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richtete er sich aus seiner nachlässigen Stellung empor.

      »Europäische Blockade, Sire? Sollte Europa sich offen an die Seite Südafrikas stellen?«

      Der Kaiser nickte mit einer energischen Kopfbewegung.

      »Der Friede von Bern war kein Friede. Er beendete nur die offenen Feindseligkeiten. Durch den engen Anschluß Südafrikas an Europa ist der Kriegszustand nur latent geworden. Die Unterstützung seitens Amerikas allein durch Kaper-U-Boote genügt mir nicht. Die von mir bei amerikanischen Werften bestellten U-Kreuzer kommen viel zu langsam zur Ablieferung. Auch die Personalfrage ist nicht einfach. Ich habe in meinem Land nicht genügend technisch ausgebildete Leute. Von meiner Admiralität laufen fortwährend Beschwerden ein, daß unter den angeworbenen Amerikanern viel schlechtes Material ist.

      Besonders heikel ist die Kommandantenfrage. Bei dem Überfluß, den Sie drüben an solchen Männern haben, müßte eine energische Einwirkung Ihrerseits besseren Erfolg zeitigen.«

      Mr. Rouse zog es vor, nicht zu sagen, was er dachte.

      Der Kaiser fuhr fort: »… Können Sie mir da nicht zweckmäßige Vorschläge machen?«

      Sein Blick ruhte auf Mr. Bowden. Der richtete sich mit verlegenen Räuspern auf.

      »Hm! … Bei der allgemeinen Volksstimmung, Majestät …«

      »Volksstimmung! … Was heißt Volksstimmung? Ist Ihre Regierung abhängig von der Volksstimmung?«

      Der Botschafter wiegte verlegen den Kopf.

      »Was sagen Sie, Mr. Rouse?«

      »Sire! Die Regierung trifft ihre Maßnahmen völlig unabhängig von der Volksstimmung. Aber wir haben keinen Einfluß auf die Gesinnung unseres Seeoffizierskorps.«

      »Gestatten, Euer Majestät, daß ich mich ganz offen ausspreche. Das Offizierskorps im Ganzen steht einer Unterstützung des schwarzen Afrikas gegen das weiße Europa nicht sympathisch gegenüber …«

      Augustus Salvator zog die Brauen zusammen.

      »Hm! So, so! Was ist da zu tun?«

      Guy Rouse lächelte. »Nur ein Mittel gibt’s! Das Allheilmittel Geld!

      Sire, verdoppeln … verdreifachen Sie die Gage, und Sie werden haben, was Sie brauchen.«

      »Glauben Sie?« Der Kaiser schaute den Amerikaner prüfend an.

      Guy Rouse machte eine wegwerfende Handbewegung.

      »Irgendwer prägte mal im Altertum den Satz, daß ein goldbeladener Esel über die höchsten Mauern kommt. Ich persönlich habe bis jetzt jedes Vorurteil, auch das der Ehrlichkeit, die doch schließlich auch nur ein Vorurteil ist, durch Gold überwunden.«

      Der Kaiser lachte.

      »Gut, Mr. Rouse! Die nötigen Offiziere und Mannschaften hätte ich sonach. Fehlen jetzt nur noch die Boote! Hilft uns Ihr Mittel auch da?«

      »Auch da, Majestät!« erwiderte Guy Rouse mit kalter Miene. »Es bedarf nur der gehörigen Dosis.«

      »Daran soll es nicht fehlen! Wem ist das Mittel beizubringen? Welche Wirkung wird es haben?«

      Mr. Rouse überlegte mehrere Sekunden. Dann sprach er langsam, sorgfältig jedes Wort abwägend:

      »Bei den täglichen großen Fortschritten im U-Boot-Bau dürfte ein großer Teil unserer Staatsflotte veraltet sein. Es liegt im Interesse der Nation« – hier warf er einen kurzen Blick zu dem Botschafter hin –, »das veraltete Material durch neues zu ersetzen. Im Interesse der Staatsfinanzen liegt es, das auszurangierende Material nicht einfach abzuwracken, sondern vorteilhaft zu verwerten. Interessenten, die diese Boote für Handelszwecke umbauen, werden sich wohl finden, aber nicht viel bieten. Euer Majestät würden als Interessent voraussichtlich das Höchstgebot abgeben.«

      »Wahrscheinlich!« Der Kaiser nickte. »Was sagen Sie zu dem Vorschlag, Herr Botschafter?« Mr. Bowden wand sich hin und her.

