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dich, was du mir in der Kir­che sag­test und wie du mich mit Ge­walt in die­ses Haus ge­führt hast? Und nun, wie sprichst du zu mir! Wie emp­fängst du mich! O mein Gott, mein Gott! Wie du mir weh tust!«

      Er stampf­te wü­tend mit den Fü­ßen:

      »Ah, nun ge­nug! Ich kann dich kei­ne Mi­nu­te se­hen, ohne die­se ewi­ge Li­ta­nei mit an­zu­hö­ren. Das klingt ja so, als ob ich dich mit zwölf Jah­ren ver­führt hät­te und du un­schul­dig wä­rest wie ein En­gel. Nein, Liebs­te! Stel­len wir mal die Tat­sa­chen fest. Es war kei­ne Ver­füh­rung von Min­der­jäh­ri­gen. Du hast dich mir hin­ge­ge­ben in voll­stän­dig ver­stan­des­rei­fem Al­ter. Ich bin dir da­für sehr dank­bar, aber ich füh­le mich gar nicht ver­pflich­tet, bis zum Tode an dei­nen Rock ge­bun­den zu sein. Du hast einen Mann, ich eine Frau. Wir sind bei­de nicht frei. Wir sind ei­ner Lau­ne ge­folgt, ohne uns ge­gen­sei­tig gut zu ken­nen und nun ist es aus.«

      »Oh, wie du grau­sam bist,« sag­te sie, »wie bist du roh, wie bist du in­fam! Nein! Ich war kein jun­ges Mäd­chen mehr, doch ich habe nie ge­liebt, nie …«

      Er schnitt ihr das Wort ab:

      »Du hast es mir schon zwan­zig­mal wie­der­holt. Ich weiß es. Doch du hat­test zwei Kin­der… Ich habe dir also nicht die Un­schuld ge­raubt.«

      Mit ei­nem Ruck fuhr sie zu­rück:

      »O Ge­or­ges, wie un­wür­dig!«

      Sie press­te ihre bei­den Hän­de ge­gen die Brust und be­gann zu wei­nen und zu schluch­zen. Als er die Trä­nen flie­ßen sah, er­griff er sei­nen Hut, der auf der Ecke des Ka­mins lag:

      »Ach, du willst wei­nen! Dann gu­ten Abend. Du hast mich also nur für die­ses Thea­ter her­be­stellt?«

      Sie tat einen Schritt vor­wärts, um ihm den Weg ab­zu­schnei­den. Sie zog schnell ein Ta­schen­tuch her­aus und wisch­te sich mit hef­ti­ger Be­we­gung die Trä­nen ab. Sie spann­te ih­ren Wil­len an und sprach mit fes­te­rer Stim­me, un­ter­bro­chen von kur­z­em, schmerz­li­chem Auf­schluch­zen:

      »Nein, ich kam, um dir… um dir eine Neu­ig­keit mit­zu­tei­len … eine po­li­ti­sche Neu­ig­keit … um dir die Mög­lich­keit zu ge­ben, 50000 Fran­cs schnell zu ver­die­nen … viel­leicht so­gar mehr.«

      Er frag­te plötz­lich be­sänf­tigt:

      »Wie­so? Was willst du da­mit sa­gen?«

      »Ich habe ges­tern Abend zu­fäl­lig ei­ner Un­ter­re­dung zwi­schen Lar­oche-Ma­thieu und mei­nem Mann bei­ge­wohnt. Üb­ri­gens schie­nen sie sich vor mir nicht be­son­ders ge­niert zu ha­ben. Doch Wal­ter emp­fahl dem Mi­nis­ter, dich nicht ein­zu­wei­hen, da du wo­mög­lich al­les ver­öf­fent­li­chen wür­dest.«

      Du Roy leg­te sei­nen Hut auf einen Stuhl und war­te­te jetzt sehr ge­spannt.

      »Also worum han­delt es sich?«

      »Sie wol­len sich Marok­kos be­mäch­ti­gen!«

      »Ach was, ich habe mit Lar­oche ge­früh­stückt und er hat mir die Plä­ne der Re­gie­rung aus­ein­an­der­ge­setzt.«

      »Nein, mein Lieb­ling, es ist Schwin­del, sie ha­ben dich be­tro­gen, weil sie fürch­ten, dass man ihre Plä­ne durch­schaut.«

      »Setz’ dich«, sag­te Ge­or­ges.

      Und er setz­te sich selbst in einen Lehn­stuhl. Sie aber zog ein nied­ri­ges Ta­bu­rett her­an und ließ sich zwi­schen den Bei­nen des jun­gen Man­nes nie­der. Sie fuhr mit schmei­cheln­der Stim­me fort:

      »Da ich stets an dich den­ke, gebe ich auf al­les, was man um mich her­um flüs­tert, acht.«

      Dann be­gann sie ihm lang­sam zu er­klä­ren, wie sie ge­merkt hat­te, dass seit ei­ni­ger Zeit ohne sein Mit­wis­sen et­was vor­be­rei­tet wür­de und dass man sich sei­ner be­die­nen woll­te, ob­wohl man sei­ne Be­tei­li­gung am Ge­schäft fürch­te­te und ihn nicht ver­die­nen las­sen woll­te.

