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Die Gilde der Seelenlosen. Eckhard Bausch
Читать онлайн.Название Die Gilde der Seelenlosen
Год выпуска 0
isbn 9783947721238
Автор произведения Eckhard Bausch
Жанр Языкознание
Серия Die Dunstein-Chroniken
Издательство Bookwire
Zwei der obesischen Soldaten aus Gladunos versuchten, über die Landungsbrücke ans Festland zu fliehen. Sofort setzte ein Hagel von Brandpfeilen aus dem nahe gelegenen Wald ein. Dort hatten sich Reitersoldaten des Hafenmeisters von Dukhul verschanzt, die inzwischen die Anlegestelle des fremden Schiffes erreicht hatten. Von Pfeilen durchsiebt brachen die beiden Obesier noch auf der Holzbrücke zusammen. Unterdessen dauerte der Beschuss durch die Katapulte der sindrischen Kriegsschiffe mit unverminderter Heftigkeit an. Die brennende Galeere begann zu sinken. Die Rauchfahne, die wie ein letztes Signal aus dem zerfetzten Schiff des Freibeuters von Borgoi aufstieg, konnte Tornantha nicht mehr sehen. Die sindrische Karavelle hatte längst Kurs auf Dukhul genommen.
*
Mit weit aufgerissenen Augen stierte Schaddoch gleichermaßen fassungslos und ungläubig auf die Trümmer einer steinernen Truhe, die er bis dahin für unzerstörbar gehalten hatte.
„Das war ein Fehler“, stellte Larradana nüchtern fest.
Aus den fragenden Blicken Yxistradojns und Schaddochs konnte die Weiße Frau entnehmen, dass die beiden Männer nicht begriffen, was sie meinte.
„Wo hätte ich die Dunsteine sonst verstecken sollen?“, fragte der Baron aufgebracht.
„Das war nicht als Vorwurf gedacht“, klärte Larradana ihn auf. „Ich habe nicht das Versteck gemeint. Der Dieb hat eine Spur hinterlassen, ohne die ich nie auf ihn gekommen wäre.“
Aus ihrer Stimme sprach jedoch keine Genugtuung. Zuerst hatte die Replica ein Gefühl von Wut empfunden. Dieses schlug aber sehr schnell in Trauer und Verzweiflung um. Ihr wurde klar, dass ihr genau die Entscheidung bevorstand, vor der sie sich ihr gesamtes, unglaublich langes Leben gefürchtet hatte.
Yxistradojn spürte ihre Stimmung. Aber er wusste zu wenig, um die Hintergründe begreifen und sie trösten zu können.
„Möchtest du uns aufklären?“ In der Stimme des Hochkönigs lag kein Tadel und keine Forderung. Es handelte sich um eine schlichte Bitte. Larradana erkannte dies sofort. Sie nahm Yxistradojn an der Hand, um ihn zur Tür zu führen. Dann hielt sie kurz inne und ergriff auch die Hand Schaddochs.
„Wir müssen zurück nach Zitaxon“, erklärte sie.
Wenig später verließen sie den Palast von Doinat, in dem Yxistradojn als Statthalter residiert hatte, bevor er sich als neuer Hochkönig gezwungen sah, in die ungeliebte Hauptstadt überzusiedeln. Jedes Mal, wenn er den idyllischen Ort am Zusammenfluss der beiden großen Ströme verlassen musste, hatte er das Gefühl, dass sein Herz zurückblieb.
In Zitaxon angekommen, wussten die beiden Männer schon nach kurzer Zeit, wo das Ziel der Weißen Frau lag. Gleich einer aus Stein errichteten Warnung vor dem Betreten einer anderen Welt überragte das mächtige, aus fünf Kuppeln bestehende Gebäude über der Gruft von Kostondio dem schaurigsten Vorort der uralten Metropole. Das Ziel Larradanas lag dieses Mal aber nicht innerhalb der Gruft, sondern daneben. Sie ging auf dem schmalen Kiesweg voran, der seitlich eng an den Kuppeln vorbeiführte, und dem Hochkönig und seinen jeweiligen Begleitern vorbehalten sein sollte. So gelangten sie zu der weltberühmten Statue „Die Kämpfenden“. Der Anblick des rätselhaften Werkes, dessen Herkunft niemand kannte, erschütterte jede der drei Personen gleichermaßen.
Yxistradojn und Schaddoch hatten „Die Kämpfenden“ zuletzt in einer Pose gesehen, die den Angriff eines vorgeschichtlichen Kriegers auf einen Kontrahenten darstellte. Als Larradana zuletzt diesen Ort verließ, hing dort auch noch Dorothon in der Luft. Jetzt lag einer der Krieger am Boden, den zur Abwehr erhobenen Schild immer noch hochgereckt. Der Angreifer hatte ebenfalls eine völlig andere Haltung eingenommen. Er führte nunmehr das Schwert mit beiden Händen in dem Versuch, seinem Gegner endgültig den Todesstoß zu versetzen. Dorothon war verschwunden.
