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      „Ein Gambur, also, und mit Namen Indo", entgegnete der Magier beschwichtigend und fuhr fort, „Sehr erfreut, kleiner Härr. Was führt euch zu mir? Derr Mann in Decke?“

      „Ja, so ist es“, entgegnete Koperian schnell, der sehr erschöpft war und kaum mehr sein Gepäck mit Hoob halten konnte. Der Einsiedler zuckte in dem hellen Raum wieder. Während die Besucher eingelassen wurden, erzählten Indo und der Elf, was sich in der Hütte des alten Mannes zugetragen hatte. Still und nachdenklich hörten Nogan und Hemnial hörten zu. Sie kamen in einen großen und gemütlich mit Holzmöbeln eingerichteten Wohnraum. Rasch schaffte die Kräuterfrau in der Mitte Platz, damit sie den Besessenen dort ablegen konnten. Der Elf zitterte vor Anstrengung, bis er sich von seiner Last befreien konnte. Während der Magier und Koperian interessiert zusahen, und der Gambur den Raum inspizierte, untersuchte die Menschenfrau den Kranken gezielt und sachkundig. Indo bestaunte die vielen Bücher des Magiers. Koperian hatte in Tasmanorb nur ein einziges. Hoob zuckte und murmelte seltsame, unzusammenhängende Wortfetzen. Als die Kräuterfrau den Körper des Einsiedlers aus seinen zerfetzten Kleidern wand sahen alle entsetzt die Verwahrlosung und Zerstörung von Muskeln und Sehnen. Der alte Mann hatte viel Blut verloren, stank nach Urin und Kot. Hemnial sprach in einer seltsamen beschwörenden Sprache, als sich der Einsiedler plötzlich kurz aufbäumte und ihr in ähnlich klingenden Worten etwas entgegen schrie.

      „Es muss ein Finsterfürst vom Stamm der Gazuwilen sein", erklärte die Merbel. „Woher sie kommen weiß ich nicht, aber meist sind sie die ersten, wenn dass Gleichgewicht der Natur erschüttert worden ist", fuhr sie fort.

      Verwundert nickte Koperian. Anscheinend sah Hemnial, ähnlich wie die Elfen, die natürlichen Kräfte. Alle anderen Menschen, die der Druide kannte, ordneten Gut und Böse immer auf die Herrschaft von Göttern zu. Elfen glaubten an ein natürliches Gleichgewicht von Leben und Tod, von Liebe und Leid und an einen Schicksalsweg. Nur sehr langlebige Kreaturen konnten dieses empfindliche Gleichgewicht beeinflussen oder durch Unwissenheit stören. Nach Meinung der Elfen musst das Leben in Geduld und Lernen seinen Schwerpunkt haben. Koperian betonte Indo gegenüber immer:

      „Alles ist so, wie es ist. Wer das erkennt, kann den Verlauf einer Situation für oder gegen sich lenken, und egal, was er macht, er kann immer daraus lernen.“

      Menschen waren in dieser Hinsicht den Elfen meist zu impulsiv und handelten unüberlegt. Koperian vermutete, dass die Frau einen dem druidischen verwandten Glauben lebte, den es nur selten bei den Menschen gab und in dieser Gegend sogar von den Priestern verboten wurde. Die Merbel versteckte einen schamanistischen Glauben in ihren Worten und der Magier schien dies zu tolerieren. Folgte man den Schamanisten, gab es das Hauptgleichgewicht zwischen guten Geistern, guten Raumenergien und den Dämonen und Finsterfürsten. Wenn intelligente Wesen von ihrer inneren Gefühlsbestimmtheit eher gut oder eher schlecht gestimmt waren, so wurden sie auch durch die im heiligen Raum lebenden Mächten der jeweiligen Seite in Versuchung oder auf die rechte Seite geführt.

      „Der Körper Hoobs macht diesen Zustand nicht mehr lange mit", erklärte Hemnial und riss Koperian aus seinen Gedanken, „Es ist nicht sicher, dass er überleben wird, selbst wenn der Gazuwile verschwunden ist. Wir sollten so rasch wie möglich dem Finsterfürst zeigen, wo er hingehört."

      Alle Umstehenden nickten bedächtig. Nach einer kurzen Weile fuhr sie fort: „Ich werde ihm jetzt erst einmal einen Heiltrank einflößen, der ihn stärken soll. Nogan, hole dreizehn Kerzen, Kreide und deine Kristallkugel. Ich brauche die Kraft aller Anwesenden hier. Du musst für mich die Verbindung zu ihnen herstellen.“

      Nogan nickte, erhob sich und verschwand in einer hinteren Ecke des Wohnzimmers. Wenig später kam er mit allem, was er bringen sollte, zurück. Die Kräuterfrau zeichnete eine große Rune auf den Boden, die Hoob und sie mit einschloss. Dann stellte sie in einer festgelegten Zeremonie zwölf Kerzen auf die Rune.

      „Keiner von euch darf jetzt noch den Kreis betreten", erklärte sie ernst.

