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Die Gilde der Seelenlosen. Eckhard Bausch
Читать онлайн.Название Die Gilde der Seelenlosen
Год выпуска 0
isbn 9783947721238
Автор произведения Eckhard Bausch
Жанр Языкознание
Серия Die Dunstein-Chroniken
Издательство Bookwire
Mit einem Satz schwang sich der schwarz gekleidete Mann aus dem Sattel und landete federnd auf dem Boden. Wortlos setzte er sich in Richtung des Eisgrafen in Bewegung. Septimor spürte körperlich die Bedrohung, die von dem Fremden ausging. Unwillkürlich, ohne sich dessen überhaupt bewusst zu werden, setzte er den „vernichtenden Blick“ ein. Die wabernde Blase erfasste den Fremden, erlosch aber sogleich wieder. Der schwarzhaarige Mann setzte seinen Weg unbeirrt fort.
Septimors Hand krampfte sich um den Schwertgriff an seiner Seite, obwohl er bereits ahnte, dass auch diese Waffe der unheimlichen Gestalt keinen Einhalt gebieten konnte. Dann lösten sich jedoch schlagartig die feurigen Augen vom Gesicht des Eisgrafen und schauten nun in eine andere Richtung. Der Fremde schritt unmittelbar an Septimor vorbei, durch eine eingefallene Bresche im Verteidigungswall des Innenhofs zu den Überresten eines dahinter gelegenen Gebäudes. Der Eisgraf folgte ihm mit seinen Blicken und erstarrte. Zwischen den breiten Pfosten einer ehemaligen Türöffnung stand eine riesenhafte Gestalt in einer goldenen Rüstung.
„Halt!“, dröhnte die Stimme des goldenen Ritters. „Keinen Schritt weiter!“
Der Fremde blieb abrupt stehen, als sei er gegen eine unsichtbare Wand gelaufen. Der Ritter mit der goldenen Rüstung trat zwei Schritte zur Seite und öffnete seine zur Faust geballte Hand. Sie hatte einen kleinen Metallwürfel umschlossen, aus dem ein kurzer Stift herausragte. Nun legte er diesen Würfel auf den Sockel einer abgebrochenen Säule und ging anschließend mehrere Schritte rückwärts.
Das Feuer in den Augen des Schwarzhaarigen loderte beim Anblick des seltsamen Gegenstandes noch stärker auf. Wie von einem Zwang getrieben trat er an den Würfel heran und griff danach. Das war der Augenblick, in dem er den Mann mit der goldenen Rüstung nicht im Blick behalten konnte. Der Ritter riss mit einer kaum wahrnehmbaren Bewegung sein riesiges, reich verziertes Schwert aus der Scheide, holte blitzartig aus und ließ es auf den Fremden herabsausen. Noch bevor die Klinge den Schwarzgekleideten berührte, schien sie sich in eine Flammenzunge zu verwandeln. Als sie auftraf, wurde sie von einem Mantel hüpfender Funken eingehüllt.
„Jetzt, Septimor!“, donnerte die Stimme des Ritters mit der goldenen Rüstung.
Der Eisgraf hatte sofort begriffen, was von ihm erwartet wurde. Ein leichtes Prickeln breitete sich in seinem Genick aus, während er von seiner besonderen Gabe erneut Gebrauch machte. Eine wabernde Blase erstickte die tanzenden Funken schlagartig. Dieses Mal entfaltete der „vernichtende Blick“ tatsächlich seine vernichtende Wirkung. Als die Blase in sich zusammenfiel, verschwand auch der unheimliche Fremde. Ein wenig Staub rieselte vor dem Sockel der abgebrochenen Säule zu Boden. Der goldene Ritter schritt achtlos über den verwehenden Staub hinweg, ergriff den eigenartigen Metallwürfel und ließ ihn wieder in dem Panzerhandschuh verschwinden, der seine mächtige Faust umschloss.
Dann sagte er zu Septimor: „Du hast den letzten Eisbaum Gatyas gerettet, vorläufig. Das Wesen, das du getötet hast, gehörte zur Gilde der Seelenlosen. Es war jedoch noch unfertig. Der Seelenlose hingegen, der den Eisbaum von Orondinur vernichtet hat, kann nicht mehr besiegt werden. Dennoch müssen wir den Kampf fortsetzen, wenn wir uns nicht feige in unser Schicksal ergeben wollen. Gehe nach Rabenstein und sage Unitor, dass er sofort seinen Eisbaum in Drinh aufsuchen soll. Die Gilde der Seelenlosen wird versuchen, auch diesen Baum zu zerstören. Helfe Unitor, ihn zu verteidigen! Mit dem Schwert von Umbursk könnt ihr den Feind besiegen, solange er den Baum noch nicht erreicht hat.“
Septimor erkannte schon an der Stimme, die keinen Widerspruch duldete, dass es keines weiteren Wortes bedurfte. Obgleich ihn bohrende Fragen beschäftigten, hob er die Hand für einen kurzen Abschiedsgruß. Er ahnte, dass er den Mann mit der goldenen Rüstung wiedersehen würde. Und ebenso ahnte er, dass er ihm zuvor schon einmal begegnet war, wenngleich auch in anderer Gestalt.
