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Gambur schlief tief und friedlich. Er hatte nun ein kleines weißes Mal zwischen den Augen auf seiner Stirn.

      „Es ist etwas zu viel Kraft für ihn gewesen. Sie wird ihm aber nicht schaden", erklärte Zordan. „Er wird aufwachen und nichts mehr von unserem Treffen wissen.“

      Das Einhorn lächelte.

      „Dir können wir nichts mit auf deinen Weg geben, Koperian. Doch sei gewiss, wir werden mit dir kämpfen.“ Zordan machte eine Pause.

      „Geh und nimm unsere Gedanken mit auf euren Weg, Druide von Tasmanorb. Lebt wohl und viel Glück.“ Mit diesen Worten drehten die beiden Einhörner um und verschwanden so leise, wie sie gekommen waren. Koperian blieb mit dem schlafenden Gamburen auf seinen Armen zurück und betrachtete neugierig das Mal auf Indos Stirn. Ärgerlich dachte er bei sich:

      - Jahrelang studiert man die Geheimnisse der Magie, um nur immer wieder festzustellen, dass man eigentlich gar nichts weiß. -

      Dann ging er in seine Behausung zurück.

      Indo schlief noch den ganzen restlichen Tag und Koperian ließ ihn in Ruhe. Er bettete den kleinen Kerl in seine Schlafnische und machte sich daran, seine Vorratshöhle aufzuräumen und zu verschließen. Er steckte Kräuter, Felle und alles, was er auf den Märkten der Menschen verkaufen konnte, in große Ledertaschen.

      - Bei den Langbeinern benötigte man Geld oder man sollte etwas zum Tausch oder Verkauf parat haben. -

      Koperian sammelte alle selbstgemachten Fackeln und seine Wanderlaterne ein, um sich gegen die Dunkelheit zu rüsten. Nur das Licht hatte ihn in der abenteuerlichen Nacht vor den schwarzen Schatten gerettet. Er holte Regenwasser und steckte für vier Tage getrocknetes Fleisch und Fladenbrot ein. Dann räumte er alle verderblichen Dinge aus seiner Höhle und überließ sie den Tieren des Waldes. Zum Schluss säuberte der Elf seine Höhle und bereitete sich darauf vor, Tasmanorb für längere Zeit zu verlassen. Koperian arbeitete bis tief in die Nacht. Der kleine Gambur bemerkte nichts von alle dem. Er war durch die Berührung des Einhornes in einen tiefen Schlaf geglitten und träumte wirr:

      Zordan stand vor ihm auf einer Lichtung und berührte ihn sanft mit seinem leuchtenden Horn. Der Gambur begann in weißem, gleißendem Licht zu schweben. Er fühlte sich wohl und geborgen. Die Helligkeit wärmte ihn und schirmte seine Angst von ihm ab. Der Halbkobold geriet in einen Sog aus Bildern und Gefühlen und wusste nicht, ob wachte, oder träumte.

       Plötzlich bekam er einen festen Schlag auf die Stirn, der ihn auf den Boden der Lichtung zurück warf. Wie gelähmt saß er da und beobachtete die Bilder, die ihn immer noch umgaben:

       < Aus einem Felsen formte sich ganz langsam das steinerne Gesicht eines Mannes, mit einem langen Bart. Er musste Schmerzen haben. Die Mimik seines Gesichtes veränderte sich nur langsam und gequält. Er hatte ein seltsames Symbol auf der Stirn und schien zu rufen. Indo kannte diesen Mann.....

       Eine Frau und ein zahmer Bär zeigten sich auf einer Einöde. Sie mussten schon sehr lange gewandert sein. Der Gambur kannte auch diese Frau. Er wusste, dass sie schon einmal an diesem Platz gestanden hatte....

       Dann wechselte das Bild plötzlich. Indo konnte sich laufen sehen. Er war auf der Flucht..., auf der Flucht vor sich und seinen Gefühlen. Er wusste nicht, wohin er gehen und was er tun sollte. Ihm war kalt, sein Fell war zerschlissen und wärmte ihn schon lange nicht mehr. Angst durchfuhr ihn

       und er schrie: <Koperian! Oh, Koperian!>. Doch er war allein..., allein wie noch nie zuvor in seinem Leben.

       Eisiger Nebel jagte ihn vor sich her. Dunkle Rauchschwaden, die die Gestalt von Menschen hatten, huschten vorbei. Er rannte und rannte und hatte das Gefühl, dass er nicht von der Stelle kam. Schuld schien ihn zu erdrücken und er schrie erneut! >

      Plötzlich verschwand das Bild und ein neues tauchte auf:

       Auf einer Einöde stand ein Einhorn. Es war nicht Zordan und auch nicht seine Begleiterin, nein. Er hatte dieses Einhorn noch nie in seinem Leben gesehen. Unendlich viel Leid spiegelte sich in den Augen dieses Wesens... oder war es Wahnsinn?...

