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umspielte ihre Lippen. Mit verschränkten Armen stierte sie stur nach vorn, während der neue Lehrer mit federnden Schritten auf die Klasse zukam, um sich vorzustellen.

      »Ich heiße Logan Black und wie Sie sich sicher alle denken könnt«, ein seichtes Lächeln umspielte seine Lippen. »Werde ich Sie im Fach Englisch unterrichten.«

      Mir entging nicht wie einige der Mädchen gebannt an seinen Lippen hingen oder ihre Haare zu zwirbeln begannen. Sie starrten ihn an, als stand Adonis höchstpersönlich vor ihnen. Poppy hob bei diesem Anblick die Brauen und warf mir einen vielsagenden Blick zu. Jedoch konnte ich es diesen Mädchen kaum verdenken, Mr Black war mehr als attraktiv.

      »Mr Black?«, ertönte eine schrille Stimme. Madison Lively. Ich hatte nicht viel mit ihr zu tun, aber hörte man auf die Gerüchteküche, so war sie als die typische Barbie und Oberzicke der Schule bekannt. Selbstverständlich musste jede High School eine eingebildete Schnepfe haben, die immer im Mittelpunkt stehen wollte. Sonst wäre es ja nicht die High School. An Poppys abfälligem Schnauben konnte man deutlich erkennen, dass die beiden sich nicht sonderlich gut ausstehen konnten.

      »Was werden wir denn bei Ihnen lernen? Nur, dass wir uns natürlich schon einmal auf den Unterricht vorbereiten können?«, sie klimperte ein paar Mal mit den Wimpern, während sie ihre Beine übereinanderschlug.

      »Nun,« begann Mr Black mit tiefer Stimme. »Wir werden uns hauptsächlich mit dem Thema Literatur im neunzehnten Jahrhundert beschäftigen. Hierzu werden Sie leider auch einige Werke lesen müssen.«

      Meine Mitschüler stöhnten laut auf, woraufhin Mr Black nur leise lachte. Sein Lächeln war unglaublich schön und zog mich sofort in seinen Bann.

      Anschließend ging er die Kursliste durch und wir sollten bei unserem jeweiligen Namen Handzeichen geben, sodass er sich die Gesichter besser einprägen konnte. Er begann zu lesen und mit jedem weiteren Namen, den er erwähnte wurde ich nervöser, mein Herzklopfen setzte wieder ein und mein Mund fühlte sich völlig trocken an.

      »Drea Dupree?«

      Ich hob lediglich den Arm und fixierte die Liste, die er in den Händen hielt, um nicht in das fesselnde Blau seiner Augen sehen zu müssen.

      »Alles klar«, nachdem er die Liste überprüft hatte, legte er diese neben dem Pult ab und ließ seinen Blick über die Kursteilnehmer schweifen.

      »Dann können wir zum Einstieg auch gleich schon mit der Frage beginnen, welche bekannten, englischen Werke von welchen Schriftstellern im neunzehnten Jahrhundert entstanden sind?«

      Jane Austen, Charles Dickens, Emily Brontë, Thomas Hardy ...

      Natürlich kannte ich sie alle, aber ich meldete mich nicht. Ich hatte mich noch nie groß an der Mitarbeit beteiligt, selbst wenn mir das Thema lag. Ein paar meiner Mitschüler meldeten sich und nannten einige bekannte Werke mit ihren Künstlern. Doch niemand nannte meinen Lieblingsroman. Kurz erwog ich es, mich zu melden. Und bevor ich den Gedanken wieder verwerfen konnte, wurde mir die Entscheidung abgenommen.

      »Drea? Wissen Sie vielleicht noch ein bekanntes Werk aus dem neunzehnten Jahrhundert?«

      Ich konnte nicht anders und sah perplex auf, geradewegs in seine klaren, blauen Augen, die mich nun erwartungsvoll anstarrten. Ich war erstaunt darüber, dass er sich meinen Namen bereits eingeprägt hatte. Diese Tatsache brachte mich für ein paar Sekunden aus dem Konzept. Schnell versuchte ich meine Gedanken zu sammeln, um mich an seine Frage zu erinnern. Denn es schien, als wollte er auf etwas Bestimmtes hinaus und ich wusste auch genau, worauf.

      »Sturmhöhe«, meine Stimme sollte fest klingen, doch es war kaum mehr als ein Flüstern.

      »Emily Brontë«, beendete er meinen Satz und seine Lippen verzogen sich erneut zu einem kleinen Lächeln. Jäh fühlte ich mich an das vorherige Gespräch auf dem Flur mit ihm zurückerinnert, als er meinen Roman in den Händen gehalten hatte. In diesem Moment wusste ich, dass er an genau dasselbe dachte und wie aus dem Nichts erschien ein Lächeln auf meinem Gesicht.

