Скачать книгу

Sie findet in der neuen alten Heimat ein unendlich viel reicheres Betätigungsfeld. Ich bin auch fest überzeugt, daß bei dem immer stärker werdenden Rassenbewußtsein und Stolz der Schwarzen die Frage in diesem Sinne gelöst werden wird.«

      »Hoffen wir, daß du recht behältst! Ich bin etwas skeptisch und möchte nicht die Notwendigkeit von der Hand weisen, der Sache mit etwas Druck nachzuhelfen. Blieben also schließlich noch die Halfcasts?«

      »Die wird wahrscheinlich keine von beiden Parteien haben wollen«, sagte Isenbrandt lachend.

      »Also ein Schiedsgericht!«

      »Jawohl, ein Schiedsgericht.«

      Beide lachten laut auf.

      »Das wird wohl tagen, bis der Jüngste Tag anbricht«, sagte Wellington Fox. »Die Frage ist buchstäblich eine weitverzweigte. Oft ist kaum zu entscheiden, wo das Halfcaft aufhört oder anfängt. Denke zum Beispiel an John Dewey und seine Tochter Florence.«

      »Allerdings. Dein Beispiel ist typisch. Hier wird die Schwierigkeit der Frage evident. Das Schicksal der Florence Dewey und des jungen Discount Lowdale ist tragisch. Die Nachricht von dem Tode Averil Lowdales hat mich tiefberührt. Ich schätzte ihn sehr. Auch der General Bülow betrauert in ihm einen guten Kameraden und tüchtigen Offizier. Du warst bei seinem Tode zugegen?«

      »Ich kam leider zu spät. Ich konnte dem Mörder, dem Schuft, dem Cameron nur noch ein paar Kugeln nachschicken, von denen eine auch Gott sei Dank getroffen hat.«

      »Wie? Du erschossest ihn?«

      »Nicht direkt. Ich verwundete ihn nur. Er lief mir fort. Ungefähr eine Woche später gab es eine Razzia im Chinesenviertel, wo sich viele der Kompromittierten versteckt hatten. Dort fand man auch Collin Cameron. Er lag in den letzten Zügen. Die an sich nicht tödliche, aber schlecht behandelte Wunde führte sein Ende herbei.«

      »Maria wird darüber nicht trauern. Ich glaube, sie hat auch jetzt noch manchmal dieses Halunken wegen Beklemmungen gehabt. In seiner Rachgier war er reiner Asiate. Was wurde aus den Deweys?«

      Wellington Fox zuckte die Achseln.

      »Sie verzogen alsbald aus Frisko und befinden sich seitdem ständig auf Reisen. Die arme Florence ist nur noch ein Schatten ihrer selbst. Nach dem tragischen Ende Averil Lowdales lag sie wochenlang auf den Tod danieder. Für den Vater war diese Krankheit in einer Beziehung sogar ein Vorteil. Man ließ deswegen davon ab, ihm wegen gewisser Konspirationen den Prozeß zu machen. Ich habe mich auf Helens Bitten in diesem Sinne sehr bemüht …«

      »Und da du, alter Freund«, vollendete Georg Isenbrandt lachend, »neuerdings einiges in den Staaten zu bedeuten hast, ist dir das natürlich glänzend gelungen.«

      »Spotte nur, alter Junge!« lachte Fox. »An der Wiege von August Wilhelm Fuchs in Berlin an der Panke wurde allerdings nicht gesungen, was aus Archibald Wellington mal werden könnte. Mein teurer Schwiegerpapa bedauert täglich, daß ich nicht in den Staaten geboren bin. Sonst wäre mir nach seiner Meinung der Präsidentenstuhl sicher.

      Über meine Absichten für die Zukunft wußte er bisher noch nichts Gewisses. Erst jetzt, nachdem ich mit mir klar bin, will ich ihm damit kommen. Erst mußte ich sicher sein, daß meine Pläne deine Unterstützung finden.«

      »Die hast du, Fox!«

      Die beiden Freunde hatten auf ihrer Wanderung den höchsten Punkt der Straße erreicht. Hier blieben sie eine kurze Zeit stehen. Vom Golde der sinkenden Sonne beleuchtet, dehnte sich weit vor ihren Blicken die Havel. Weit drüben am Horizont schimmerten die Türme und Bauten von Siemensstadt.

      Gerade jetzt erhob sich dort eine Flottille mächtiger Flugschiffe. In schneller Folge stiegen sie auf, setzten sich in Kiellinie und nahmen den Kurs nach Osten. Unablässig gewannen sie dabei an Höhe, wurden klein und immer kleiner und waren schon fast Punkte, als sie über den Köpfen der beiden Freunde dahinzogen.

      Wellington Fox verrenkte sich beinahe das Genick, um sie über sich zu beobachten.

