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schneeigen Bergen die Heimkehr verhieß, und erwähnte dabei des gastfreien Hauses der Rhodopis.

      Psamtik ward unruhig, als er diesen Namen aussprechen hörte, Krösus äußerte den Wunsch, die greise Thracierin kennen zu lernen, von welcher ihm Aesop viel Rühmliches erzählt hatte, und als die Gäste, meistens bis zur Bewußtlosigkeit trunken, den Saal verließen, verabredeten sich der entthronte König, der Dichter, der Bildhauer und der spartanische Held, am folgenden Tage nach Naukratis zu fahren, um sich an den Gesprächen der Rhodopis zu erfreuen.

      Sechstes Kapitel

       Inhaltsverzeichnis

      Der König Amasis hatte sich nach dem beschriebenen Gastmahle kaum drei Stunden nächtlicher Ruhe gegönnt. Wie alle Tage, so weckten ihn auch heute beim ersten Hahnenschrei junge Priester aus dem Schlummer, wie alle Tage führten sie ihn in’s Bad, schmückten ihn mit dem königlichen Ornate und führten ihn zum Altar im Hofe des Schlosses, woselbst er vor den Augen des Volkes sein Opfer darbrachte, während der Oberpriester mit lauter Stimme Gebete sang, die Tugenden des Königs aufzählte und, um jeden Tadel von dem Haupte des Herrschers fern zu halten, seine schlechten Rathgeber für alle fluchwürdigen, in Unkenntnis begangenen Sünden verantwortlich machte.

      Darum warfen ihm die Priester vor, daß er ein unkönigliches Leben führe; er aber antwortete einst dem erzürnten Oberpriester: »Siehe diesen Bogen! Wenn Du ihn fortwährend anspannst, so wird er bald seine Kraft verlieren; benutzst Du ihn aber den halben Tag und gönnst ihm dann seine Ruhe, so bleibt er stark und brauchbar, bis die Sehne zerreißt.«

      Amasis, welcher, erfreut über die günstigen Berichte aus allen Theilen des Landes, den Eintretenden heiter bewillkommnet hatte, wurde plötzlich ernst und nachdenklich. Endlich rief er nach langem Zaudern: »Geh’ und sage dem Prinzen, er möge kommen!«

      Psamtik, wie immer bleich und düster, verneigte sich, als er die väterliche Schwelle überschritt, tief und ehrfurchtsvoll.

      Amasis dankte ihm durch einen schweigenden Wink; dann fragte er kurz und streng: »Was begehrst Du von mir? Meine Zeit ist gemessen.«

      »Absonderlich für Deinen Sohn,« antwortete mit zuckenden Lippen der Thronerbe. »Siebenmal habe ich Dich um die große Gunst ersuchen lassen, welche Du mir heute endlich gewährst.«

      »Keine Vorwürfe! Ich vermuthe den Grund Deines Kommens. Ich soll Dich in Betreff Deiner Zweifel über die Herkunft der Nitetis aufklären.«

      »Ich bin nicht neugierig und komme vielmehr, um Dich zu warnen und zu erinnern, daß außer mir noch ein Anderer lebt, welcher um dieses Geheimniß weiß!«

      »Phanes?«

      »Wer sonst? Er, der aus Ägypten und der eigenen Heimath Vertriebene, wird in wenigen Tagen Naukratis verlassen. Wer bürgt Dir dafür, daß er uns nicht an die Perser verräth?«

      »Die Güte und Freundschaft, welche ich ihm stets erwiesen habe.«

      »So glaubst Du an die Dankbarkeit der Menschen?«

      »Nein! aber ich vertraue meiner Fähigkeit, sie zu beurtheilen. Phanes wird uns nicht verraten! Ich wiederhole es, er ist mein Freund!«

      »Vielleicht Dein Freund, aber mein Todfeind!«

      »So hüte Dich vor ihm! Ich habe nichts von ihm zu fürchten.«

      »Du nicht, aber unsere Heimath! O bedenke Vater, daß, wenn ich Dir auch verhaßt sein mag als Dein Sohn, ich Dir dennoch als die Zukunft Ägyptens am Herzen liegen muß. Bedenke, daß nach Deinem Tode, den die Götter noch lange verhüten mögen, ich, wie Du es jetzt bist, die Gegenwart dieses herrlichen Landes darstellen werde, daß mein Sturz in Zukunft dasselbe bedeuten wird, wie der Fall Deines Hauses, wie der Untergang Aegyptens.«

      Amasis ward immer ernster, während Psamtik dringend fortfuhr: »Du wirst, Du mußt mir Recht geben! Dieser Phanes hat die Macht in Händen, jedem auswärtigen Feinde unser Land zu verrathen, denn er kennt es so gut wie ich und Du; in seiner Brust schlummert ferner ein Geheimniß, dessen Verrath unsern mächtigsten Freund zu unserem furchtbarsten Feinde machen könnte.«

      »Du irrst! Nitetis ist zwar nicht meine, aber dennoch die Tochter eines Königs und wird es verstehen, das Herz ihres Gatten zu gewinnen.«

      »Gibt es bessere Lehrer in der Redekunst, als Haß und Rache?« fragte Amasis mit schneidender Stimme. »Thörichter Sohn, glaubst Du denn, daß ich ein so gefährliches Spiel ohne reifliche Erwägung aller Umstände unternommen haben würde? Laß Phanes meinetwegen heute noch den Persern erzählen, was er nicht einmal weiß, was er nur ahnen, niemals aber beweisen kann. Ich der Vater und Ladice die Mutter müssen wohl am besten wissen, wer unser Kind sei. Wir Beide nennen Nitetis unsere Tochter; wer darf behaupten, sie sei es nicht? – Will Phanes die Schwächen unseres Landes einem anderen Feinde verrathen, wie den Persern, so möge er es thun; ich fürchte keinen! Willst Du mich auffordern, einen Mann, dem ich vielen Dank schulde, einen Freund, welcher mir zehn Jahre lang treulich diente, zu verderben, bevor er mich beleidigte, so sage ich Dir, daß ich, statt ihm Schaden zu thun, bereit bin, ihn vor Deiner Rache zu schützen, deren unlauteren Grund ich kenne.«

      »Mein Vater!«

      »Du möchtest diesen Mann verderben, weil er Dich verhindert hat, die Enkelin der Thracierin Rhodopis von Naukratis mit Gewalt an Dich zu bringen, weil ich ihn, als Du Dich für unfähig erwiesen, an Deiner Stelle zum Feldherrn ernannt habe. Du erbleichst? Wahrlich, ich bin Phanes dankbar, daß er mich von Deinen ruchlosen Plänen in Kenntniß setzte und mir dadurch Gelegenheit gab, die Stützen meines Thrones, denen Rhodopis theuer ist, immer fester an mich zu knüpfen.«

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