Der Eisgraf wandte sich ab und ging zu seinem Pferd, das auf einer nahegelegenen Wiese friedlich graste. Er musste schnellstens Rabenstein erreichen, um den Tod eines weiteren Eisbaums zu verhindern. Während er in der Ferne verschwand, begab sich der Ritter mit der goldenen Rüstung zu dem geretteten Eisbaum.
„Das Geflecht der alten Wesenheiten muss sofort den Krieg gegen seine Beschützer und Verbündeten einstellen“, verlangte er. „Andernfalls wird die Gilde der Seelenlosen alles, was auf die Schöpfer hindeutet, vom Angesicht dieser Welt tilgen. Sorge dafür, dass diese Kunde alle erreicht, die hiervon betroffen sind. Es gibt bereits einen Seelenlosen, der zum Seelenträger geworden und im Kampf selbst mit meiner Hilfe nicht mehr zu besiegen ist.“
Anschließend lief er zu dem rabenschwarzen Pferd des Seelenlosen, das immer noch wie angewurzelt an der gleichen Stelle stand, wo sein getöteter Besitzer es abgestellt hatte. Er schwang sich auf den Rücken des Rappen. Ohne den geringsten Widerstand gehorchte das Pferd seinem neuen Besitzer. Dessen eigenes Pferd schloss sich ihnen wenig später an. Der goldene Ritter ritt einige Meilen in westlicher Richtung. Dann wendete er nach Süden ab und ließ ein paar Stunden später sein eigenes Pferd frei. So konnte er sicher sein, den Seelenträger, der ihn verfolgte, in die Irre zu führen. Er würde seine Spur verlieren und auch nicht nach Bregunzides reiten.
*
Sicherlich entsprang die Entscheidung, den „Elefantenbuckel“ zu erklimmen, einem Gefühl der Hilflosigkeit. Von dieser Anhöhe am nordöstlichen Zipfel der Ebene von Pleeth hatte man einen der am weitesten reichenden Panoramablicke auf dem gesamten Kontinent. Dennoch durfte die kleine Gruppe natürlich nicht die Hoffnung hegen, das fieberhaft gesuchte Gefährt zu sichten. Außer Chrinodilh wusste niemand, wie die Nachricht übermittelt worden war. Trotzdem zweifelte keine der vier anderen Personen ernsthaft daran, dass sie zutraf. Eine Flotte des Hafenmeisters von Dukhul hatte das Schiff des Freibeuters Jalbik Gisildawain auf seinem Weg durch die Straße von Ludoi zum Anlanden gezwungen. Danach verlor sich die Spur der Kutsche mit der Ovaria in Sindra.
Dass selbst Larradana, von der die Mitteilung stammte, über den Aufenthaltsort der „Schlummernden“ nichts Näheres wusste, gab Chrinodilh zu denken. Noch bedenklicher erschien ihr aber die Tatsache, dass sich die Weiße Frau an der Suche nicht beteiligte, sondern stattdessen in Zitaxon ausharrte, um den Hochkönig zu beschützen. Es musste sich schon um äußerst gefährliche Bedrohungen handeln, wenn die Mutter der Pylax glaubte, in der Hauptstadt unentbehrlich zu sein.
Ilyris ging unruhig auf und ab und ließ dabei ihr Schwert kreisen. Sestor schliff die Schneide seines Dolches nach. Wie immer hingen dabei seine schwarzen Haare herab, sodass sein Gesicht nicht zu erkennen war. Ilkir schnitzte am Federkiel eines Pfeiles, und Chrinodilh stand am Kuppenrand des Elefantenbuckels. Sie wippte auf den Fußspitzen und versuchte anscheinend, über den Horizont hinauszusehen. Tergald lag lang ausgestreckt am Boden und hatte die Augen geschlossen.
„Es muss doch eine Möglichkeit geben, die Kutsche aufzuspüren“, sinnierte Ilyris.
„In vielen Teilen Sindras gibt es unwegsame Waldgebiete, wo man sich lange versteckt halten kann, ohne entdeckt zu werden“, meinte Sestor.
„Die Gilde der Seelenlosen ist bereits unterwegs.“ Die Stimme Chrinodilhs klang düster und überhaupt nicht kindlich. „Das Geflecht der alten Wesenheiten wurde aufgeschreckt. Ganz Sindra sucht nach der Ovaria. Sie wird gefunden werden. Leider aber nicht von einfachen Menschen.“
Stille trat ein. Dann öffnete Tergald die Augen und setzte sich auf.
„Im Buch der Vorzeit gibt es eine Geschichte, die von der Prophezeiung eines Mannes namens Brigaltio handelt“, berichtete er. „Brigaltio lebte zur Zeit der frühen Hochkönige. Mir ist eine Stelle seiner Prophezeiung wörtlich in Erinnerung geblieben. Sie lautet: „Durch die Unterdrückung der Menschen säen die Hochkönige den Hass. Der Widerstand wird sich an einer