       Nun sah er sich einer Pferdestute gegenüber, welche ihn liebevoll mit ihren Nüstern stupste. Er kannte sie! Dieses Wesen besaß drei Namen. Zwei von ihnen waren Indo sehr vertraut. Der dritte Namen war jedoch neu. Der Gambur konnte ihn nicht aussprechen. Er wusste ihn einfach nur: „Asterdiburya". Die Stute war unwirklich schön und schien ein Geheimnis in sich zu tragen. Ihr Körper war zierlich und fein. Sie hatte ein isabellfarbenes Fell, eine weiße Mähne und ihre dunkelbraunen Augen hatten einen ruhigen und weichen Ausdruck. Geduldig stand sie vor Indo und betrachtete den Gamburen. Ihre lange Mähne spielte im rauen und unfreundlichen Wind, der sie kalt und Unheil verkündend umgab. Seine Gefühle verwirrten ihn zutiefst. Neben verzweifeltem Hass, den er auf sich selbst bezog, stand er in tiefer Zuneigung zu dieser Kreatur. Er würde wenn nötig für sie sterben. Verwirrt und voll Angst schaute er zu ihr auf und wartete...

      Dann verschwand auch dieses Bild und ein neues tauchte auf.

       Er sah ein Menschen-, nein, ... ein Elfenmädchen mit hellbraunen, wilden, lang gelockten Haaren und wunderschönen blauen Augen. Sie besaß keinen Namen, oder er erinnerte sich nicht mehr an sie. Er wusste, ihr Leben würde bald zu Ende gehen. Das Schicksal hing wie eine große, dicke Gewitterwolke über ihr, doch sie schien es nicht zu bemerken. ...

       Dann sah er Koperian, seinen Vater und Freund. Ziellos und ruhelos irrte er umher. Seine Gestalt schien unwirklich und er hatte Angst..., große Angst. Er musste viel durchlitten haben, denn man merkte ihm große Veränderungen an, die von Schreck und Leid geprägt sein mussten. Irgendjemand sprach mit einer fremden, für Koperian unverständlichen Sprache auf ihn ein. Diese Sprache war magisch und schien den Elfen völlig einzunehmen. Indo wollte seinem Vater zurufen; ihm den Weg zeigen! .....

      Aber dann verschwamm auch dieses Bild.

       Indo sah sich mit vielen Frauen lachend zusammen sitzen. All diese Menschenfrauen hatten zwei Namen. Der zweite Name war magischer Natur und der Gambur konnte auch diesen nicht aussprechen. ...

       Dann träumte der Gambur von unendlich viel Wasser und von Bergen, die denen seiner Heimat glichen. Er empfand Heimweh. Freud und Leid. Panik ergriff ihn, plötzlich trieb ihn etwas, vor dem er entsetzliche Angst hatte. Die Macht war schwarz und kalt. Sie war immer in Bewegung und verlangte nach den Körpern lebender Wesen. Tiere stürzten mit Indo in die Flucht. Die Macht fingerte zwischen ihnen hindurch und suchte nach dem Gamburen. Als sie ihn fast erreicht hatte, schrie er laut und entsetzt auf ....-

      Schweißgebadet wachte er auf. Koperian stand vor ihm und schaute ihn verwundert an.

      „Was hat Zordan nur mit dir gemacht", murmelte der Elf schlaftrunken.

      „Wer ist Zordan?“ Indo erinnerte sich an gar nichts mehr.

      Er wusste gerade noch, dass er schlecht geträumt haben musste. Es war früh am Morgen und noch nicht hell. Beide beschlossen noch bis zum Morgengrauen zu schlafen. Indo krabbelte zu Koperian ins Bett und schmiegte sich an den Elfen. Langsam verblasste das unangenehme Gefühl des Alptraumes, Indo schlief tief und fest ein. Beide erwachten erst wieder, als die Sonne schon am Himmel stand.

      „Eine längere Reise mit Übernachtung in der Wildnis könnte tödlich verlaufen“, sagte Koperian, während sie sich reisefertig machten.

      „Also müssen wir einen sicheren Halt aufsuchen, bevor wir das Menschental erreichen.“

      Es gab noch einen Einsiedler im Wald: Hoob.

      Hoob war ein eigenbrötlerischer alter Mensch, der ebenfalls alleine in Tasmanorb lebte. Er hatte sich eine Holzhütte, etwa eine Tagesreise entfernt von den ersten Menschendörfern, gebaut. Koperian hatte ihn bei seinen Wanderungen zu den Menschen jedesmal besucht. Trotz seiner mürrischen und verschlossenen Art hatte Hoob den Elf bald lieb gewonnen. Sicher würde er ihn auch diesmal für eine Nacht beherbergen. Koperian beschloss, zum Fluß Arbic zu laufen und mit seinem dort

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