      »Ich kann es nicht unterlassen, Euer Majestät nochmals auf die allgemeine Volksstimmung bei uns aufmerksam zu machen, auch auf die voraussichtlich unvermeidbaren außenpolitischen Schwierigkeiten …«

      Guy Rouse und Augustus Salvator wechselten einen Blick. Der Amerikaner drehte spielerisch einen kleinen goldenen Schreibstift in den Fingern.

      »Die Bedenken Mr. Bowdens sind leicht zu zerstreuen. Die New Canal Company … wird zweifellos in Zukunft auch das Reedereigeschäft betreiben und würde versuchsweise große U-Kreuzer kaufen … Sollte sich das Geschäft nicht als nutzbringend erweisen, würde die Company die Hände wieder herausziehen.«

      Die Blicke des Kaisers hafteten an der lächelnden Miene des Amerikaners.

      »Sie würden die Boote dann vielleicht sogar mit Aufschlag verkaufen?«

      »Majestät! Ich habe die Interessen meiner Gesellschaft zu wahren. Ich bin sicher, daß sich sehr kapitalkräftige Interessenten finden werden, die einen Aufschlag von hundert Prozent nicht scheuen würden!«

      »Gut, Mr. Rouse! Sie sind ein kluger Geschäftsmann. Die Stellung als Finanzminister bei mir bleibt Ihnen jederzeit vorbehalten.«

      »Ich danke Euerer Majestät für diese Anerkennung. Ließen mich meine Interessen in den Staaten frei, würde es mir eine Ehre sein … Als vorsichtiger Geschäftsmann möchte ich nicht unterlassen, auf den anderen Weg hinzuweisen, auf dem unsere gegenseitigen Handelsbeziehungen sich zeitweise abspielen. Ich meine die Eisenbahnlinien durch die arabischen Nordstaaten.«

      »Vorläufig, Mr. Rouse, geht das. Im Kriegsfall würde das Loch bei Gibraltar sehr eng werden. Die Verbindungen über den Atlas sind zu spärlich. Die Verhandlungen mit Südafrika über die vollständige Gleichberechtigung der schwarzen und weißen Rasse schleppen sich ungebührlich lange hin. Sie würden schneller gehen und zu einem guten Abschluß kommen, wenn Ihre Vorschläge, Mr. Rouse, realisiert sein werden. Könnte die Angelegenheit nicht noch beschleunigt werden?«

      Mr. Rouse schien zu überlegen, an den Fingern zu rechnen, zu überschlagen.

      »Ich denke, Majestät, in vier Monaten bei hundert Prozent, in drei Monaten bei zweihundert Prozent.«

      »Sagen wir lieber in zwei Monaten bei zweihundert Prozent!«

      Mr. Rouse schien in Gedanken eine neue Berechnung aufzustellen.

      »Well! Das Geschäft ist gemacht …«

      »Well!« echote der Kaiser. »Sie sind ein guter, außerordentlich guter Geschäftsmann. Die Zeche wird für meine Gegner immer höher.«

      Mr. Rouse zuckte die Achseln.

      »Business is Business, Majestät!«

      Augustus Salvator erhob sich, ein Zeichen, daß die Unterredung beendet sei. Er ging auf den Botschafter zu und drückte ihm die Hand.

      Während dieser der Tür zuschritt, verabschiedete sich der Kaiser von Guy Rouse und fügte mit erhobener Stimme hinzu:

      »Ich will hoffen, Mr. Rouse, daß Sie mit der Sprengung am Kanal guten Erfolg haben werden …«

      Der Amerikaner beugte sich tief über die gebotene Hand.

      »Mr. Bowden ist das Klima hier wohl nicht sehr zuträglich«, flüsterte der Kaiser.

      »Den Eindruck gewann ich schon zu Beginn der Audienz, Majestät!

      Ein Wechsel des Klimas würde ihm unbedingt zuträglich sein …«

      Der Kaiser war allein. Langsam ließ er sich an seinem Schreibtisch nieder. Seine Lippen bewegten sich wie im Selbstgespräch. »Ein Schuft!

      Schuft erster Klasse … aber nein … Schuft! Das Wort in der gewöhnlichen Bedeutung paßt nicht auf ihn … Er ist der Vertreter des Kapitalismus in Reinkultur, des Kapitalismus, den die Welt zu überwinden begonnen hat. Sein Streben ist darauf gerichtet, die Nation und ihre Seele zu beherrschen, Volk und Regierung zu seinen Werkzeugen zu machen. Unsichtbar

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