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Die Legende vom Hermunduren. G. K. Grasse
Читать онлайн.Название Die Legende vom Hermunduren
Год выпуска 0
isbn 9783347036284
Автор произведения G. K. Grasse
Жанр Контркультура
Серия Die Legende vom Hermunduren
Издательство Readbox publishing GmbH
Dieses Vorgehen zeigte zwei unterschiedlich zu bewertende Aspekte. Einmal hörte jeder seiner Männer, was die Vorgänger mit welchen Mitteln zu erreichen suchten und weil jeder der Ratgeber Forderungen aufmachen durfte, Fragen stellen konnte, erkannte er, wer sich, unter seinen Männern, in welcher Sphäre auskannte und sich interessierte.
In ihm entstand ein Bild über deren zukünftige Verwendung.
In diesen Gesprächen war auch zu merken, welcher der Vorgänger im Amt an seiner bisherigen Aufgabe hing und wer nur darauf bedacht war, sich die eigene Nase zu vergolden…
Vindex hatte zu wenige fähige Männer mitgebracht.
Wie sollte er auch wissen, was ihn in dieser großen Provinz erwartete? Hatte er zu wenige eigene Männer, sollte er unter den verbliebenen Amtsträgern die erwählen, die ihm den besten Eindruck boten. Er achtete auf Sachkenntnis, Handlungsbereitschaft, Durchsetzungsvermögen und auf die Männer, denen gleichgültig war, wem sie dienten…
Er nahm sich viel Zeit, in die auch das Kennenlernen des Praefectus Cohortis hineingehörte. Nach fast einem Monat beriet er sich mit seinen Begleitern und verteilte anschließend die Pfründe.
Während der Vater seiner neuen Aufgabe gerecht zu werden versuchte, trieb sich der Sohn in diesem Teil der römischen Welt herum. Es war eine andere Art der Neugier, die ihn anspornte.
In Rom waren seine Möglichkeiten eingeschränkt, immerhin bewachte ihn die Mutter. Hier besaß der Vater zu wenig Zeit und beauftragte einen seiner erwählten Männer mit der Sicherheit seines Sohnes.
So ergab sich der Umstand, dass der Sohn diese Stadt und Teile der Provinz aus einer ganz anderen Sicht kennenlernte…
2. Der Igel und der Adler
67 nach Christus - Winter (24. Januarius)
Imperium Romanum – Provinz Lugdunensis
Vindex war inzwischen fast einen Monat in seinem neuen Amt. Wenn es etwas gab, was seine Begleiter irritierte, war es dessen oftmaliges Schweigen. Der neue Legatus Augusti hörte mehr zu, als er sprach.
Galt seine erste Aufmerksamkeit den bisherigen Amtsträgern, deren Aufgabenverteilung und Zuordnung von Verantwortungen, vollzog er bald einen zweiten Schritt, der ihn zur Beschäftigung mit den unterschiedlichsten Aufgabenbereichen zwang.
In dem er die bisherigen Vertrauten seines Vorgängers in ihrer Erscheinung, deren Sachverstand und auch bezüglich eines energischen Auftretens beurteilte, seine eigene Sichtweise zu jedem dieser Männer prüfte und auch auf Einzelheiten achtete, die eine gemeinsame vertrauensvolle Zusammenarbeit beeinflussen konnten, traf er seine erste und eigene Auswahl.
Niemand schrieb ihm vor, wie er die Provinz verwaltete. Er war nicht gezwungen sich der gleichen Art seines Vorgängers anzupassen und noch weniger, diese vollständig zu übernehmen. Dennoch erkannte er Vorteile und nutzte diese, wenn sie sich mit seinen bisherigen Erfahrungen und eigenen Vorstellungen vereinbaren ließen.
Die Tage waren mit Arbeit angefüllt, er empfing zahlreiche Botschaften aus seinem Territorium. Auch Vertreter einzelner Siedlungen suchten ihn auf, um ihn mit deren Sorgen vertraut zu machen. Viele glaubten, die eigene Dringlichkeit mittels eigenem Auftritt unterstreichen zu müssen, Händler wünschten ihm seine Aufwartungen zu machen und fast an jedem Abend tummelten sich Gäste in seinem Haus.
Langsam begriff Vindex, was ihn in dieser Provinz erwartete. Trotz unterschiedlichster Eindrücke zeigten sich zwischen verschiedensten Personen auch Widersprüche in der Beurteilung der eigenen Lebensbedingungen. Weil Vindex zuhörte, vermochte er bald zwischen den Männern zu unterscheiden.
