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blickte mit großen, dunklen, fast schwarzen Augen in seine Umwelt. Die runde Form des Kopfes vermittelte den Eindruck, dass dessen Träger ein die Bequemlichkeit bevorzugender, etwas träger und keinesfalls als ein der tierischen Verbissenheit verbundener Kämpfer, in Erscheinung trat. Blieb Umbrenus durch sein Wesen unscheinbar, so wirkte die Widersprüchlichkeit zwischen dessen Gestalt und der Kopfform auf die Erinnerung Anderer ein.

      „Sage mir, Hostus Umbrenus, was zeichnet dich, nach deiner Ansicht, gegenüber den Übrigen meiner Gäste aus?“

      „Meinst du Herr, die mir mangelnde Schönheit oder Stattlichkeit…“ stellte Umbrenus eine geistvolle und ehrliche Gegenfrage.

      „Ich suche keinen stattlichen Mann…“ erwiderte Vindex und lächelte ob der Bemerkung des Anderen. „…mir schwebt ein eher zäher, gewissenhafter und ehrlicher Verfechter meiner Interessen vor, der mir in Treue ergeben ist und stets Roms Wohl im Blick behält… Ich suche einen klugen, starken und unbeugsamen Geist, der es auch versteht, sich der Fügsamkeit Anderer zu versichern, ohne mit Drohungen oder gar Zwang zum Ziel zu gelangen… Könntest du dieser Mann sein?“

      „Das Herr, hängt davon ab, welche Voraussetzungen meine Aufgabe erfordert… “

      „Genau die eben angeführten…“ erwiderte Vindex. „Es geht nicht um besonderes Wissen, wenn auch Weisheit vorhanden sein sollte… Keinesfalls erwarte ich sture Befolgung von Grundsätzen oder Gesetzen, sondern erwarte eher deren Einhaltung unter Nutzung eines möglichen oder sich anbietenden Freiraumes… Letztlich basiert eine gute Zusammenarbeit auf Achtung und Vertrauen…“

      „Herr, du windest dich wie eine Schlange…“ entschlüpfte es den Lippen des kleineren Mannes.

      „Siehst du, das ist es, was ich brauche… Redest du mir nach dem Mund, schicke ich dich nach Rom… Du bist doch Römer?“

      Umbrenus nickte.

      „Zeigst du jedoch an, dass dein Sinnen nicht meinem gleicht und wählst geschickte Worte, kannst du auf meine Aufmerksamkeit zählen…“

      „Herr, was genau suchst du?“

      „Nach meinen bisherigen Erkenntnissen stieß ich in dieser Provinz auf ein Chaos, auf Betrug und Unvermögen… Den Grund dafür sehe ich in den Eigenschaften meines Vorgängers, der wenig Ordnung einbrachte, dafür aber noch weit mehr Chaos schuf… Darüber hinaus verschaffte er Einzelnen seiner Parteigänger Vorteile, die so keinesfalls bestehen bleiben dürfen… Das wiederum bedingt, dass der Mann, den ich suche, mit massiven Ärger leben können muss, sich gegen Jedermann durchsetzt und in allen, auch den schwierigen Entscheidungen, allein meinen Vorstellungen folgt… “

      „Du brauchst also einen Igel…“

      Vindex blickte seinen Gegenüber verständnislos an. „Was, wie…“

      „Herr, du suchst einen unscheinbaren, aber gut bewaffneten Gefährten, der in sich geborgen seinen stachligen Panzer als Abwehr nutzt, es versteht Zeit zu gewinnen und letztlich den Ausweg findet… , damit du, als Adler, herabstoßen und das Wild zur Strecke bringen kannst… “

      Vindex starrte den Anderen an, dann lächelte er.

      „So kann man es auch ausdrücken…“ beschied er Umbrenus.

      „Herr, welcher Platz in deiner Hierarchie ist mir dann vorbehalten, falls ich zustimme?“

      „Sagen wir, du gehörst unmittelbar unter mir zu meinen Vertrauten. Gleichzeitig bestimmst du über alle von mir berufenen Sachwalter für diese Provinz… “

      „Wie viele Vertraute in der obersten Ebene schweben dir vor?“

      „Das kann ich dir benennen… Da wären mein persönlicher Berater, Lucien Belinarius, dann der Procurator Roms, Lucius Masones Felix, auf den du und ich ohnehin keinen Zugriff haben, dessen Vertrauen und Zuneigung ich gewillt bin, zu erringen und der Präfekt Gaius Donicus, der dir bereits bekannt sein dürfte. Diese Männer stehen außerhalb deiner Hoheit!“

      Umbrenus gab sein Verstehen kund. „Wer kommt dann unter mir?“ fragte er neugierig.

