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Die Legende vom Hermunduren. G. K. Grasse
Читать онлайн.Название Die Legende vom Hermunduren
Год выпуска 0
isbn 9783347036284
Автор произведения G. K. Grasse
Жанр Контркультура
Серия Die Legende vom Hermunduren
Издательство Readbox publishing GmbH
Der Blick des Haeduer ruhte herrisch auf Vindex Antlitz.
„Zuerst einmal, Vergobret, gehört diese Provinz zu Rom!“ begann der Legatus Augusti und erwiderte Blick und Haltung.
„… sie gehört nicht dir und keinesfalls einem Anderen… Dann rufe ich, wen ich will, wann ich will und wohin ich will! Und Nächstens mäßigst du dich in deinem Auftreten mir gegenüber. Sollte dir die notwendige Ehrfurcht vor meinem Amt oder vor meiner Person fehlen, wirst du kaum die Gelegenheit bekommen, dein Alter, deine Weisheit und deine Würde gewahrt zu sehen… “
Vindex trat mehrere Schritte vor, auf den Älteren zu und wandte sich dann an seinen Vertrauten jungen Sequaner um.
„Lucien Belinarius, ich habe ein offenes Herz und offene Ohren für jeden Mann, der zu mir kommt, was auch immer er von mir begehrt… Führst du einen Fürst zu mir, der nicht weiß oder versteht, wie er sich einem römischen Senator zu nähern hat, dann belehre ihn vorher!“
Vindex verzichtete auf den Teil, den er eigentlich schon auf der Zunge spürte. Er verkniff sich das ‚… sonst werfe ich ihn vor die Tür!’
„Du Fürst, fandest einen sehr unglücklichen Beginn… Es steht dir frei, einen anderen, besseren Tag zu wählen oder mir jetzt deine Wünsche zu erklären… Ich höre…“ Vindex Stimme sprühte vor Härte. Sein Blick suchte die Augen des Vergobret.
Eporedorix starrte den Statthalter an und zeigte damit, dass er sich zuvor, über sein eigenes Auftreten, keinerlei Gedanken machte.
Ihm stand ein Mann gegenüber, der ebenso herrisch, fordernd und unnachsichtig zu handeln vermochte und wohl auch schnell begriff, was er dulden konnte und wem er seine Macht demonstrieren musste…
Eporedorix begriff den neuen Wind in der Provinz und nahm die Herausforderung an.
„Du Legatus Augusti, so sagte man mir, wärest auch ein Mann aus diesem Teil der Welt… Ich glaubte, du würdest verstehen, dass dies zwar Roms Provinz ist, aber dennoch von uns bewohnt wird…“ begann Eporedorix und wurde erneut unterbrochen.
„Was ist mir entgangen…“ unterbrach Vindex des Anderen erste Worte.
„Verstehe ich etwa nicht, dass ein alter Mann zu mir, dem Statthalter Roms, kommt und glaubt, mich herausfordern zu dürfen? Du magst in deinem Stamm ein Fürst sein, bei mir bist du nur ein beliebiger Bürger Roms! Ich billige dir lediglich zu, Älter und Erfahrener als ich zu sein, wovon ich jedoch nichts spüre… Dagegen sah ich einen herrschsüchtigen Greis, der sich gegen einen Senator Roms herausnimmt, was ich nicht geneigt bin, ihm zuzubilligen! Also wirst du diesem Senator in der Art entgegenkommen, die jeden römischen Bürger auszeichnet und sollte der Tag anbrechen, an dem ich dir mehr zu geben bereit bin, werde ich dich dies wissen lassen…“ Zorn kleidete sich in überlegene Worte und blieb dennoch Zorn.
„Belinarius, bringe diesen Gast zurück! Ich sehe keinen Grund, den Vergobret der Haeduer besser zu behandeln als andere Fürsten der Stämme. Ich werde ihn benachrichtigen, wenn ich ihn sehen will! Geht!“
Die schroffe Äußerung brachte Eporedorix an den Rand eines Wutausbruchs.
Belinarius griff nach dem Arm des Älteren und löste ihn aus der Schwärze des Abgrunds. Als er jedoch den Blick des Vergobret spürte, gab er sofort dessen Arm frei. Der Alte folgte ihm in gestelzten Schritten.
Vindex fand, das der Vergobret vermessen auftrat. So gern er sich mit diesem Mann, auch vor allen Anderen befasst hätte, kannte er doch dessen Macht, durfte er diesen Auftritt keinesfalls hinnehmen. Gab er nach, wäre seine Macht in der Provinz schon gebrochen.
Nachdenkend verblieb er, bis sein junger Berater zurückkehrte.
„Was Belinarius trieb dich dazu, den Alten anzuschleppen?“ Vindex Stimme war beherrscht, leise und dennoch schwang eine Bedrohung mit.
