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mit den Entlassenen… “

      „War ich zu hart?“ fragte Vindex leise nach.

      „Das denke ich nicht!“ warf Belinarius ein und trank aus seinem Pokal. „Es ist nur mitunter so, dass auch ein heftiger Beginn in einer schmählichen Niederlage enden kann…“

      „Höre auf, du alte Unke!“ warnte Vindex. „Wir haben eine Pflicht zu erfüllen und gehen nicht auf ein Begräbnis! Sollen Umbrenus und seine Amtsträger die richtigen Männer erwählen. Dann werden wir uns das Haus dieser Provinz gemeinsam erbauen…“

      Faustus spürte die Zufriedenheit des Vaters. Ihm wurde bewusst, dass dies, seit dem die Bireme vor Lugdunum anlegte, zum ersten Mal geschah. „Vater, was hast du als Nächstes vor?“ fragte er in die entstandene Pause hinein.

      Sofort waren alle Blicke auf ihn gerichtet. In diesem Moment spürte er die Unterschiedlichkeit der Männer.

      Der Vater, an die ungebundene und direkte Art des Sohnes gewöhnt, gönnte ihm keinen Blick. Das hieß, schweig unter Erwachsenen. Faustus begriff. Masones Felix Augen verweilten für nur einen kurzen Augenblick auf Faustus Gestalt. Er spürte dessen Vorwurf, der auf seine Jugend und die vorlaute Art seiner Bemerkung abzielte. Masones Felix überging die Bemerkung mit einem Herabziehen der Mundwinkel.

      Belinarius Blick verweilte auf ihm, lächelte leicht und spitzte seine Lippen, als würde er ihn anfeuern, fortzusetzen. Dann entspannte sich sein Mund und dafür gefror das Lächeln. Faustus begriff nicht, ob das einer Ablehnung gleichkam oder doch eine Fortsetzung erzwingen sollte.

      Ganz anders verhielt sich der ältere Präfekt.

      „Was ist es, was du zum Ausdruck bringen möchtest, Sohn des Statthalters? Was erwartest du?“

      „Herr, Vater, darf ich sprechen?“ Faustus wandte sich an Vindex.

      „Du hast begonnen und der Präfekt scheint neugierig zu sein… Also sage, was du denkst…“

      „Ein Volk, eine Provinz lässt sich umso besser beherrschen, kennt man das Land und auch die dort lebenden Menschen, macht sich mit deren Sorgen und Hoffnungen vertraut…“

      „Ein kluger Satz, junger Faustus…“ merkte Präfekt Donicus an.

      „Wo hast du dies nur aufgeschnappt?“ warf sein Vater ein.

      Die Kränkung saß.

      „Ich brauche keinen Vorsprecher! Ich habe Augen zum Sehen, Ohren zum Hören und einen Mund sowie eine Zunge zum Sprechen… Ich war auf dem Land und in den Tavernen der Stadt, auf dem Forum und am Flusshafen… Ich habe den Menschen zugehört. Dann begann ich darüber nachzudenken… “

      „Verstehst du deren Sprache etwa?“ fragte der Vater erstaunt.

      „Natürlich! Mutter und der Lehrer sprachen oft so mit mir und meiner Schwester… Was ist schon dabei…“

      „Was ist das Ergebnis deines Denkprozesses, junger Faustus?“ bemühte sich erneut der Präfekt um Sachlichkeit.

      „Vater sollte das Land bereisen… Ich sah auf einer Karte, wie weit sich das Gebiet der Provinz erstreckt, welche Städte und Siedlungen es umfasst. Sicher scheint mir, die Sorge der Menschen an der Küste im Norden wird anders sein, als der Einwohner inmitten des Landes oder gar zur Provinz Belgica zu…“ Faustus Blick begann zu schweifen.

      „Ich halte den Gedanken deines Sohnes, Herr, für würdig angenommen zu werden…“ unterstützte Belinarius Faustus gewagten Vorstoß.

      Auch der Präfekt meldete sich. „Dein Junge hat Schneid, wagt er es doch, unter uns Grauköpfen, einen vernünftigen Vorschlag einzubringen… “ pflichtete Donicus bei.

      „Ich habe auch selbst daran gedacht… Nur noch nicht jetzt… Einmal stört mich der Winter, der sich nicht so sehr zum Reisen eignet. Zum Anderen braucht Umbrenus etwas Zeit, seine Amtsträger auszurichten. Er wird es wohl mit Einigen der Männer aus Rom nicht so leicht haben… Mir scheint seine Gestalt ein Hindernis zu werden…“

      „Du, Herr, wirst dich wundern!“ ging der Präfekt auf die gesprochenen Worte ein. „Lass ihn allein und wenn du zurückkehrst, führt er dir die Meute am Nasenring durch die Arena…“ Ein leises Lachen, ob seiner Zuversicht, begleitete diese Bemerkung.

