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nur ein einziges Mal zu mir oder begehrten beim zweiten Mal durch Klopfen Einlaß. –

      Es war Tory.

      „Wo in aller Welt kommst du her? Wo warst du? Wie hast du dich denn aus der Wohnung entfernt?“

      Er lachte. „Trommler, du fragst viel und fragst überflüssiges!“ ‚Trommler‘ nannte Tory mich nur, wenn wir unter uns waren. Er leitete diese vertrauliche Bezeichnung von einem Ausdruck ab, dessen andere Hälfte in dem Worte ‚Steißbein‘ vorkommt. Ich hatte ja mal Jugendbildner werden wollen!

      Dann erklärte er, er habe einen Mordshunger. Und erst als er sich über meine Zervelatwurst, meinen Käse und andere Delikatessen meiner Junggesellenspeisekammer hermachte, sagte er zwischen den einzelnen Bissen:

      „Ich habe mich zur Flurtür hinausgeschlichen, um dich nicht zu stören. Ich war in Neufahrwasser, wo ich meinen alten Feldwebel besuchte. Du weißt, ich habe in Berlin bei den Alexandern ein Jahr abgedient und könnte schon ‚Leutnant d. R.‘ sein, wenn ich eine ‚Lebensstellung‘ hätte, zum Beispiel Referendar wäre! Die beziehen bekanntlich in Preußen ein Gehalt von achttausend Mark jährlich, wovon man allerdings die acht streichen muß. So kommt die ‚Lebensstellung‘ heraus!“

      Er war offenbar guter Laune, wenn auch nachdenklich gestimmt. Aber – er log. Er war nicht durch die Flurtür verschwunden – ausgeschlossen!

      „Tory, du schwindelst!“

      Sein im Lichte der Gaslampe glitzerndes Monokel musterte mich prüfend. Dann sagte er:

      „Dieses Haus muß schon sehr alt sein.“

      Er schien mir also auszuweichen.

      „1821 erbaut. Die Zahl ist über der Haustür in einen Stein eingemeißelt, aber nur noch schlecht zu erkennen.“

      „Es hat eine sehr, sehr dicke Brandmauer nach dem linken Nebengebäude zu,“ meinte er darauf, indem er sehr geschickt mit dem Schlüssel eine Sardinenbüchse öffnete.

      Bei dieser Arbeit fiel mir auf, daß seine beiden Brillantringe auf dem linken kleinen Finger fehlten. Nachmittags hatte er sie noch gehabt.

      Ich dachte sofort: ‚Er hat sie ebenfalls versetzt, trotzdem du ihm doch mit Geld aushelfen wolltest!‘ –

      Ich war ärgerlich.

      „Wo hast du deine Ringe gelassen, Tory?“

      „Bei Katzenstein. – Die Sardinen sind gut.“

      „Weißt du auch, daß es für mich verletzend ist, wenn du Schmuck aufs Pfandhaus trägst, wo ich dich doch …“

      „Ich pumpe meine Freunde grundsätzlich nicht an,“ unterbrach er mich. – Damit war die Sache für ihn erledigt.

      Nach einer Weile begann er wieder:

      „Wem mag das Haus gehören, das dem deinigen im Pfeffergang gegenüberliegt?“

      „Keine Ahnung. – Was für ein Interesse nimmst du an dem leerstehenden, baufälligen Kasten? – Ich weiß nur, daß es auf Abbruch verkauft werden soll. Aber es findet sich dafür kein Käufer. Man fürchtet, die Nebengebäude könnten einstürzen, wenn man es einreißt.“

      „So – leerstehend?!“ griff er das eine Wort heraus.

      „Allerdings. Früher war’s mal als Bureauhaus vermietet.“

      „Scheint so. Im zweiten Stock im linken Vorderzimmer erkennt man durch die teilweise zertrümmerten Scheiben noch ein paar Schemel und einen plumpen Tisch.“

      Seine ganze Art, dieses Gespräch zu führen, kam mir recht merkwürdig vor. Ich hatte das Gefühl, daß er an dem Hause gegenüber ein besonderes Interesse hatte. – Wirklich – schon wieder beschäftigte er sich damit.