      »Was ist das, Georg?«

      Es dauerte lange Sekunden, bevor Isenbrandt, wie aus Träumen erwachend, die Antwort gab: »Was das ist, Fox? Ver sacrum! Ein neuer heiliger Frühling, den das alte Europa nach Asien schickt. Junge Siemensstädter sind es mit ihren Frauen und Bräuten, die dorthin gehen. Das sind keine Bauernsiedler, sondern Industriesiedler.«

      Wellington Fox unterbrach den Freund: »Ich hörte davon. Aber ich wußte noch nicht, daß diese Pläne sich bis zur Ausführung verdichtet haben. Bisher wollte sich europäisches und amerikanisches Kapital nicht recht an die Ausbeutung der asiatischen Bodenschätze heranwagen.«

      »So war es, Fox, solange die politischen Machtverhältnisse da drüben in Asien unsicher waren. Jetzt hat sich das radikal geändert. Jetzt, wo unsere Herrschaft feststeht, sind plötzlich Riesenkapitalien vorhanden, um die reichen Bodenschätze dort zu heben. Was Europa in Afrika verloren hat, findet es in Asien dreifach wieder.«

      Die letzten Flugschiffe der Flottille waren jetzt am dunklen Osthimmel verschwunden. Wellington Fox, der ihnen bis zuletzt nachgespäht hatte, sprach wieder:

      »Wenn aber Kapital und Bevölkerung in diesem großen Maße nach Osten verpflanzt werden, wird sich dann nicht der Schwerpunkt Europas, sein Schwerpunkt in jeder Beziehung nach Osten verschieben?«

      »Nein, Fox. Man wird dort Eisen schmelzen und Halbfabrikate machen. Aber die Feinfabrikation bleibt in Europa. Die Schreibtische … die Organisation … das Hirn, das diesen ganzen Mechanismus steuert, bleibt hier, wo es wurzelt und ausschließlich gedeihen kann. Du brauchst keine Entvölkerung Europas zu befürchten. Es bleibt das Züchtungsland hochwertigen weißen Blutes.«

      Langsam weiterschreitend hatten sie das Heim Isenbrandts erreicht. Durch das Gartentor schritten sie den Abhang zum Hause empor. Unter dem Schatten des schon leicht vergilbenden Laubes einer alten Kastanie saß Frau Maria im Kreise ihrer Gäste.

      Theodor Witthusen … Francis Garvin … Helen Fox, geb. Garvin. Ihr Geplauder schallte den Eintretenden entgegen. Jetzt hatte Helen die beiden erspäht.

      Schnellfüßig eilte sie ihnen entgegen.

      »Endlich kommt ihr. Wir hatten uns so auf die gemeinsame Kaffeestunde gefreut, und jetzt, wo sie vorüber ist, kommt ihr erst. Daran bist du sicher schuld.«

      Wellington Fox deutete mit der Miene eines unschuldig Verdächtigten auf Georg Isenbrandt.

      »Ich wasche meine Hände in Unschuld. Da steht er, der Missetäter. Zwei Stunden rammte ich das Pflaster des Bismarckdammes. Nimm dir ein Beispiel an dem Gesicht Marias, Helen dear. Nichts von Vorwürfen … nichts von Ungeduld. Glückselig der Mann, der ein sanftmütig Weib freite!«

      »Wellington! … Du Ungeheuer … Du Unhöflichster aller Menschen …«

      »Diese Versicherung hörte ich seit dem ersten Tage unserer Bekanntschaft wohl täglich ein dutzendmal.«

      »Pfui, Wellington! Du bist …«

      »… der unhöflichste Mensch auf Erden.«

      Ein leiser Klaps auf Wellingtons Wange quittierte seinen Einwurf. Lachend enteilte sie seinem Griff und hing sich in Marias Arm, die an Isenbrandts Seite zur Terrasse emporschritt.

      Brummend ging Wellington Fox ihnen nach. Sein Auge haftete auf den beiden ebenmäßigen hohen Gestalten der Isenbrandts. Äußerlich wie innerlich schienen diese beiden Menschen wie füreinander gemacht. Der Zufall, der sie einst zusammengeführt, hatte sie auf ewig aneinandergebunden.

      Keine lange Werbung … keine Beteuerung der Liebe … kein langsames Aufsprießen einer Neigung … Das erste Zusammentreffen entschied über ihr Schicksal … und das vollendete sich, als die Stunde gereift.

      Und dann glitt sein Blick zu Helen. Mit Entzücken verfolgte er die Bewegungen ihrer zierlichen Glieder und dachte bei sich:

      Ich hätte mein Leben lang nicht geglaubt, daß es unter Milliardärstöchtern so ein famoses Mädel gibt. Weiß der Teufel, was die Dollarkönige

Скачать книгу