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Walther Kabel-Krimis: Ãœber 100 Kriminalromane & Detektivgeschichten in einem Band. Walther Kabel
Читать онлайн.Название Walther Kabel-Krimis: Ãœber 100 Kriminalromane & Detektivgeschichten in einem Band
Год выпуска 0
isbn 9788075831101
Автор произведения Walther Kabel
Жанр Языкознание
Издательство Bookwire
Sie dagegen war beim Anschlagen der Türglocke erschrocken herumgefahren und hatte offensichtlich alle Mühe, nicht zu zeigen, wie ängstlich sie war und wie gedemütigt sie sich hier fühlte. –
„Schade!“ meinte der alte Mann freundlich und drückte das Etui wieder zu, so daß es einen harten Knacks gab, bei dem Pinkus etwas den Kopf hob – „Schade, – aber ohne Legitimation …?!“ Er hob die Schultern in aufrichtigem Bedauern, kam an die Tombank zurück und fuhr fort: „Haben Sie denn gar nichts bei sich, meine Dame, wodurch Sie sich legitimieren könnten?“
Die blonde Madonna öffnete ihr schon etwas beschabtes ledernes Handtäschchen und reichte ihm wortlos ein zusammengefaltetes Papier. Ihr schien inzwischen eingefallen zu sein, daß sich dieses vielleicht als Ausweis benutzen ließe.
Katzenstein las und nickte befriedigt.
„Ich rechne auf Ihre Diskretion!“ sagte die Madonna leise.
„Gewiß – dürfen Sie bestimmt. – – Tausendfünfhundert Mark will ich geben … Zufrieden, meine Dame?“
Ein leises Ja! – Aber es klang enttäuscht und zögernd.
„Hatten Sie auf mehr gehofft?“ Katzenstein bewies, daß er aus dem Tonfall dieses einfachen ‚Ja‘ richtige Schlüsse gezogen hatte.
„Auf zweitausend,“ lautete die geflüsterte Antwort.
„Nu – gut, – zweitausend!“
Wenige Minuten später war die Madonna wieder auf der Straße, um zweitausend Mark und einen Pfandschein reicher, reicher auch um die Kenntnis, wie es in einem Leihhaus zugeht.
Der Herr mit dem Monokel aber war, nachdem die junge Dame kaum den Raum verlassen hatte, ihr gefolgt. Seine goldene Uhr mit Kette hatte er Katzenstein vorher übergeben und gesagt:
„Können Sie hundert Mark dafür geben? – Schätzen Sie die Sachen ab. Ich komme wieder!“ –
Der alte Mann ging zu Frau Rebekka hin, trat Pinkus in der Aufregung auf die Rute, so daß der Hund heulend hochschnellte, und meinte zu der wohlgenährten Lebensgefährtin:
„Gott steh mir bei, Rebekka, – was habe ich gekriegt for e Schreck! Schau dir an das Kollier – – ganz genau!“
Die weißhaarige Frau begann plötzlich zu zitternd. Und über ihre Lippen kam’s mühsam wie in maßlosem Staunen und doch auch wieder wie in heller Freude:
„Das – das indische Halsband!! – Isidor – Isidor – was hat das zu bedeuten …?! – Mir – mir ist ganz wirr im Kopf …!!“
2. Kapitel
Ahnungslos kam Viktor Ruhnau um halb ein Uhr mittags nach Hause. –
Er sagte, als er mir diesen Teil der Geschichte erzählte:
„Sieh mal, meine schön angezogene Seele, lieber Trommler, war noch so ganz erfüllt von dem weichen, entzückenden Liebreiz der Verschleierten, daß ich der Bande ganz wie im Dusel in die Krallen fiel …“ –
Gut gelaunt, betrat er sein Zimmer, legte Hut und Stock weg und steckte sich gerade eine Zigarette an, als die alte Dörte erschien.