      Er fragte nämlich nach einer längeren Pause:

      „Hast du dort in dem linken Vorderzimmer mal zufällig etwas bemerkt, was dir irgendwie aufstieß?“

      „Tory – was hast du nur immer mit der baufälligen Bude?! – Nein – nichts habe ich bemerkt!“

      „So – so …!“

      Er starrte auf seinen Teller …

      4. Kapitel

       Inhaltsverzeichnis

      „Tory, ich bitte dich; weshalb fragtest du soeben, ob …“

      Er schob den Teller zurück und hätte dabei fast das Bierglas umgestoßen, während ihm doch alle hastigen Bewegungen ein Greuel waren.

      Ich griff zu und rettete das reine Tischtuch vor einer Überflutung.

      „Weil noch jemand außer mir heute Nachmittag sogar mit einem Fernglase nach jenem Zimmer hinüberstarrte,“ sagte er nach diesem kleinen Zwischenfall.

      Und das war Grund genug für mich zu der Annahme, mit dem Zimmer müßte es eine besondere Bewandtnis haben, – denn eine halbe Stunde lang sitzt niemand in unbequemer Haltung in einer Dachluke und hält ein Glas vor die Augen …!!“ Er betonte die letzten Sätze stark.

      „Wo saß denn dieser Jemand, Tory! – So erzähle doch mehr im Zusammenhang …! Du machst einen wirklich ungeduldig.“

      „Auf dem Dach des linken Nebengebäudes in einem Dachfenster oder besser einer Dachluke,“ berichtete er nun mit einer gewissen Erregung. „Es war ein Herr, – ich betone – Herr! Sehr anständig angezogen. Er sah etwas exotisch aus. Ungar oder Italiener – so was vielleicht.“ –

      Das drohende Gewitter entlud sich jetzt über der Stadt. Einzelne Donnerschläge ließen das Haus erzittern. Dann setzte ein starker Hagel ein. Ich trug mit Torys Hilfe schnell meine Blumenkästen ins Zimmer.

      Nachher suchte er sich aus meinem Schrank ein Buch heraus, las und verqualmte einige Dutzend Zigaretten, während ich am Schreibtisch in meinem Roman ein liebendes Paar sich zur Abwechslung im Juli in einem Eiskeller finden ließ, was mir Gelegenheit gab, die heißen Gefühle des männlichen Teiles witzig hervorzuheben.

      Ich war so in meine Arbeit vertieft, daß ich gar nicht hörte, wie Tory aufstand und hinausging.

      Erst als er zurückkam, schaute ich von der Manuskriptseite auf, indem ich befriedigt dachte: ‚Die zwölfte Seite heute! Dein Tagewerk ist erledigt. Du hast zwanzig Mark verdient.‘

      Tory trat näher, stellte sich neben den Schreibtisch.

      „Hast du einen Augenblick Zeit, Karl?“ fragte er, indem er seinen Selbstbinder etwas zurechtzog.

      „Gewiß. – Ich bin mit meinem Pensum fertig.“

      Ich klappte das Tintenfaß zu und packte das Manuskript weg.

      „Komm’ mal mit in dein Schlafzimmer,“ meinte er dann. „Ich verspreche dir eine ganz sonderbare Überraschung.“

      Er führte mich an das Schlafstubenfenster, schlug die Vorhänge zurück und sagte: „Schau nach dem Zimmer hinüber – dem mit den Kontormöbeln.“

      Das Gewitter hatte längst ausgetobt. Aber der Himmel war noch mit dunklen Wolken bedeckt, kein Stern sichtbar. Draußen herrschte eine Finsternis, die man ohne Übertreibung als pechschwarz bezeichnen konnte.

      Wir hatten uns ohne Licht bis an das Fenster getastet – weil Tory es so wollte.

      „Zimmer mit den Kontormöbeln – gut gesagt!!“ meinte ich. „Man sieht ja von den Häusern drüben kaum einen Schimmer!“

      „Aber du weißt doch die Richtung ungefähr, in der es liegt. Blicke ganz scharf hin …!“

      Ich tat’s. Ich mußte also schräg nach unten sehen. Dort etwa mußten die Fenster sein …

      Ah – nun bemerkte ich wirklich etwas – etwas wie eine

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