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Die Legende vom Hermunduren. G. K. Grasse
Читать онлайн.Название Die Legende vom Hermunduren
Год выпуска 0
isbn 9783347036284
Автор произведения G. K. Grasse
Жанр Контркультура
Серия Die Legende vom Hermunduren
Издательство Readbox publishing GmbH
„Du machst mich neugierig…“ warf Lartius ein.
„Bisher versuchten wir unerkannt zum Kaiser zu gelangen… Wir wählten dann aber eine andere Vorgehensweise…“
„Pollio, auch dein Gefährte versuchte mich hinzuhalten… Komme zur Sache!“ Lartius schien ungehalten.
„Wir stellten uns in aller Öffentlichkeit! Kennst du den Diolkos?“
„Ich hörte einmal davon, weiß aber nicht, ob das eine erlogene Geschichte ist… “
„Den Diolkos gibt es! Selbst der große Kaiser Augustus nutzte einst den Weg übers Land, um mit seiner Flotte Markus Antonius und Cleopatra überraschen zu können… Ich kannte diesen Weg der Schiffe, weil ich in meiner Jugend genau dort lebte… Also nutzten wir mein Wissen… “
Pollio berichtete. Er sprach aus, was er erlebte, was seine Augen sahen und seine Ohren hörten…
Der Kopf der Adler hörte geduldig zu.
Dann, als Pollios letztes Wort verklungen war, hüllte sich der Aquila in ein langes Schweigen.
Pollio und Veturius spürten, dass sich ihr Schicksal entschied.
Glaubte Lartius die gesprochenen Worte, musste er einen Weg finden, der ein Ergreifen Pollios verhinderte. In Rom, vielleicht auch überall südlich des Rubikon, durfte sich Pollio nicht mehr blicken lassen…
Hielt der Aquila dagegen die Schilderung für übertrieben, dann machte er sich, daraus folgernd, weniger Sorgen um seinen Getreuen. Ein darauf aufbauender Leichtsinn könnte, unter diesen Umständen, aber unweigerlich zum Tod eines wertvollen Evocati führen…
Lartius war selbst lange genug ein Handelnder, um Gefahren einschätzen zu können. Auch über ihm hielt einst jemand eine schützende Hand… „Ich wusste, als ich dich beauftragte, dass du einen Weg finden würdest… Nur kannte ich den Grund nicht, der dir einst Neros Zorn einbrachte… Es waren deine soeben gehörten Worte, die mich darüber aufklärten. Du schwiegst darüber und führtest einen für dich ganz besonderen Auftrag aus, ohne dessen mögliche Folgen zu bedenken. Tigellinus kannte dich schon und er hasste dich… Es gibt nur Wenige, die diesen Hass bisher überlebten… Er wird dir die Schmach niemals vergeben! Auch dir nicht, Veturius!“
Wieder tauchte Lartius im Schweigen unter.
Sich besinnend, schickte er beide Evocati weg und verlangte, für den Folgetag, deren erneutes Erscheinen.
Der Verwalter erhielt den Auftrag, für die Versorgung der Männer und ein Nachtlager zu sorgen. Er zögerte, dem Befehl Lartius nachzukommen. Obwohl der Mann kein Wort sprach, wusste der Kopf der Adler, was sein Aquila aussprechen wollte.
Ein kurzes Schütteln mit dem Kopf reichte aus, um des Verwalters Bedenken zu zerstreuen. Lartius wusste, dass von diesen beiden Evocati keine Gefahr für ihn ausging. Er brauchte Zeit für einen Plan, der von Vernunft getragen war und Erfolg bringen musste. Weder der Senat, noch der Princeps sollten den geringsten Verdacht hegen…
Lartius war zu einer neuen Erkenntnis gelangt, in der sich viele Ereignisse verdichteten. Nicht nur Pollios Schilderung erlebter Gefahren, auch sein bisheriges Wissen über die Bestrebungen der Statthalter in der Germania oder die Botschaften der Gallier, auch des Senator Nerullinus vorgetragenen Bedenken und Ansichten, bewirkten das Aufkeimen von Misstrauen und gipfelten in der Vermutung, dass weder der Kaiser in Achaea, noch der Senat in Rom, die aufziehende Gefahr zu erkennen vermochten. Selbst wenn dort irgend eine Gefahr wahrgenommen werden würde, ergäbe sich kaum eine Erkenntnis zur vollständigen Bedrohung…
Vielleicht sah Nero den Aufstand der Juden als eine Gefahr, vielleicht erkannte er die generell existierende Bedrohung durch die Parther oder auch den Zusammenhang zwischen den Brüdern Scribonius und dem Senat… Immerhin hatte er selbst ihn nachdrücklich auf diese letztere Gefahr hingewiesen und auch die Wünsche der Gallier in den Brenntiegel der Zukunft geworfen…
Ein kluger Kaiser, ein Kaiser, der seine Macht erhalten wollte, musste selbst die Notwendigkeit des Abbruchs seiner Reise durch die Provinz erkennen und sich der politischen Lage dort stellen, wo er seine Machtmittel am Besten einsetzen konnte. Dieser Ort war Rom!
