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Zensur im Dienst des Priesterbildes. Jessica Scheiper
Читать онлайн.Название Zensur im Dienst des Priesterbildes
Год выпуска 0
isbn 9783429064198
Автор произведения Jessica Scheiper
Жанр Документальная литература
Серия Forschungen zur Kirchenrechtswissenschaft
Издательство Bookwire
33 Ebd.
34 Vgl. für dieses Rekonstruktions-Verfahren WOLF, Ketzer, 192–197.
35 Per E-Mail erhielt Verf.in auf schriftliche Anfrage vom 21. Aug. 2015 vom Mainzer Dom und Diözesanarchiv diese Auskunft.
36 Rückmeldungen kamen meist per E-Mail: von den Verantwortlichen des Africanum / der Afrikamissionare – Weisse Väter der Schweiz am 27. Aug. 2015, des Priesterseminars St. Beat in Luzern am 27. Aug. 2015, des Klosters Einsiedeln am 1. Sept. 2015, der Kapuzinerklöster in der Schweiz (Luzern, Stans und des Provinzarchivs) am 2. Sept. 2015, des Canisianums in Innsbruck am 3. Sept. 2015, des Klosters Engelberg am 7. Sept. 2015, des Priesterseminars Eichstätt am 7. Sept. 2015, des Priesterseminars Graz-Seckau am 15. Sept. 2015 und des Priesterseminars Freiburg i. Br. am 15. Oktober 2015. Sie alle bedauerten, über keine Unterlagen in dieser Angelegenheit zu verfügen.
ERSTER TEIL
1. Biografie
1.1 Kindheit und Ausbildung (1919–1940)
Jakob „Jaime“ Crottogini wurde am 9. August 1919 im Haus seiner Eltern in Chur geboren. Er kam als viertes von sieben Kindern zur Welt und wuchs im Kreise seiner Geschwister zunächst unbeschwert auf. Trotz der nachkriegsbedingten37 materiellen Engpässe mangelte es der Familie vergleichsweise an nichts. Der Vater war selbstständiger Maler, spezialisiert auf Kulissenmalerei, und die Familie hatte ein gutes Auskommen.38
Im Sommer 1924 sollte der fünfjährige Jakob einige Wochen auf dem Bergbauernhof der Großeltern im 10 km entfernten Churwalden/Pradaschier verbringen. Kurz nach seiner Ankunft auf dem Bauernhof verunglückte der Vater und starb wenige Tage später. Crottoginis Mutter wurde mit 32 Jahren zur Witwe und blieb mit sieben kleinen Kindern allein zurück.39 Aus den ursprünglich geplanten wenigen Wochen auf dem Bauernhof wurde deshalb ein Aufenthalt von einem Jahr. Von dem Tod seines Vaters erfuhr der Junge vorerst nichts und verbrachte eine schöne Zeit bei seinen Großeltern: „[A]ls Bergbauer hat mir das kolossal gut gefallen.“40 So gut, dass Crottogini später einmal selbst Bergbauer werden wollte.41 Nach einem Jahr kehrte er für die Einschulung zu seiner Mutter und seinen Geschwistern zurück. Auf die Frage nach dem Vater erklärte ihm die Mutter, der Vater sei inzwischen im Himmel.42 Es schien ihn nicht dauerhaft belastet zu haben: „Ich ging in den Kindergarten in Chur und dort haben uns die Schwestern erzählt, im Himmel sei es sehr schön, und sehr interessant, und sehr lustig und da dachte ich, das ist ja wunderschön.“43 Den Betrieb ihres verstorbenen Mannes musste seine Mutter bald verkaufen, um sich und die Kinder versorgen zu können. Finanziell wurde es trotzdem bald schwierig für die Witwe, weshalb „man […] die Kinder verteilen“44 wollte, wogegen sie sich aber wehren konnte. Von den Existenzsorgen und den finanziellen Nöten bekamen die Kinder dennoch kaum etwas mit.45 Im Gegenteil: „Von ihr habe ich das Urvertrauen mitbekommen, das mich auch in den dunklen Stunden nie ganz verlassen hat“46, so Crottogini über seine Mutter.
