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echt, können wir nicht hier bleiben und fernsehen?“, fragte Julia.

      „Kommt nicht infrage. Etwas frische Luft wird euch nicht schaden. Auf geht’s!“, erwiderten die Eltern und schoben die beiden zur Tür.

      Im nahen Wald musste Apollo an der Leine laufen, was er gar nicht mochte. Er hatte die Nase immer am Boden. Roch es hier nicht nach Hase?

      Plötzlich rief Julia, die vorauslief: „Max, schau mal, hier liegt ein Osterei!“

      „Tatsächlich! Lass uns gucken, ob wir noch mehr finden.“

      Aufmerksam sahen sie sich am Wegesrand um. Und wirklich: Sie fanden hier ein Nugatei auf einem Baumstamm, dort ein Marzipanei in einer Astgabel und sogar bunt gefärbte Hühnereier in Reisignestern. Bald mussten sie ihre Schätze in Mamas Handtasche stecken, weil in ihren Jackentaschen kein Platz mehr war.

      Als sie den Wald verließen, hatten sie viel mehr Eier als in den letzten Jahren gefunden, freuten sich und hopsten fröhlich umher.

      Der kleine Osterhase saß vergnügt hinter einem Baumstumpf und schaute den Kindern nach. Apollo witterte ihn und sah zu ihm hin. Wütend, weil er angeleint war, kläffte er laut. Felix zeigte ihm eine lange Nase und hüpfte davon, bevor die Menschen ihn bemerkten.

      In den folgenden Jahren durfte Apollo nie am Ostermorgen in den Garten und Felix konnte die Eier von Julia und Max ungestört verstecken.

      Sue Hiegemann, geb. 1969 in Leverkusen, wohnt mit ihrer Familie und vielen Tieren auf einem Vierseiten-Bauernhof im schönen Leipziger Neuseenland. Sie schreibt Geschichten für Kinder und Erwachsene sowie gelegentlich Beiträge für den Lokalteil der Leipziger Volkszeitung. Einige Kurzgeschichten wurden bereits in Anthologien veröffentlicht.

      *

      Kleiner Eisbär mit großem Mut

      Ungeduldig hopst Snusel der kleine Eisbär von einem Fuß auf den anderen. Ach, wenn es doch endlich losginge! Papa Bär will ihn heute mit auf die Jagd nehmen. Zum allerersten Mal. Mama Bär kann leider nicht mitkommen. Sie muss sich um seinen kleinen Bruder kümmern. Der ist noch ein Baby und hat die ganze Nacht geweint. Aber das macht nichts. Babys haben auf der Jagd eh nichts verloren.

      „Und bringt einen leckeren Fisch mit“, ruft Mama Bär ihnen hinterher.

      Dann stampfen Papa Bär und Snusel den Schneepfad entlang. Der Korb auf Snusels Rücken schaukelt hin und her. „Lass uns laufen!“, ruft Snusel und flitzt davon. Er rennt schneller und schneller. Aber Papa Bär hat ihn bald überholt. Snusel braucht eine kleine Pause. „Ich kann nicht mehr“, schnauft er.

      Papa Bär lacht, und streicht ihm über das weiche Fell. „Siehst du dahinten die Eisscholle?“, fragt Papa Bär. „Das ist ein guter Platz zum Angeln. Lass uns rüber gehen.“

      Papa Bär läuft vor. Doch oh weh! Was ist das? Plötzlich knackt und rumpelt es. Laut krachend bricht die Eisscholle in zwei Teile. Papa Bär kann sich gerade noch rechtzeitig festhalten.

      „Papa, Papa!“, ruft Snusel aufgeregt. „Ist dir etwas passiert?“

      „Hm“, grunzt Papa Bär und hält sich seinen schmerzenden Fuß. „Ich glaube ich habe mir den Fuß verstaucht. Du bist doch schon mein großer Junge“, sagt Papa Bär liebevoll. „Du musst jetzt tapfer sein und Hilfe holen. Schaffst du das?“

      Snusel nickt. Ohne zu zögern, läuft er los. Auf halben Weg dreht er sich um und ruft Papa Bär zu: „Papa, ich schaff das schon, mach dir keine Sorgen!“

      Doch ihm ist ganz schön mulmig im Bauch. Bis zur nächsten Wegkreuzung ist es nicht weit. Er bleibt stehen. Ratlos schaut Snusel sich um. Die Wege sehen alle gleich aus. Woher soll Snusel wissen, welcher Weg nach Hause führt?

      Plötzlich hört Snusel hinter sich ein Geräusch. Ängstlich bleibt er stehen. Doch es ist nur ein Polarhase, der aus einem Gebüsch schlüpft. „Wer bist du denn?“, fragt Snusel neugierig?

