auch nur vielleicht geniest haben …“
Blendel hatte sich in einem Klubsessel neben das Sofa gesetzt. Als Lossen nun wirklich alles haarklein berichtet hatte, was hier von Wichtigkeit sein konnte, sagte der Baron, indem er auf das blaurote Gesicht des Erhängten deutete:
„Es ist der Chemiker Dr. Maletta, Patroklus, ebenfalls ein Mitglied des Klubs. Du hast wohl schon seinen Namen mal in den Zeitungen gelesen. Er besitzt ein chemisches Laboratorium und beglückt die leidende Menschheit alle zwei Jahre mit einem neuen Wundermittel. Augenblicklich vertreibt er mit Hilfe einer Riesenreklame die „Helena-Paste“ die einen Teint wie Milch und Blut geben soll.“
Der Baron wollte noch mehr hinzufügen. Aber Bellinger sagte sehr laut in seiner etwas rücksichtslosen Art:
„Mir unbegreiflich, Herr Lossen, wie Sie annehmen konnten, der Mann hier tanze auf einem Schemel hin und her …!! Zum Glück bin ich noch zur rechten Zeit gekommen. Maletta lebt.“
In der Tat bewegten sich des Chemikers Augen, und der herabhängende Unterkiefer hob sich ein wenig. Dann verschwand die herausgestreckte Zunge zwischen den dünnen Lippen, und die Atmung setzte nach einem langen Seufzer ein.
Bellinger hörte nun mit den Wiederbelebungsversuchen auf und eilte im Zimmer hin und her,