      Sie sprach:

      »Weißt du, wenn man liebt, wird man hin­ter­lis­tig.« Kurz, ges­tern hat­te sie al­les be­grif­fen. Es han­del­te sich um ein rich­ti­ges Ge­schäft, das im Stil­len vor­be­rei­tet wur­de. Sie lä­chel­te und freu­te sich über ihre Schlau­heit und Ge­wandt­heit. Sie wur­de auf­ge­regt, sie sprach als Gat­tin ei­nes Finan­ziers, die an Bör­sen­coups ge­wöhnt war, an das Schwan­ken der Wor­te, an den jä­hen Wech­sel zwi­schen Haus­se und Bais­se, der bin­nen zwei Stun­den Bör­sen­spe­ku­la­ti­on Tau­sen­de von klei­nen Bür­gern rui­niert und ih­rer letz­ten, in Fonds an­ge­leg­ten Er­spar­nis­se be­raubt, die von ge­ach­te­ten Finanz­leu­ten und Po­li­ti­kern ga­ran­tiert sind.

      Sie wie­der­hol­te:

      »Oh, es ist et­was Groß­ar­ti­ges, was sie da im Schil­de füh­ren. Es ist et­was sehr Gro­ßes. Üb­ri­gens hat Wal­ter das al­les ein­ge­lei­tet; er ver­steht das. Es ist ein Bom­ben­ge­schäft.«

      Er wur­de un­ge­dul­dig über die lan­ge Vor­re­de:

      »Los, wei­ter! Sag’ schnell!«

      »Also höre zu. Die Tan­ger­ex­pe­di­ti­on war zwi­schen ih­nen be­schlos­sen, schon seit dem Tage, wo Lar­oche das Por­te­feuil­le des Aus­wär­ti­gen über­nom­men hat­te; nach und nach ha­ben sie die ma­rok­ka­ni­schen An­lei­hen auf­ge­kauft, die auf 65 bis 64 ge­fal­len wa­ren. Sie ha­ben es sehr ge­schickt auf­ge­kauft, durch Ver­mitt­lung un­ver­däch­ti­ger und klei­ner Agen­ten, die auf der Bör­se nicht wei­ter auf­ge­fal­len wa­ren. Sie ha­ben selbst die Roth­schilds ge­täuscht, die sich über die Nach­fra­ge nach Marok­ka­nern sehr wun­der­ten. Aber man nann­te ih­nen die Na­men der Zwi­schen­händ­ler, al­les un­be­deu­ten­de, zweit­klas­si­ge, meist ge­schei­ter­te Fir­men. Das hat die Groß­bank be­ru­higt. Und nun wird man die Ex­pe­di­ti­on un­ter­neh­men, und so­bald wir da un­ten Fuß ge­fasst ha­ben, ga­ran­tiert der fran­zö­si­sche Staat die Schul­den. Un­se­re Freun­de neh­men dann einen Ge­winn von fünf­zig bis sech­zig Mil­lio­nen Fran­cs mit. Du be­greifst nun, warum man vor al­ler Welt die ge­rings­te In­dis­kre­ti­on fürch­tet.«

      Sie lehn­te ih­ren Kopf ge­gen sei­ne Wes­te und leg­te die Arme auf sei­ne Knie; sie schmieg­te sich an ihn, denn sie wuss­te, jetzt hat­te sie sein In­ter­es­se ge­weckt. Für eine Lieb­ko­sung, für ein Lä­cheln, war sie nun be­reit, al­les zu tun, al­les zu be­ge­hen.

      »Bist du auch ganz si­cher?« frag­te er.

      »Oh, ich weiß es ganz ge­nau«, er­wi­der­te sie zu­ver­sicht­lich.

      Er er­klär­te dar­auf:

      »Es ist wirk­lich groß­ar­tig. Was aber die­sen Lump Lar­oche an­geht, den will ich am Kra­gen neh­men. Oh, die­ser Gau­ner! Er soll sich in acht neh­men … er soll sich in acht neh­men! … Er soll mir nur mit sei­nem Mi­nis­ter­ge­tue zwi­schen die Fin­ger kom­men!«

      Dann dach­te er nach und mur­mel­te:

      »Man müss­te da­von auch et­was pro­fi­tie­ren.«

      »Du kannst noch die An­lei­he kau­fen,« sag­te sie, »sie steht nur auf 72.«

      »Ich habe aber kein Geld flüs­sig«, er­wi­der­te er.

      Sie sah fle­hend zu ihm auf:

      »Ich habe schon dar­an ge­dacht, mein Kätz­chen; wenn du zu mir sehr nett wä­rest, wenn du mich ein biss­chen

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