      „Ich bin Hoppli, ich habe mich hier versteckt. Der Schneepflug ist nämlich im Anmarsch“, sagt Hoppli aufgeregt. „Und ich habe Angst um meine schönen Ostereier.“

      Erst jetzt bemerkt Snusel die vielen bunten Eier, die sorgfältig mit Moos umhüllt, in einem Weidenkorb liegen. „Du bist der Osterhase!“, stellt Snusel erstaunt fest.

      „Ja“, Hoppli nickt. „Und ich bin schon verdammt spät dran mit dem Eierausteilen. Alles nur wegen des blöden Schneepflugs. Die Kinder warten sicher schon ungeduldig“, jammert Hoppli.

      Snusel lauscht in den Wald. Jetzt hört er es auch. Das Poltern und Rattern kommt immer näher. Eine riesige gelbe Schaufel schiebt sich durch die Eislandschaft.

      Neugierig schaut Snusel zu, wie der Schnee an die Seite gedrückt wird. Das sieht aus wie eine Rodelbahn. Denkt Snusel belustigt und das bringt ihn auf eine Idee. „Los komm!“, ruft Snusel und rennt auf die Piste zu.

      „Was hast du vor?“, fragt Hoppli verwundert.

      „Das wirst du gleich sehen“, antwortet Snusel. Er greift nach dem Korb, reicht Hoppli die Hand und zieht ihn mit sich. „Jetzt zeig ich dir, wie schnell wir ins Tal kommen“, sagt Snusel. Er setzt sich auf das kalte Eis und hebt Hoppli samt Korb auf seinen Schoss. „Bitte anschnallen“, ruft Snusel übermütig, und dann zischen sie los. Blitzschnell rutschen sie die Piste hinunter. Unterwegs müssen sie ein paar Pinguinen ausweichen, die ihren Schlitten ziehen.

      „Vorsicht! Vor uns die Bäume!“, schreit Hoppli ängstlich.

      Erschreckt bremst Snusel mit den Füßen ab. Brennende Funken sprühen in die Luft. Haarscharf lenkt Snusel sie an den Baumgruppen vorbei. Schnee spritzt, eine Schneelawine erfasst Snusel, und er gerät ins Straucheln. Snusel verliert das Gleichgewicht und kugelt den Abhang hinunter. Im tiefen, weißen Schnee kommt er zum Stehen.

      Vorsichtig wischt Snusel sich den Schnee aus den Augen und schüttelt sein Fell aus. Wo ist Hoppli? Besorgt schaut er sich um. „Hoppli, Hoppli!“, ruft er laut. Doch er bekommt keine Antwort. Snusel hebt ein paar Zweige von einem Gebüsch hoch, er durchwühlt Schneehaufen und durchsucht kleine Baumhöhlen. Doch von Hoppli keine Spur. Auch der Korb mit den Ostereiern ist verschwunden. Nur ein rotes und ein gelbes Ei liegen verlassen im weißen Schnee.

      Langsam bekommt Snusel Angst. Wo kann Hoppli nur sein? Was, wenn Hoppli etwas zugestoßen ist? Er rennt tiefer in den Wald hinein, bis er auf eine Baumhütte stößt.

      Plötzlich fällt ein dunkler Schatten auf Snusel. „Was machst du hier?“, fragt eine tiefe Stimme hinter ihm.

      Vorsichtig dreht Snusel seinen Kopf und schaut in die Augen eines großen Walrosses. Entsetzt hopst er einen Schritt zurück. „Ähäm, ich brauche Hilfe“, stottert Snusel. „Mein Papa hat sich den Fuß verstaucht.“

      Das Walross blickt ihn böse an. „Und warum kommst du da zu mir?“, fragt es mürrisch.

      „Ähäm, weil du ein starkes Walross bist“, erklärt Snusel mutig. Doch sein Herz klopft wie wild.

      „So, so!“, murmelt das Walross und kratzt sich an seinen Barthaaren. Es ist sichtlich geschmeichelt. Nach einer kurzen Bedenkpause sagt er: „Meinetwegen! Ich helfe dir! Aber nur unter einer Bedingung!“, fordert das Walross.

      Snusel runzelt die Stirn. „Und die wäre?“

      „Zur Belohnung gebt ihr mir was von euren Fischen ab.“

      „Wenn es weiter nichts ist“, denkt Snusel erleichtert. „Papa hat bestimmt nichts dagegen.“ Snusel fällt ein dicker Stein vom Herzen. Er ist froh, dass er das Walross getroffen hat.

      „Komm herein und wärm dich auf. Ich muss noch ein paar Sachen zusammenpacken“, sagt das Walross und öffnet die Tür. In der Baumhütte ist es schön mollig warm. Mitten im Raum steht ein großer runder Tisch. Im Kamin lodert ein Feuer. Es duftet herrlich nach Holz und frischem Fisch.

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