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dem Büfett hin.

      »Meine drei Tage sind bald rum. An dem Teufelsloch am Tschadsee gibt’s solchen Stoff nicht!«

      Ohne die Antwort abzuwarten, hob er seinen Krug hoch.

      »Noch zwei Volle, Herr Obermoser aus Minka!«

      Walter Uhlenkort nickte belustigt.

      »Der Stoff ist tadellos. Der könnte sich am Stachus in München sehen lassen. Die verwöhnteste Zunge kann damit zufrieden sein.«

      Der dicke Obermoser kam und setzte zwei schäumende Krüge vor die beiden hin.

      »Wohl bekomm’s! Dös is eaner a Bier! Dös haben’s net glaubt, dos dös in Timbuktu finden täten, Herr Uhlenkort!«

      »Na, wie mundet denn das den Schwarzen, Herr Obermoser?« fragte Uhlenkort. »Ich habe da im Vorbeigehen Ihren schwarzen Stammtisch nebenan bewundert.«

      »Ja, Herr Uhlenkort«, schmunzelte der dicke Wirt, »das hätt’ ich selber zu Anfang net geglaubt, daß sich die schwarzen Brüder so an den Stoff gewöhnen würden. Ich hatte nur weiße Gäste erwartet. Aber jetzt habe ich hier einen schwarzen Stamm, der ist auf den Geschmack gekommen. Es sind Leutchen dabei, die ihre zehn Maß hintereinander auslecken, und zwar Exportbier, Herr Uhlenkort … Wollen die Herren die neuesten Nachrichten lesen? … Na, das mit dem Teufelsschacht, das wissen Sie ja schon, Herr Tredrup.«

      »Was denn?«

      »Na, die große Einweihungsfeier.«

      »Nein, davon wissen wir ja noch gar nichts! Her mit den Nachrichten.«

      Obermoser lief, so schnell es seine Rundlichkeit erlaubte, in den Nebenraum. Durch die offene Tür hörte man das polternde Treiben am schwarzen Stammtisch.

      »Wie im Münchner Brauhauskeller«, lachte Uhlenkort.

      Der Wirt kam zurück und legte die letzte Abendausgabe des Zentralafrikanischen Reichs- und Staatsanzeigers auf den Tisch.

      »Da unten, da können Sie es lesen«, sagte er. Tredrup überflog das Blatt und las die Notiz, daß Seine Majestät entschlossen wären, selbst zur Einweihungsfeier des sechsten Kilometers des Tschadsee-Schachtes nach Mineapolis zu kommen.

      »Donnerwetter noch mal! Das ist ja eine nette Überraschung. Dieser Entschluß muß sehr plötzlich gefaßt worden sein. Unser Oberbonze in Mineapolis wußte noch nichts davon, als ich abfuhr. Da mag es ja da unten munter zugehen. Alle Wetter, da werde ich wohl schon morgen telegrafisch zurückgerufen werden.«

      Er setzte seinen Krug an und tat einen gewaltigen Zug.

      »Dann ist das hier sicherlich nicht mein letzter Krug heute gewesen.

      Jetzt ist Tied, Tredrup … Obermoser, noch einen Herr Obermoser!«

      »Halt mal! Herr Uhlenkort, jetzt böte sich auch für Sie vielleicht Gelegenheit, an den Schacht zu kommen. Sicherlich werden die europäischen Diplomaten eingeladen werden. Ich sagte Ihnen vorhin, daß man kaum einen Schwarzen, geschweige denn einen Weißen, der nicht direkt mit den Bauten zu tun hat, in die Baustelle einschmuggeln kann. Es heißt hier wie im alten Europa: Das Betreten der Baustelle ist Unbefugten strengstens verboten. Aber wenn Sie in Begleitung Ihres Botschafters hinkommen, ließe sich die Sache am Ende machen.«

      »Der Gedanke ist gut, Herr Tredrup. Ich werde mich morgen früh bei unserem Botschafter melden lassen und hoffe bestimmt, auf diese Weise den Bau zu sehen. Wir sind doch in Europa recht neugierig. Sie wissen ja, daß solche Projekte auch bei uns aufgetaucht sind … besonders als sich die Erdölvorkommen dem riesig angestiegenen Bedarf nicht mehr gewachsen zeigten und man zur Ausbeutung der mächtigen Kohlenlager Spitzbergens überging … Aber alle diese Projekte sind ihrer Sinnlosigkeit wegen immer wieder verworfen worden. Das letzte Mal hatte der amerikanische Ingenieur Grimmaud dafür Propaganda gemacht. In Europa hat er kein Glück gehabt, aber Augustus Salvator ist seiner Beredsamkeit unterlegen … wie es scheint … oder sollte er doch mal wieder schlauer gewesen sein als alle anderen?«

      »Wie meinen Sie das, Herr Uhlenkort?« Dabei betrachtete er Uhlenkort mit aufmerksamen Blicken.