Einige suchten ihn auf um zu erkennen zu geben, dass sie sich in Bereitschaft hielten, ihm nützlich sein zu wollen. Anderen war anzusehen, dass diese nur auf eigene Vorteile bedacht waren. Über manchen Zeitgenossen lohnte es nicht nachzudenken. Bestimmte Wünsche waren es kaum Wert beachtet zu werden und dennoch merkte der Legatus Augusti, dass eine Sache fast alle ihn Aufsuchenden bedrückte.
Oft fielen Worte zu den Steuern, die Rom forderte. Vindex wusste, dass Römer in Rom weit weniger Steuern, wenn überhaupt, leisteten… Hier in der Provinz war es anders.
Das Steuersystem war komplizierter, umfangreicher und die, denen das Recht zur Steuererhebung zugebilligt war, nutzten dieses auch auf andere Art aus.
Er wollte, nach so kurzer Zeit, noch nicht das Wort ‚Betrug’ in den Mund nehmen und losstürzen, derartige Missstände mit Stumpf und Stiel auszurotten… Aber er merkte sich einzelne der Männer, die ihm in dieser Sache den Eindruck vermittelten, entweder den richtigen Sachverstand vermissen zu lassen oder sich unrechtmäßige Vorteile zu verschaffen.
Wollte er diese Missstände beseitigen, brauchte er eine feste Stütze in verlässlichen, starken, energischen und treuen Gefährten seiner Herrschaft. Er fand diese sowohl unter seinen mitgebrachten Begleitern, als auch unter den vormaligen Amtsträgern.
Der griechische Freund, der zuvor für seinen Sohn Partei ergriff und dessen Mitreise erzwang, erwies sich in dieser Sache als sehr nützlich.
Wenn dieser Grieche eine besondere Beachtung erlangte, so war es ein noch anderer jüngerer Begleiter, der seine Aufmerksamkeit geradezu herausforderte. In den oftmaligen abendlichen Gesprächen stellte sich dieser als ein streitbarer Geist heraus, der auch noch über ziemlich umfangreiches Wissen zur Lage der Stämme, deren Territorien und Interessen, zu Feindschaften oder Belastungen verfügte und stets mit interessanten Bemerkungen Einfluss nahm.
Vindex befand damals dessen Vater für geeignet, entschloss sich dann davon Abstand zu nehmen, weil dieser sich schon im fortgeschrittenen Alter befand. Zwar klug und erfahren, aber mit Schmerzen in den Gliedern kämpfend, würde der Ältere den Anforderungen und Belastungen wohl kaum gewachsen sein. Den Sohn kannte er zwar, wusste aber zu wenig von dessen Neigungen oder Interessen. Ihm erschien der Jüngere eher blas und so befand er, dass diesem Durchsetzungsvermögen fehlen könnte. Letztlich vertraute er dem Rat von dessen Vater. Bald merkte er, dass er darin nicht irrte.
Der Sohn besaß, worüber der Vater auch verfügte… Das Erste war Klugheit, die sich darin äußerte, dass er zuhörte, bevor er sprach. Die zweite angenehme Seite war Geduld, die sich mit Zurückhaltung paarte und den Eindruck erweckte, dem Manne fehle etwas das Kreuz zur Durchsetzung.
Vindex stellte jedoch fest, dass überzeugende Argumente mehr bewirkten, wie scheinbare Drohungen oder harte, wortstarke Forderungen. Wer mit Klugheit und Überlegenheit voranschritt, brauchte keine Kraft zur Durchsetzung eigener Wünsche.
Der Sequaner, der auf den Namen Lucien Belinarius hörte, war um einige Jahre jünger als er selbst, hatte den Cursus Honorum absolviert und war bis zum Ädil aufgestiegen.
In einem ihrer Gespräche versicherte ihm Belinarius, sich des Glücks, von ihm berufen worden zu sein, würdig erweisen zu wollen. Er würde ihm treu dienen und hoffe sein Wohlgefallen zu wecken.
Belinarius sprach in gewählten Worten, formulierte zumeist kurz und bezeichnete Vorgänge und Sachverhalte ohne Umschweife. Es ergab sich, dass Gespräche oft stattfanden und immer mehr Vertrauen schufen.
Vindex überlegte lange, welche konkrete Aufgabe er diesem Mann stellen sollte und gelangte zu keinem endgültigen Urteil. Also wartete er auf den Fingerzeig der Götter.
Dieser Zustand erhielt sich, bis dieser Sequaner, eines kalten Tages, einen älteren Mann zu ihm brachte, der in seiner Gestalt Herrschsucht, Würde und Kraft auf eigenartige Weise verband.
„Ich bin Eporedorix, der Vergobret der Haeduer!“ stellte sich der Fremde vor.
„Ich hörte von dir…“ erwiderte Vindex zurückhaltend.
„Dann muss ich meine Stellung nicht erklären…“ gab der Vergobret von sich und vermittelte Vindex