Trotz ihrer Bewegungslosigkeit strahlte die Statue jene sonderbare Lebendigkeit aus, die sie weltberühmt gemacht hatte. Aber nicht die dieser Szenerie merkwürdigerweise innewohnende Vitalität löste die Bestürzung der beiden Männer aus. Stattdessen fragten sie sich, wie es zu dieser grundlegenden Veränderung der Darstellung kommen konnte.
Bei Larradana keimte sogar Entsetzen auf, obwohl sie bereits mit diesem Anblick gerechnet hatte. An die veränderte Körperhaltung der Kämpfenden verschwendete sie dabei keinen einzigen Gedanken. Sie vermisste vielmehr die Veränderung, die sie selbst herbeigeführt hatte: Dorothon.
Der Weiße Mann hatte einen Fehler begangen, der sie auf seine Spur gebracht hatte. Unter den Lebenden wäre niemand außer ihm, Tholulh und Chrinodilh in der Lage gewesen, Schaddochs Steintruhe mit einem einzigen Schlag zu zertrümmern.
Larradanas eigener Fehler wog aber noch viel schwerer. Nun rächte sich ihre Unbekümmertheit. Sie hielt es immer noch für richtig, dass sie Dorothon nicht getötet hatte. Aber seine Söhne hätte sie nicht verschonen dürfen! Es stand außer Frage, dass einer der Bewacher der Gruft den Weißen Mann aus seinem Gefängnis befreit hatte. Und sie wusste auch, was dies bedeutete.
„Schredostes zu retten war einfach“, sagte sie und ergriff beide Hände des Hochkönigs. „Ich werde alles tun, um auch dich zu retten. Aber voraussichtlich werde ich dieses Mal scheitern. Bitte vergib mir!“
„Lasst uns die Dunsteine suchen!“, verlangte Baron Schaddoch in der Hoffnung, dass wichtige Aufgaben manchmal das beste Mittel sind, um trübselige Gedanken zu verscheuchen.
*
Einst gehörte er einer unbesiegbaren Kriegerkaste an. Er konnte sich schneller bewegen als das menschliche Auge zu sehen vermochte. Die eisigen Winter des Nordens hatten ihn noch stärker gemacht. Auch die Kälte konnte ihm inzwischen nichts mehr anhaben. Aber nun sah er sich einem Gegner gegenüber, gegen den all seine Fähigkeiten versagten. Schützend stellte er sich vor die zierliche Frau, die ihn schon längst nicht mehr nur als Leibwächter betrachtete, sondern als Freund. Schmerzlich wurde ihm bewusst, dass er nichts gegen den Mann ausrichten konnte, der auf rätselhafte Weise die verschlossene Tür geöffnet hatte.
Als der Fremde über die Schwelle trat, musste er sich ducken, um nicht mit dem Kopf gegen den Türsturz zu stoßen. Anschließend richtete er sich wieder zu seiner vollen Größe auf. Obgleich er statt seines Jahrtausende alten Gewandes und der silbernen Mitra einen Mantel aus Bärenfell und eine Pelzmütze trug, konnte er den Pylax nicht über seine wahre Herkunft täuschen. Seine Größe, die gelben Augen und die sensenartige Waffe in seiner Rechten verrieten ihn.
„Gegen ihn kann ich Euch nicht schützen, Herrin“, flüsterte Argo a Narga. „Ihr müsst Eure Gabe einsetzen.“ Der Fremde breitete die Arme aus, um den Pylax und die Frau zu beschwichtigen. Angesichts der Salastra in seiner Hand wirkte diese Geste jedoch eher bedrohlich.
„Dazu besteht kein Anlass.“ Die Stimme hörte sich an wie ein hartes Sägeblatt, das weicheres Metall durchtrennt. „Ich bin hier, um Euch zu helfen.“
Duotora schob sich an Argo a Narga vorbei.
„Wer seid Ihr, und was wollt Ihr?“, verlangte sie zu wissen.
„Mein Name ist Truchulzk“, antwortete der Bewacher der Gruft mit seiner misstönenden Stimme. „Ich möchte Euch nach Hause bringen. Nur dort seid Ihr und der künftige Hochkönig vorläufig in Sicherheit.“
„Mein Zuhause ist hier“, stellte die Eisgräfin klar. „Mein Sohn wird nie Hochkönig von Sindra sein. Ich habe zugunsten von Yxistradojn auf den Thron verzichtet, und diese Entscheidung war richtig und endgültig.“
Truchulzk schüttelte energisch den Kopf und widersprach: „Es sind Dinge geschehen, die alle einmal getroffenen Entscheidungen in Frage stellen. Eine Walze der Zerstörung wurde ausgelöst. Die Gilde der Seelenlosen ist ausgezogen, um das Geflecht der alten Wesenheiten vom Angesicht der Erde zu tilgen. Diese Bedrohung betrifft auch Euren Eisbaum und mich. Auch wir sind Teil des Geflechts der alten Wesenheiten. Der Eisbaum wird bereits in den nächsten Stunden vernichtet werden.“ Plötzlich beugte der Bewacher der Gruft sein Knie und senkte demütig seinen Kopf. Diese Zeichen der Unterwürfigkeit galten jedoch