      „Das sage ich dir, wenn wir uns einig sind…! beschied Vindex.

      „Damit Herr, bin ich dein Mann!“ Umbrenus machte nicht zu viele Worte.

      „Gut! Dann sind wir uns einig! Du wirst aber, so wie alle Anderen, den Eid auf Rom, den Kaiser und mich schwören…“

      Umbrenus stimmte mit seinem Nicken zu. Er sah darin keinerlei Schwierigkeit, hatte es sogar, nach dem Verlauf dieses Gespräches, erwartet.

      Überrascht war er, als der Legatus Augusti ihn aufforderte, zu verbleiben. Mit dem Verlauf des Gesprächs, vor allem dessen Ergebnis, musste er sich erst abfinden. Doch genau dazu ließ ihm Vindex keine Zeit.

      „Höre jetzt meine Absicht und sorge für den reibungslosen Ablauf!“ forderte Vindex und begann ohne Umschweife, sein Vorgehen vor dem neuen Vertrauten auszubreiten…

       3. Das Gerippe des bulligen Zwerges

       67 nach Christus - Winter (28. Januarius)

       Imperium Romanum – Provinz Lugdunensis

      Vindex begann ohne Umschweife seine Vorstellungen zu benennen.

      „Ich brachte insgesamt siebzehn Männer und meinen noch jungen Sohn, du hast ihn die ganze Zeit als Bedienung neben dir gespürt, mit aus Rom. Die Zahl notwendiger Gehilfen im neuen Amt wurde von mir unterschätzt. Sieben Männer meines Vertrauens begleiteten mich und zehn weitere dienen meinem unmittelbaren Schutz, natürlich neben den Liktoren, die ich nicht zähle…“

      Umbrenus, obzwar mit seiner Berufung überrascht, fand sich schnell zurecht und hörte dem neuen Statthalter aufmerksam zu.

      „Weil Belinarius in meiner Nähe bleibt, um mich in allen Dingen zu beraten, verbleiben mir nur sechs vertrauensvolle Männer für wichtige Ämter. Brauchen werde ich aber acht, die dann deiner Anleitung unterstehen… Dies bedeutet, dass mir zumindest zwei gute Männer fehlen, die ich aus dem Kreis der bisherigen Amtsträger wählen sollte… Dieser Auswahl diente das zuvor geführte Treffen, womit ich beabsichtigte, mich auf die zuvor verabschiedeten Männer zu begrenzen… “

      Umbrenus nickte nur. Er schwieg bis er glauben durfte, dass der Statthalter seine Vorstellungen ausgesprochen hatte.

      „Mein Vorgänger hinterließ eine Vielzahl von Amtsträgern, von denen Einige Rom ehrlich dienten. Andere versuchten aber nur sich die eigenen Taschen zu füllen… Ich will gar nicht von Vetternwirtschaft sprechen oder gar von Bestechung…“ Vindex wartete auf eine zustimmende Geste, erntete aber vorerst nur Schweigen.

      „Du wirst acht gute Männer brauchen und diese sollten sich dann auch eigene Gehilfen suchen… Der Rest verbleibender bisheriger Amtsträger wird sich vor Gericht verantworten oder in der übrigen Gesellschaft untertauchen… Deshalb sind einige Dinge erforderlich, die du organisieren musst…“

      Das Schweigen und Zuhören des Umbrenus hielt an.

      „Unter den Männern, die uns zuvor verließen, benenne drei Männer, die du den übrigen zwei Anderen nicht vorziehen würdest… Die Zwei, dadurch von dir Gewählten, werden die sechs von mir mitgebrachten Römer, in der Zahl der Amtsträger, ergänzen. Diese Acht werden, in deiner Unterstellung, die von mir als erforderlich ausgewählten Ämter besetzen. Also schlage mir die richtigen Männer vor…“

      Umbrenus nippte an seinem Weinpokal. „Herr, ist es dann nicht besser, den Mann und dessen Amt abzugleichen, damit nicht ein Falscher einer Verpflichtung folgen muss, die er nie ausfüllen kann?“ warf dieser nach reiflicher Überlegung ein.

      Vindex stutzte. „Wie meinst du dies?“

      „Welche Vorzüge haben deine Männer? Gibt es einen klugen Mann für die Durchsetzung von Recht und Ordnung, der auch noch über die notwendige Rechtskenntnis verfügt und sich durchsetzen kann? Verteilst du das Amt an den Falschen, wird Chaos auch bei uns

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