      Der zuckte die Achseln.

      »Nun, ich denke mir, daß der Plan, einen tausend Meter weiten Schacht so tief in die Erde einzubringen, daß man die Erdwärme technisch im größten Stile ausnutzen und viele hunderttausend Pferdestärken … nein, Millionen von Pferdestärken damit gewinnen kann, ein Plan, der von den Fachleuten der ganzen Welt als töricht und unmöglich und nicht lohnend verlacht wird – daß ein solcher Plan kaum geeignet ist, einen Mann wie den Kaiser Augustus, einen genialen, scharfsinnigen, überlegenen Mann, zu veranlassen, Staatsgelder im Betrage vieler Milliarden hineinzustecken, um sich schließlich zum Gespött der Welt zu machen.«

      »Hallo, Herr Uhlenkort! Wie kommen Sie darauf? Was meinen Sie?«

      Uhlenkort schaute prüfend in das Gesicht seines Gegenübers und lächelte leicht.

      »Nun, mein lieber Herr Tredrup, ich denke vielleicht genau dasselbe, was Sie auch denken.«

      »Deubel noch mal! Können Sie Gedanken lesen? Woher wissen Sie, ob ich denke und was ich denke?«

      »Herr Tredrup, zum Diplomaten sind Sie nicht geboren, die verschiedenen Krüge Pschorr nicht zu vergessen. Ihr Gesicht sagt mir, daß Sie was denken, und ich glaube auch zu wissen, was Sie sich denken.«

      Einen Augenblick saß Tredrup stumm. Dann tat er einen tiefen Atemzug und rief: »Prost, Herr Uhlenkort! Daß ich nicht zum Diplomaten geboren bin … große Schmeichelei … diese Bande ist mir alles andere als sympathisch … Hol’s der Teufel … aber trotz der verschiedenen Krüge halte ich Sie doch für einen der schlauesten …

      Burschen, die unter Gottes Sonne herumlaufen. Denn … was ich vermute, will ich gar nicht sagen. Sie scheinen ja zu wissen. Wird es aber Wahrheit, dann hat der Kaiser Augustus, dieser schwarze Augustus, einen Erfolg, der ihm eine Handvoll starker Trümpfe gibt.

      Aber zur Sache! Woher kommt Ihnen dieses Wissen? Oder vielmehr, was wissen Sie denn eigentlich? Wozu wollen wir unter uns Hamburgern noch weiter Versteck spielen?« Statt Antwort zu geben, benetzte Uhlenkort seinen Zeigefinger in dem Untersatz seines Glases und malte auf die Eichenplatte des Tisches die chemische Formel CaCund wischte sie sofort wieder weg, sobald Tredrup einen Blick darauf geworfen hatte.

      »Karbid! Damn me! God bless your nose! Ihr Riecher ist nicht schlecht!«

      »Ich sagte Ihnen bereits, daß Sie zum Diplomaten keine besonderen Talente haben. Wände haben Ohren! … Überall in der Welt. Sie schreien ein Wort in die Landschaft, Herr Tredrup, das heute vielleicht noch bedeutungslos, morgen, aus Ihrem Mund gesprochen, Verletzung eines Staatsgeheimnisses ist.«

      Tredrup schlug sich mit der Hand auf den Mund.

      »Die vielen Biere! Sonst hält Klaus Tredrup besser dicht. Sie werden die Bedeutung vielleicht noch höher einschätzen als ich. Sie haben Recht, die Sache ist nicht ganz ungefährlich. Aber heut Abend wollen wir nicht mehr davon sprechen. Nein! Lieber irgendwo anders, in Gottes freier Natur, wo keine Wände und keine Ohren zu fürchten sind. Auf alle Fälle werde ich Ihnen vor meiner Abreise noch Nachricht geben.

      Eine Aussprache über diese Frage ist unbedingt notwendig. Auch darüber, wie man den Schwarzen diesen Trumpf aus der Hand nehmen könnte.«

      »Wie? Wie meinen Sie das!« rief Uhlenkort erregt. Tredrup warf einen Blick in die Runde und drückte den Finger auf den Mund.

      »Nun, Herr Obermoser«, wandte er sich an den eintretenden Wirt, »wollen Sie frischen Anstich melden?«

      »Nein, Herr Tredrup«, sagte der Wirt, »es ist jemand draußen, der Sie sprechen möchte.« Bei diesen Worten machte er ein kaum merkliches Zeichen … Polizei.

      Tredrup stutzte einen Augenblick, dann ging er mit dem Wirt zur Tür.

      Durch die geöffnete Tür trat jener schwarze Gentleman, der mit Guy Rouse und dann später mit Juanita gesprochen hatte. Er murmelte ein paar undeutliche Worte und fragte dann: »Sind

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