„Der junge Herr möchte mal in den Salon kommen.“
Viktor nickte nur. Er dachte an die Madonna … Hätte er schärfer achtgegeben, wurde ihm kaum entgangen sein, daß Dörte, die ganz auf Seiten des Herrn Manfred Schimpel stand, höhnisch grinste und denselben Hohn auch in die Aufforderung legte, die ja völlig die Frage offen ließ, wer eigentlich Viktor zu sprechen wünsche. –
Im Salon der geräumigen, vornehm und solide ausgestatteten Wohnung des Herrn Konsuls Schimpel – den schönen Titel und einen Orden verdankte er einer mittelamerikanischen Republik und dem Umstande, daß er dem Vermittler tausend Mark mehr geboten hatte als sein Konkurrent, Herr Konrad – saßen um den großen Tisch in stilvollen Seitensesseln die Vertreter der Familie Ruhnau–Schimpel. –
Erstens: Die Hauptperson: der Herr Konsul, mittelgroß, kräftig, leicht ergrautes Haar, hochgestrichener, gefärbter Schnurrbart, goldener Kneifer, dahinter ein Paar kühle, graue Augen – sehr sorgfältig angezogen – im ganzen eine Erscheinung, die imponierte. –
Zweitens: Frau Anna Schimpel, verwitwete Ruhnau – korpulent, Doppelkinn, stark gepudert und parfümiert; Gesicht ganz unbedeutend. –
Drittens: Herr Gymnasialprofessor Dr. Pinkemüller, Bruder der Frau Schimpel, solide, ehrbar, verknöchert und verbittert durch den Daseinskampf bei fünftausend und achthundert Mark Gehalt und sieben Kindern. –
Viertens: Fräulein Adele Ruhnau, altes, hageres Fräulein mit freundlichem, aber stets etwas verängstigtem Gesicht und dem Naturparfüm der Katzenliebhaberin, deren Pussis und Mietzen nicht stubenrein sind. –
Das war der Gerichtshof, vor dem Viktor sich heute urplötzlich zu verantworten hatte.
Als der schlanke, so selbstsicher auftretende Student die feierlichen Gesichter sah, wußte er sofort Bescheid. – Das würde wieder einen netten Tanz geben …!! Wer weiß, was der hohe Familienrat wieder von ihm wollte …!!
„Setz’ dich!“ begann der Konsul sehr ernst, aber mit einem Unterton, als habe er tiefes Mitleid mit dieser verirrten Seele.
Viktor hatte sich leicht verbeugt.
„Ich kann auch stehen,“ meinte er, indem er sich gegen den Flügel lehnte, sein Monokel vornahm und es zu putzen begann.
Der Konsul seufzte leise. Dann hub er an, erst mit halber Stimme, die aber in scheinbar wachsender Erregung mehr und mehr sich verstärkte: „Du bist jetzt wieder einmal vier Wochen während der Osterferien in deinem Elternhause gewesen, so daß wir Gelegenheit gehabt haben, dich und deine Daseinsführung unparteiisch und persönlich betrachten zu können. Zu unser aller größtem Kummer mußten wir feststellen, wie wenig all unsere eindringlichen Ermahnungen früherer Zeiten genützt haben. Nach wie vor vergeudest du das Geld mit vollen Händen, treibst dich die Nächte umher, betrinkst dich …“
Konsul Schimpel mußte hier innehalten. Hell und scharf war Viktors Stimme dazwischen gefahren …:
„Betrinken? – Bitte – Beweise?!“
„Ja – du betrinkst dich – sinnlos sogar! Du bist vorgestern morgen sieben Uhr heimgekehrt in einem völlig durchnäßten, mit Schlamm beschmutzen Anzug, ohne Hut …“
„Aha – Dörte hat wohl die Angeberin gespielt?!“
„Allerdings – aus ehrlicher Entrüstung heraus! Du hast ihr gegenüber zugegeben, ins Wasser gefallen zu sein als …“
„Danke – kenne ich!“ schnitt Viktor den Satz mit ironischem Lächeln entzwei.
„Unerhört!“ stieß Professor Pinkemüller hervor.
Der Konsul machte eine Handbewegung, als wollte er sagen: ‚Sieh ihm das nach, dem armen Gestrauchelten!‘ Dann nahm er die Aufzählung der moralischen Gebrechen seines Stiefsohnes wieder auf:
„In diesen vier Wochen bist du fünfmal betrunken nach Hause gekommen …“
„Bitte – viermal, und nur stark angeheitert …“ verbesserte Viktor seelenruhig.
Der Professor klopfte, flatternd vor Empörung, mit dem Knöchel des gekrümmten Zeigefingers auf den Tisch …
„Wüstling!!“ fauchte er dazu.
Viktor sah ihn an und zuckte nur die Achseln.
„Fünfmal – fünfmal!“ donnerte der Konsul los.
„Streiten wir uns nicht um einmal mehr oder weniger,“ meinte Viktor indem er sich seine Fingernägel besah.