„Meine Mutter war eine gläubige, aber in keiner Weise bigotte Frau. Sie zeichnete mir ein Kreuz auf die Stirne, bevor ich zur Schule ging. Auch abends hat sie uns mit einem Kreuzzeichen in den Schlaf entlassen. Ihr hart geprüftes Gottvertrauen hat ihr die Kraft gegeben, uns alle durch ihre mit mütterlicher Güte gepaarte Strenge zu tüchtigen, selbständigen Frauen und Männern heranwachsen zu lassen.“47
Ab 1926 besuchte Crottogini die Primarschule (Volksschule) an der katholischen Hofschule in Chur. Unter dem Dach der Hofschule vereinten sich die Primar- und die Sekundarschule. Die katholische Hofschule, so Crottogini, „zählte zu meiner Zeit zirka 700 Schülerinnen und Schüler. Ohne Unterstützung der Stadt musste sie finanziell von den Katholiken allein getragen und darum sehr sparsam geführt werden.“48 Religions- und auch Geschichtsunterricht gaben dort oft die Domherren der Kathedrale von Chur. So war es etwa der Dompfarrer und spätere Bischof von Chur, Christian Caminada, der in Crottoginis Jahrgang Kirchengeschichte unterrichtete.49
In der Sekundarschule kam Crottogini durch einen Lehrer zum ersten Mal mit der Missionsgesellschaft Bethlehem (Societas Missionum Exterarum de Bethlehem in Helvetia)50 (SMB) in Kontakt. Anton, der Sohn eines Lehrers, war als Missionar dieser Missionsgesellschaft in China eingesetzt. Sein Vater berichtete oft und ausführlich von den Tätigkeiten des Sohnes, die die Phantasie der Kinder anregten:
„Im Klassenzimmer hing eine grosse Karte von China. Mit Fähnchen war darauf markiert, wo die einzelnen Missionare aus der Schweiz im Einsatz standen. Der ‚Täta‘ las uns jeden Brief vor, den er […] aus der Mandschurei erhielt. Damals tyrannisierten plündernde Räuberbanden die Bevölkerung dieses nördlichen Landstrichs Chinas. Die dramatischen Berichte aus der Mandschurei faszinierten mich. Sie weckten in mir den Wunsch nach einem ebenso abenteuerlichen Missionarsleben wie jenes von Pater Anton. Im zweiten Sekundarschuljahr erreichte uns die Meldung, Pater Toni sei von einem Banditen erschossen worden. Diese Nachricht hat uns alle erschüttert.“51
Crottogini war dennoch beeindruckt:
„[U]nd ich habe dann […] gedacht, ja, das wäre auch noch glatt einmal [etwas für mich; J. S.] so als Missionar da in China unten, wo es diese Räuberbanden gibt, die aufeinander losgehen. [S]o eine richtige Romantik habe ich mir gepflegt. Dann habe ich dann mal, schüchtern, ich sagte niemandem was, meinen Religionslehrer gefragt, der uns Kirchengeschichte lehrte, was muss man denn machen, wenn man Missionar werden will. Dann sagte er: ‚Dann geht man nach Bethlehem‘, da dachte ich ‚Ohalätz, jetzt muss ich noch auf Palästina‘“52.
Das Missverständnis ließ sich klären, sodass er nicht nach Palästina reiste, sondern an das etwa 120 km entfernte Gymnasium Bethlehem der SMB in Immensee wechselte.53 Ab 1934 war Crottogini dort als Internatsschüler untergebracht. „Die Ausbildung [zum Missionar; J. S.] […] beginnt schon am ersten Tage der Gymnasialjahre, wo der Knabe, beseelt vom Wunsche, Missionar zu werden, den ersten Schritt auf dem langen Weg tut, der ihn zum Primizaltar führen soll“54. Die strenge Internatsordnung mit all ihren Auflagen wie tägliche Messbesuche, Meditationen und Gebete waren Crottogini lästig, aber er betrachtete sie als unabdingbare Voraussetzungen für die angestrebte Missionstätigkeit.55 Er hielt an seinem Wunsch fest, Missionar zu werden.
Ein Jahr früher als nötig besuchte Crottogini schon 1938 mit einem Großteil seiner Klasse die Rekrutenschule56 in Zürich, um sich anschließend – so zumindest der Plan – auf die Maturaprüfungen konzentrieren zu können. Aber der Plan ging nicht auf: Mit Beginn des Zweiten Weltkrieges verlängerte sich der Aktivdienst bis Ende des Jahres 1939. Zu den schriftlichen Prüfungen im Frühling 1940 konnten die Schüler antreten, doch unmittelbar danach kam es im Mai 1940 zur Totalmobilmachung und die Schüler mussten zurück in den Aktivdienst. Die mündlichen Prüfungen entfielen, die Schüler bekamen die Zeugnisse mit der Post.57
1.2 Noviziat und Studium (1940–1954)
Noch im selben Jahr trat Crottogini in das Noviziat58 bei der SMB im Bruder-Klausen Seminar, dem Ausbildungsseminar der SMB, in Schöneck ein.59 Für sein Noviziat beantragte er ein Jahr Urlaub vom Aktivdienst.60 Das Noviziat wurde dennoch zweimal durch längere Mobilmachungsaufgebote unterbrochen. Im darauffolgenden Jahr, am 23. September 1941, wurde er zur ersten Promissio zugelassen.61 Aufgrund seiner Abwesenheiten hatte Crottogini allerdings im Probejahr „[s]pirituell […] wenig mitbekommen.“62 In den vorgesehenen zwei Jahren des Philosophiestudiums versuchte er seine spirituellen Defizite wieder auszugleichen. Vor allem Prof. Gebhard Frei SMB beeindruckte Crottogini sehr, wenn er die Studenten „mit den verschiedensten, spannenden Denkmodellen zeitgenössischer Dichter, Philosophen, Psychologen und Schriftstellern“63 konfrontierte.64 Auch an den nüchternen Vorlesungen seines Professors für Naturphilosophie fand der junge Student Gefallen.65
An das Philosophiestudium schloss sich ein vierjähriges Theologiestudium an. Seine Professoren, viele unter ihnen waren aus Hitler-Deutschland geflohene Jesuiten66,