„Herr, du solltest die Macht dieses Mannes zu keinem Zeitpunkt unterschätzen… Ich hatte ihn nicht gerufen, wenn du dies denken solltest… Er stand einfach vor mir und forderte, zu dir geführt zu werden.“
Vindex schwieg. Zweifellos kannte Belinarius das Ansehen und den unbeugsamen Willen des Vergobret. Vielleicht sah er sich gezwungen, um nicht vorschnell und eigenmächtig eine Entscheidung zu treffen, die nur dem Legatus Augusti selbst zustand… Eine Ablehnung seitens Belinarius hätte diesem die Feindschaft des Vergobret eingebracht und dies würde, unter den gegebenen Umständen, die Verwaltung der Provinz unzulässig erschweren.
„Ich sehe dich, wenn dein Einwand stimmt, durchaus in einer Zwangslage… Der Vergobret wusste, dass er über dich kommend, sich anderen Fürsten Galliens gegenüber, einen Vorteil verschaffen konnte… Ergibt sich die Frage, wer ihm deine Position in meinem Aufgebot verriet? Dass der Vergobret der Haeduer in mir nicht den Vertreter des Kaisers, sondern nur einen in etwa Gleichgestellten sieht, kann ich dir kaum zum Vorwurf machen… Dennoch, junger Belinarius, solltest du darauf achten, dich nicht vor einen falschen Karren spannen zu lassen…“
Vindex beschlich ein Gefühl der Wut. Er wusste, dass ihm nicht jeder Gallier freundlich begegnen würde. Dennoch hoffte er, dass nicht in den ersten Tagen und auch nicht die Mächtigsten der Fürsten der Stämme, zu seinen Feinden werden würden… Der Vergobret der Haeduer erwuchs zu einem starken Widerpart und auch wenn er deren ersten Schlagabtausch zu seinen Gunsten gestalten konnte, würde die Antwort des Haeduer kaum lange auf sich warten lassen… Der Kampf um die Macht in dieser Provinz hatte begonnen. Vindex begriff, dass sein Gegner stark, machthungrig und verschlagen war… Er zog sich in seine privaten Räume zurück und stieß dort auf seinen Sohn.
„Wo warst du, Faustus?“
„Hier, wo soll ich gewesen sein?“ antwortete der Sohn etwas herausfordernd.
„Muss ich erst den Treverer rufen und ihn befragen?“
Der Treverer war der Jüngste seiner Bewacher, dem er den Auftrag erteilt hatte, seinen Sohn auf Schritt und Tritt zu begleiten.
„Vater, welche Absicht verfolgst du?“
„Dich am Leben zu erhalten… Du weißt nicht, welche Gefahr dir drohen könnte… Ich bin hier der Herrscher und was glaubst du, wer keinen Grund besitzt, Zorn auf den Statthalter Roms zu empfinden? Wir bestimmen hier, ich erhebe Steuern und lasse diese eintreiben… Erinnere dich, du brachtest dieses Argument einst selbst als Einwand… Was wird wohl geschehen, widerfährt dir ein Unheil… Ich möchte nicht mit deinem Leben erpresst werden…“
„Du gabst mir doch deinen Wachhund mit…“ warf Faustus ein.
„Was meinst du, bewirkt ein einzelner Mann?“ schnauzte Vindex den Sohn an.
„Dann gib mir weitere Wachhunde…“ forderte der Sohn.
„Das schlage dir aus dem Kopf! Allerdings könnte ich dich auch an die Kette legen, wie eben einen Wachhund…“
„Nein, Vater…“ schrie der Sohn auf.
„Also, ich höre…“ Die Forderung des Vaters bezwang den Trotz des Sohnes. Der Abend nahm den gleichen Verlauf, wie andere Abende zuvor… Der Vater zog dem Sohn förmlich aus der Nase, wo dieser sich herumtrieb. Faustus Bockigkeit reizte Vindex Wut.
Doch dieses Mal, war Vindex nicht gewillt, den Sohn aus seinen Fängen zu lassen. Als dieser schon glaubte, die abendliche Maßregelung überstanden zu haben, holte der Vater zum entscheidenden Schlag aus.
„Du meldest dich Morgen, in der ersten Stunde, bei Lucien Belinarius und begleitest den Mann am ganzen Tag. Du wirst ihm zuhören, wirst dir jedes Wort merken und mir am Abend berichten, was Belinarius am gesamten Tag ausführte! Verstößt du Morgen und an den Tagen danach, bis ich dich davon befreie, gegen diesen Befehl, schicke ich dich zu deiner Mutter! Das ist mein letztes Wort!“
Vindex war wütend. Es war nicht sein Wille, den Sohn mit in die Provinz zu nehmen.