Doch nichts ließ darauf schließen, dass Nero seine Reise abbrach…
Es gab keine Nachricht des Princeps an ihn, die der Bedrohung vom Senat und den Brüdern Scribonius Rechnung trug, keine Hinweise zu den Aktivitäten in Gallien, außer der Forderung, für Augen und Ohren im Umfeld des Legat Valens und des Feldherrn Vespasian zu sorgen…
Lartius fühlte sich zu unbedeutend, als das er, ohne Stütze durch den Kaiser, Entscheidungen über die Zukunft des Imperiums treffen durfte. Dennoch gewann er die Einsicht, dass der Senat, aus eigenem Machtstreben, einen falschen Weg einschlug und der Kaiser lieber Kithara spielte, als seine Herrschaft zu festigen…
Der Kopf der Adler sah keinen anderen Weg, als seine begrenzten Möglichkeiten zum Einsatz zu bringen und vorerst auf Zeitgewinn zu spielen.
Des Kaisers Wille zur Beobachtung des Legat und des Feldherrn stellte für den Kopf der Adler keine Herausforderung dar. Was aber sollte sein Vorgehen, im Auftrag zur Ermordung des Legat Verginius Rufus, auszeichnen, wollte er selbst doch dessen Tod auf keinen Fall und konnte dennoch, dem Befehl zur Ermordung, kaum ausweichen… Sollte er den Kaiser aufmerksam machen?
Falls der Befehl vom Kaiser selbst kam, so ganz konnte Lartius dies nicht ausschließen, wäre das dann wohl seine letzte Anfrage an den Princeps… Alle seine Überlegungen mündeten immer wieder im Zwang zum Gewinn von Zeit.
Noch immer im Zustand des Abwägens seiner Entscheidungen, Pollio und sein Gefährte verbrachten inzwischen geduldige Tage und Nächte im Adlerhorst, traf zwei Tage später ein Bote aus Germanien ein.
Neue Nachrichten, in Form mehrerer Schreiben, alle von Tremorinus verfasst, brachten etwas mehr Licht in das Dunkel aller Bestrebungen.
Lartius erfuhr, dass sich der junge Hermundure zum neuen Statthalter der Provinz Lugdunensis aufgemacht hatte und auch, dass die Brüder Scribonius, als Statthalter in Germania, einen neuen Angriff auf den Legat Verginius Rufus anstrebten. Die Nachrichten seiner Evocati aus der Colonia und aus Mogontiacum aber bezeugten, dass seinen Männern nichts entging.
Letztlich stieß er auf das Ersuchen des Legat, seinen Obertribun Tremorinus behalten zu dürfen. Dieses Dokument entstammte dem Willen des Legat. Es trug dessen Siegel. Wusste Tremorinus, welcher Wunsch in diesem Dokument formuliert war?
Lartius befand, dass dies keinen Unterschied machte. Nun, dieses letzten Dokumentes würde er sich bedienen, wenn es ihm angenehm erschien…
Warum sollte er dies dem Kaiser in der Provinz zustellen? Womöglich entschloss sich ein verärgerter Nero, aus welchem Grund auch immer, für eine andere Vorgehensweise… Besser, er reichte den Antrag an den Princeps weiter, wenn er ihm in die Augen blicken konnte und in der Lage war, zuvor die Stimmung Neros zu erkunden…
Ein weiterer Tag und eine Nacht vergingen in Überlegungen, dann rief er den Boten aus Germania und befragte ihn zu den Schwierigkeiten einer winterlichen Reise und ob er diesen Weg auch anderen Evocati zutraute.
Der Gefragte zögerte nicht, versicherte, dass er zwar nicht die vorgeschriebenen Wege nutzte, aber dennoch einen Pfad gefunden hätte, der die gefahrlose Überquerung der Alpen, auch im Winter unter Schnee und Eis, ermöglichte. Er habe einen Wegekundigen verpflichtet, der ihn und seinen Gefährten am Rande der Berge erwarten würde. Nur sollte der Aufenthalt in Rom nicht über die Dauer eines Monates hinausgehen.
Mitunter staunte Lartius, wie sich schwierig erscheinende Sorgen in Wohlgefallen auflösten…