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als sich sein bisher so frohes Gesicht plötzlich verdüsterte und er mit leicht gereizter Stimme, wie zu sich selber sprechend sagte:

      »So so, – in Verona hält sich mein Herr Stiefbruder auf! Deshalb also erhielt ich bisher auch nicht eine Zeile von ihm, seitdem er Schloß Kaisenberg verlassen hat. Ich bin nur neugierig, wie er diese Verzögerung seiner Abreise nach Amerika wieder entschuldigt.«

      Hagen und Komtesse Marga tauschten heimlich einen schnellen Blick aus. Sie verstanden sich. Beide kannten Axels Vergangenheit nur zu gut und bedauerten es von Herzen, daß Graf Arthurs heitere Stimmung durch diese Erinnerung an den Stiefbruder getrübt wurde.

      Sie waren jedoch zartfühlend genug, ihre Gedanken zu verschweigen und hoben jetzt mit vereinten Kräften den recht schweren Gegenstand aus der Kiste heraus. Nachdem dann die vielfache Packpapierumhüllung entfernt war, kam eine altertümliche kupferne Truhe zum Vorschein, die sofort des Professors ganzes Interesse in Anspruch nahm.

      Er besichtigte sie von allen Seiten, prüfte die eingelegte Arbeit und nickte dazu sehr anerkennend mit dem Kopf. Nur einen Moment stutzte er, als er auf dem Boden der Truhe ein kleines Papierschildchen fand, auf dem merkwürdigerweise ›Ernesto Bragenza, Antiquitätenhändler, Rom, Via Liguria‹ stand. Danach schien sie also nicht in Verona, von wo sie abgeschickt war, sondern in Rom gekauft zu sein. Doch er maß dieser Entdeckung weiter keine Bedeutung bei und hielt sie auch kaum für erwähnenswert.

      Inzwischen hatte Graf Arthur schnell das Schreiben überflogen. Als er jetzt die Hand mit dem Brief sinken ließ, waren seine Züge wieder weich geworden und um seinen Mund spielte ein freudiges Lächeln.

      »Armer Axel!« sagte er ganz gerührt und erhob sich langsam. »Er ist doch ein guter Junge trotz seines Leichtsinns. Hört, was er mir schreibt:

      ›Du wirst es mir nicht verargen, lieber Bruder, daß ich den Rest meines mir selbst bewilligten Urlaubs noch zu einem kleinen Abstecher nach Italien benutzt habe. Ich bin billig gereist, sehr billig und – wenig standesgemäß. Doch – wie kann ich von Standesbewußtsein sprechen, da ich mir ja die bevorzugte Lebensstellung durch eigene Schuld verscherzt habe. – Genug davon. Ich will Dich nicht mit den Ergüssen meines reuigen Herzens langweilen, will nur noch zu Deiner Beruhigung erwähnen, daß ich jedes Glücksspiel ängstlich gemieden habe. Wenn Du diesen Brief erhältst, schwimme ich schon wieder auf dem Ozean, traurig, daß ich der Heimat den Rücken kehren muß und wiederum auch beseelt von neuen Hoffnungen, neuem Unternehmungsgeist, die Dein großmütiges Darlehn in mir geweckt hat. Um Dir nun ein wenig meine aufrichtige Dankbarkeit zu beweisen, sende ich Dir eine Truhe, die ich zufällig hier in Verona bei einem Händler entdeckte. In der Truhe findest Du in einem Holzkästchen einen alten Wappenring, den ich in demselben Antiquitätenladen erstanden. Ich bitte Dich herzlich: Trage ihn zum Andenken an Deinen Bruder, der an Deinem Hochzeitstage Deiner in stiller Wehmut gedenken wird und Dir und Marga von Alten nochmals alles, alles Gute für die Zukunft wünscht.

      Dein Axel.‹

      Professor Hagen war kein Wort entgangen. Der Brief erschien ihm zu süßlich, zu unaufrichtig. Und plötzlich fiel ihm noch ein, daß er vor wenigen Tagen in der Hauptstadt einen Kollegen gesprochen hatte, der die Familie Kaisenberg ebenfalls sehr gut kannte. Und dieser wußte ihm von Axel Dinge zu erzählen, die sich mit den Angaben in dem Brief durchaus nicht deckten. Geheimrat Wilmers hatte den jüngeren Kaisenberg nämlich in Monte Carlo am Spieltisch beobachtet und gesehen, wie dieser in kurzer Zeit Unsummen verlor. –

      Dies schoß Hagen plötzlich durch den Kopf. Und zugleich bemächtigte sich seiner ein Gefühl des Mißtrauens, eine argwöhnische Regung, von deren Grundlosigkeit er überzeugt war und die er doch nicht loswerden konnte. Während diese Gedanken ihn beschäftigten, hatte er den Deckel der Truhe aufgeklappt und das Holzkästchen, in dem sich der Wappenring befinden sollte, herausgenommen. Er öffnete es und reichte es nach einem flüchtigen Blick auf das Schmuckstück dem Majoratsherrn hin. Neugierig nahm dieser den Ring heraus und betrachtete aufmerksam das Wappen, dessen Zeichnung sich von dem gelben Topas so deutlich abhob. Dann rief er freudig erstaunt aus und hielt dabei Hagen den Ring entgegen:

      »Heinz, wahrhaftig, – das ist das Wappen der Borgia! Damit hat mir Axel wirklich eine große Freude gemacht. Wir haben hier fraglos eine bedeutende Seltenheit vor uns.«

      Der Professor war bei diesen Worten anscheinend erschreckt aufgefahren, nahm sich aber schnell zusammen und trat nun, indem er den Ring vorsichtig mit den Fingerspitzen anfaßte, an das offene Fenster, als ob er ihn in dem hellen Licht genauer untersuchen wollte. Plötzlich stieß er einen leisen Schrei aus und beugte sich weit über die Fensterbrüstung vor. Als er sich dann wieder umwandte, malte sich in seinem Gesicht deutlich eine tödliche Verlegenheit.

      »Arthur – bitte, sei mir nicht böse,« meinte er verwirrt. »Ich bin ungeschickt gewesen. Der Ring ist mir entglitten und unten in den Weiher gefallen. Wir werden ihn sicherlich mit einem großen, engmaschigen Netz wieder herausfischen können. Ich habe mir die Stelle genau gemerkt, wo er verschwand. Nochmals – verzeih! Du kannst dir denken, wie unangenehm mir die Sache ist –«

      Doch der Majoratsherr wußte mit seiner lieben Art den Freund bald zu beruhigen. Nur Baronesse Marga blieb sichtlich verstimmt, und während man dann schnell die letzten Kisten öffnete, traf ihr prüfender Blick mehr wie einmal des Professors ernstes Gesicht. Ziemlich bedrückter Laune wurde die Arbeit vollendet, und nachher begaben sich die Herren sofort in die Wohnung des Schloßgärtners, damit die Suche nach dem Ringe ungesäumt aufgenommen werden sollte. Aber trotz stundenlanger, sehr sorgfältiger Bemühungen konnte man den Wappenring der Borgia nicht finden. Der Grund des Weihers war moderig, und auch die dichten Schlingpflanzen hinderten den Gebrauch des großen Rahmennetzes, mit dem man unter dem Fenster des Bibliothekzimmers den einstigen Burggraben durchwühlte. Endlich gab man die Hoffnung auf, das seltene Schmuckstück zurückzuerlangen.

      Als aber Baronesse Marga an demselben Tage dem Professor allein auf der Terasse begegnete, trat sie dicht an ihn heran und sagte schneidend:

      »Ich glaube, Herr Professor, den Ring müßte man anderswo suchen! Es soll Gelehrte geben, die als leidenschaftliche Sammler von Altertümern sich nicht scheuen, ihnen wertvoll erscheinende und auf andere Art unerreichbare Gegenstände durch ein geschicktes Manöver an sich zu bringen.«

      Damit ließ sie ihn stehen und schritt stolz erhobenen Hauptes die Treppe zum Park hinab.

      10. Kapitel

       Nichts ist so fein gesponnen

       Inhaltsverzeichnis

      Axels Besuch auf Schloß Kaisenberg war trotz seiner kurzen Dauer doch in der Umgegend bekannt geworden. Kaum hatte Polizeiinspektor Gruber davon erfahren, als er auch schon einen Brief an den Kriminalkommissar Fehlhauser nach Berlin schickte und ihm mitteilte, daß der adlige Hochstapler über dessen Pariser Gaunerstückchen Gruber ebenfalls unterrichtet war, plötzlich wieder aufgetaucht sei. Ungesäumt nahm Fehlhauser die Verfolgung auf. Über Monte Carlo, Rom und Verona wies die Spur nach Nizza, und hier ereilte den Betrüger endlich im Savoy Hotel, wo er als Dr. Herbert Meißner abgestiegen war, das Schicksal.

      Axel war gerade von einem Motorbootsausflug zurückgekehrt, als ein Kellner ihm einen Agenten Malvosio meldete. Fehlhauser hatte absichtlich diesen harmlos klingenden Namen gewählt.

      Wenige Minuten später stand der Kommissar in dem eleganten Hotelzimmer dem vornehmen Verbrecher gegenüber. Dieser wurde blaß wie der Tod, als er den Beamten erkannte, dessen Züge sich seinem Gedächtnis nur zu gut eingeprägt hatten.

      »Auf dieses Wiedersehen hatten Sie wohl kaum gehofft, Graf Axel Kaisenberg?« sagte Fehlhauser ernst, um dann sogleich fortzufahren: »Hier der Haftbefehl gegen Sie wegen des Diebstahls im NobiliteKlub.«

      Axel sah, das alles verloren war. Bevor noch der Kommissar es verhindern konnte, war er mit einem Satz hinter der Tür seines Schlafzimmers verschwunden, die er ebenso schnell verriegelte. Vergebens suchte Fehlhauser das Schloß zu sprengen, vergebens warf er sich mit seinem ganzen Körpergewicht gegen die weißlackierte Tür.

      Zu

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