      Es fühlte sich echt an.

      Poppy starrte mich an, als wäre ich ein Marsmensch. Ihr blieb aber auch wirklich nichts verborgen. Für den Rest des Unterrichts schwieg ich und kritzelte stattdessen irgendwelche Dinge in meinen Notizblock.

      Als es zur Pause klingelte, packte ich meine Sachen zusammen und wollte Poppy gerade nach draußen folgen, als mich jemand an der Schulter zurückhielt.

      »Drea? Hätten Sie noch eine Minute für mich?«

      Überrascht sah ich zu Mr Black herüber. Gleichzeitig spürte ich Poppys bohrenden Blick auf meinem Rücken.

      »Ähm, ja natürlich«, ich räusperte mich und schaute kurz zu Poppy, um ihr verständlich zu machen, dass sie draußen auf mich warten sollte. Sie nickte und ging hinaus auf den Flur.

      Nervös begann ich meine Hände zu kneten und sah auf meine Schuhspitzen hinab. Was wollte Mr Black mit mir besprechen? Ich spürte wie er näherkam, bis er schließlich vor mir stehen blieb.

      Ohne es verhindern zu können wurde ich von Nervosität übermannt. Mein Puls begann zu rasen. Selbst meine Handflächen fühlten sich kalt und schwitzig an. Zögernd sah ich zu ihm auf und es geschah schon wieder. Seine Augen zogen mich regelrecht in einen Bann, dem ich mich nicht entziehen konnte. Gebannt beobachtete ich das Licht, welches durch die Fenster hereinströmte und sich in dem blauen Farbenspiel seiner Augen zu brechen schien.

      »Ich glaube Sie haben das hier vorhin vergessen«, er lächelte mich an und streckte mir meinen Roman entgegen.

      Natürlich, mein Buch.

      Ich hatte es total vergessen. Mein Heiligtum. Mein Fluchtort, der mich in den letzten Wochen so einige Male gerettet hatte.

      »Oh…«, ich stockte kurz. »Dankeschön.«

      »Keine Ursache.«

      Als er mir den Roman zurückgab, streiften sich unsere Finger erneut, wie am heutigen Morgen schon einmal. Mehrere Stromschläge erschütterten meine Hand. Das Gefühl strömte durch meinen Körper wie ein Lauffeuer. Schlagartig sah ich hoch in seine Augen.

      Auch Mr Blacks Blick war zunächst auf unsere Hände gerichtet. Dann hob er das Gesicht und sah mich an. Etwas flimmerte in seinem Blick, ein merkwürdiger Ausdruck, den ich nicht zuordnen konnte.

      Blitzartig zog ich meine Hände, mitsamt dem Buch, zurück. Dies schien ihn aus seiner Starre zu lösen. Er räusperte sich, zog die Brauen zusammen und wirkte für einen kurzen Moment verwirrt.

      Gleich darauf jedoch sah er mich wieder mit klaren, undurchdringlichen Augen an. Dann ging er ein paar Schritte rückwärts und brachte somit etwas Distanz zwischen uns. Eine merkwürdige Spannung lag in der Luft.

      »Ähm... Danke nochmal«, murmelte ich schnell, um diese seltsame Stimmung zu durchbrechen. Allerdings wagte ich es nicht, ihm noch einmal in die Augen zu schauen.

      »Gern geschehen. Ich wünsche Ihnen noch einen schönen Tag, Drea«, mit schnellen Schritten lief er zurück zum Pult und packte seine Tasche.

      »Ihnen auch, Mr Black«, erwiderte ich hastig und eilte zur Tür, vielleicht etwas zu schnell, doch ich musste aus diesem Raum raus. Als ich die Tür hinter mir schloss, atmete ich zuerst einmal tief ein und wieder aus. Die ganze Zeit über, hatte ich das Gefühl gehabt, keine Luft mehr zu bekommen.

      Ich schloss die Augen und versuchte mein wild klopfendes Herz zu beruhigen. Ich war wahrscheinlich nur etwas durcheinander. Das war alles. Der heutige Tag war lediglich zu viel für mich gewesen. Der erste Schultag ohne Mom, die Auseinandersetzung mit Danny… Es war nur natürlich, dass meine Gefühle da etwas durcheinander kamen. Ich schüttelte den Kopf und ordnete meine Gedanken wieder neu.

      »Sag bloß, Mr Adonis hat dir den Kopf verdreht?«, Poppy stand mit vor der Brust verschränkten Armen vor mir an der Wand und schmunzelte schelmisch.

      »Was meinst du damit?«, verständnislos blickte ich sie an.

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