      „Es ist besser, du bist nicht zugegen, wenn er den Römern beibringt, wer das Sagen hat…“ brach dann lautes Lachen aus dem Präfekt. „Glaubst du etwa, Herr, es kommt nur ein einziger durch diese Tür, der deine Entscheidung in einem Streitfall wünscht? Er müsste schon über Umbrenus Leiche steigen…“ Gaius Donicus konnte sich gar nicht richtig beruhigen.

      „Dann habe ich wohl meine Freunde in einen Löwenzwinger geworfen…“ fragte Vindex überrascht.

      „Das vielleicht nicht, aber störe nie den Bär im Winterschlaf… Gib Umbrenus freie Hand und die Meute wird heulen, wenn er es möchte…“

      „Gut…“ Vindex sprang auf. „Du, Präfekt, und mein Sohn, ihr werdet die Strecke, die Orte und die Unterkünfte auswählen. Zwei Turma der Kohorte begleiten uns. Wir Reisen zu Pferde. Die Reise beginnt zu den Kalenden des Martius!“

      Vindex goss sich Wein und Wasser ein, trank und starrte den Sohn an. „Jetzt hast du eine Aufgabe mit dem Präfekt! Deine Begleitung bei Belinarius ist vorerst vorbei! Präfekt Donicus, nimm du ihn bitte unter deine hilfreiche Anleitung…“

      „Es ist mir eine Ehre, Legatus! Komm junger Faustus, sei mein gallischer Schatten!“

      „Warte noch etwas, Präfekt! Ich möchte deinen Rat nicht missen, sehe ich mir das Ergebnis in der Curia an…“

      In diesem Moment öffnete Umbrenus die Tür.

      „Was ist…“ fuhr Vindex herum. „gibt es Probleme?“

      „Aber nein, Herr! Das Ergebnis harrt deiner Zustimmung… Würdest du also bitte mir folgen…“ Umbrenus breitete seine Arme aus und es wirkte etwas drollig, wie er sich gebärdete.

      Selbst Faustus musste lächeln. Er folgte als Letzter dem Vater und schloss die Tür hinter sich.

      Die Männer in der Curia lauerten, in Gruppen zu je vier Personen, auf das Erscheinen von Vindex. Weil dieser genau wusste, welcher Amtsträger welches Amt bekleidete, erkannte er die von diesem Mann jeweils Erwählten. Er sah auch die ordnende Hand des ‚bulligen Zwerges’, wie er Umbrenus zukünftig und allein für sich nennen würde.

      An seiner Seite schritten der alte Präfekt und Belinarius, während Masones Felix und sein Sohn, vom Podest aus, zusahen.

      Vindex wechselte von Amtsträger zu Amtsträger, beglückwünschte die Auserwählten und erklärte sein Einverständnis.

      Faustus wusste, dass sein Vater ein vorzügliches Gedächtnis für Gesichter und Namen besaß. Auch wenn es sich um fast dreißig Männer handelte, denen er den Arm reichte, würden wohl nur Wenige seiner Erinnerung entfallen. Der Vater nahm sich Zeit, wechselte mit jeder Gruppe Worte und schuf so eine Basis für die zukünftige Achtung. Er überließ sich der Führung des Präfekt, der sich den Amtsrichter für zuletzt aufsparte.

      „Herr, ich habe keinen Grund die Auswahl der Gehilfen zu bemängeln, habe ich doch schon mit meinem ersten Blick erkannt, dass alle Amtsträger eine kluge Wahl trafen.“

      „Was ist Präfekt? Deine Einleitung spricht für einen Mangel?“ nahm Vindex das Zögern des Präfekt zur Kenntnis.

      Sie hatten die letzte Gruppe noch nicht erreicht. Vindex baute sich mit dem Rücken zu dieser Gruppe auf.

      „Dein Römer übersah den klügsten Mann für Rechtstreite oder möchtest du jeden Fall selbst entscheiden? Seine Wahl fiel auf weniger energischere und klügere Männer! Schicke einen der Erwählten weg oder gib ihm einen vierten Mann dazu! Du wirst es nicht bedauern…“

      „Das geht nicht, Präfekt. Ich kann die Wahl des Mannes nicht im Nachhinein anfechten, wenn ich ihm, im Voraus, das Recht zur Wahl übertrug… “

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