      Dann warf sie dem Magier die Kreide und die dreizehnte Kerze zu. Dieser postierte sich knapp außerhalb des Kreises, und setzte sich im Schneidersitz hin. Dann legte er sich seine Faustgroße Kristallkugel auf den Schoß und zeichnete einen kleinen Kreis mit Kreide um sich. Koperian und Indo wurden nun angewiesen, sich rechts und links von dem Kreis des Magiers zu setzten. Sie mussten so nahe wie möglich an die Rune heran, wurden aber nochmals ermahnt die Kreidezeichnung keinesfalls zu berühren, zu verwischen oder ihr magisches Luftfeld mit dem Körper zu durchfahren. Hemnial summte eine rhythmische Melodie. Sie zog aus ihrem Umhang einen Tierschädel und einen Beutel. Mit dem rötlichen Pulver aus diesem Lederbeutel begann sie sich und Hoob mit seltsamen Zeichen im Gesicht und auf dem Hals zu bemalen. Dann schien es, als würde sie immer und immer wieder dieselbe Melodie wiederholen. Dabei warf sie immer wieder kleine Kochen, Zähne, Perlen und getrocknete Kräuter über sich und den Einsiedler, der inzwischen ganz schlaff und unbeweglich dalag. Nun begann auch der Magier lautlos seine Lippen zu bewegen. Plötzlich erhellte sich die Kugel: Ein weißer blendender Lichtstrahl fuhr direkt in die Augen von Indo, Koperian, einer in die Augen des Magiers und einer zu Hemnial. Der Magier klammerte sich an die Kristallkugel in seinen Händen. Offenbar fügte diese ihm Schmerzen zu. Geräuschlos bewegte er seine Lippen. Der Rhythmus der Merbel wurde schneller und hektischer. Der Gambur und der Elf fühlten sich sonderbar wohl sie entspannten sich. Hemnial veränderte ihre Melodie, die etwas Trauerndes und Unheilvolles in sich barg. Plötzlich schrie sie auf. Der Magier blieb unverändert bei seiner Tätigkeit, doch Indo und Koperian fühlten, wie eine Macht in sie eindrang. Sie mussten schneller atmen Schweiß troff von ihrer Stirn. Alle Muskeln waren angespannt und schienen zu zerreißen. Der Kopf schmerzte, das Herz raste. Plötzlich ergriff die Kräuterfrau den Tierschädel, der von einem Reh stammen musste und hob ihn langsam mit ihren Händen, bis über ihren Kopf. Ihre Stimme wurde wieder dumpf und beschwörend und sie ließ den Schädel los, der nun von selbst in der Luft schwebte. Blitzschnell schlug sie ihre Arme über Kreuz und berührte fast im selben Augenblick den alten Mann. Der bäumte sich stöhnend auf. Die Merbel schrie. Indo fiel ohnmächtig nach hinten. Der Druide spürte, wie noch einmal zusätzlich Energie von ihm gefordert wurde. Er taumelte, hielt sich aber tapfer bei Bewusstsein. Dunkler Rauch quoll aus Hoobs Mund und verschwand in dem der Kräuterfrau. Dann fiel diese nach hinten um und zuckte mit gurgelnden Geräuschen am Boden. Der Magier begann nun laut zu sprechen setzte sich und Koperian noch einmal entsetzlich zu und leitete all seine Kraft zu Hemnial hin. Die Hände des Magiers rauchten und bluteten, es roch nach verbranntem Fleisch. Plötzlich schoss ein grauer fast undurchsichtiger Rauch aus dem Mund der Merbel und formte sich zu einem buckeligen schlangenförmigen Etwas, das vom Licht gehetzt zur Wand, dann in den Schädel des toten Tieres sauste. Die Merbel lag jetzt still da. Mit einem lauten Schrei sanken Koperian und der Magier vorne über. Ihnen wurde schwarz vor Augen.

      Wie gerädert erwachten sie bei Tagesanbruch. Hoob war tief bewusstlos und atmete kaum. Obwohl sich auch Hemnial sehr schwach auf den Beinen bewegte, versorgte sie die Wunden des Einsiedlers, während der Magier schwankend den Raum verließ und Kräutertee, Brot und Honig brachte.

      „Auch jetzt weiß ich nicht, ob er durchkommen wird", sagte die Kräuterfrau, „Aber ich werde mein bestes geben.“

      „Wie kommt es, dass ihr über unser Problem Bescheid wusstet und warum habt ihr uns ohne zu zögern geholfen?", fragte der Elf.

      „Weil die Nächte hier immer seltsamer werden und ich immer häufiger besessene Tiere beobachten kann. Ich hatte erwartet, dass auch Hoob bald auftauchen würde. Als ich euch sah, war mir klar, was passiert sein musste. Hoob hat mir einst das Leben gerettet, als mich Räuber bei der Pilzsuche überfielen und nach Lahlon verschleppten. Ich konnte mich aus ihrer Knechtschaft befreien, doch lange irrte ich in der Wildnis umher. Er fand mich, als ich kaum noch bei Kräften war, pflegte mich gesund und brachte mich zurück nach Ischya. Wir hatten eine sehr schöne Zeit zusammen. Jetzt kann ich ihm vielleicht seine Hilfe vergelten“, gab Hemnial zurück. Indo wunderte sich, wie freundlich sich die Frau rechtfertigte.

      „So kann ich also Hoob in deiner Obhut lassen", fragte der Elf weiter.

      „Ja, doch wollt ihr wirklich in den Wald zurück?", kam die besorgte Gegenfrage.

      „Nein", entgegnete Koperian, „Ich

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