Скачать книгу

gemeinsamen Transaktionen nicht den gewünschten Erfolg gehabt haben, sehe ich mich genötigt, meinen Teil am Geschäfte zu liquidieren. Da von dem bankrotten Haupthause in Peking nichts zu erwarten ist, muß ich mich an den noch zahlungsfähigen Sozius … an das Haus Dewey halten … Da ich für Schecks in meiner augenblicklichen Lage keine Verwendung habe, möchte ich Sie ersuchen, die Rechnung in bar zu begleichen.«

      John Dewey stand starr. Mit einem Blick unsäglicher Verachtung maß er den Gegner. Collin Cameron hielt den Blick kühl lächelnd aus.

      »Mit Rücksicht auf unsere früheren angenehmen Beziehungen bin ich bereit, die Angelegenheit kulant zu erledigen. Ich wünsche nichts, als den Schmuckkasten Ihrer Tochter … Sie selbst waren ja stets ein Verächter des glitzernden Tandes … Aber auch auf diesen Kasten würde ich sogar verzichten, wenn Sie mir den Preis dafür, den ich billig mit zehn Millionen Dollar taxiere, in bar erlegen … Sie sehen, ich bin bescheiden.«

      Dewey hatte die höhnische Suada Collin Camerons zunächst mit beherrschter Ruhe angehört. Erst als der Name seines Kindes fiel, stieg eine dunkle Röte in sein Gesicht. In dem Augenblick, in dem Collin Cameron seine Worte mit einer ironischen Verbeugung schloß, stürmte er mit geballten Fäusten auf ihn los.

      »Hund! … Hund, du …!«

      Ein schallender Schlag seiner Rechten traf die Wange Collin Camerons.

      Im selben Augenblick war Dewey von einem Dutzend kräftiger Arme gepackt und zu Boden geschleudert. In rasender Wut hatte Collin Cameron eine Schußwaffe gezogen und zielte auf den Daliegenden. Im letzten Augenblick besann er sich und steckte sie mit einem Fluche wieder zu sich.

      »Vorwärts!« rief er seinen Kumpanen zu. »Nehmt, was ihr findet!«

      Mit schnellen Sprüngen eilte er allen voran die Treppe empor. Während die meisten seiner Begleitung sich in den ausgedehnten Räumen zerstreuten, schritt er mit sicherer Ortskenntnis nach den Zimmern von Florence.

      Durch den Lärm aufmerksam geworden, trat sie ihm an der Tür entgegen. Fassungslos sah sie auf Collin Cameron und die wüsten Gestalten seiner Begleitung.

      »Was ist? … Was geht hier vor? … Wo ist mein Vater?«

      Mit tiefem Erblassen wandte sie sich an den durch sein elegantes Äußere von der übrigen Bande so merkwürdig abstechenden Cameron.

      »Ihren Schmuckkasten, Miß Dewey … Etwas schnell, wenn ich bitten darf. Wir sind in Eile!«

      »Mein Vater! … Wo ist mein Vater? … Sie haben ihn getötet!«

      Mit einem Schreckensschrei suchte sie an Collin Cameron vorbeizukommen, um nach unten zu eilen.

      »Halt! Hiergeblieben! Ihrem Vater ist nichts geschehen … Zeigen Sie uns, wo Sie Ihren Schmuck verwahren, und alles ist in Ordnung!«

      Mit einem lauten Schrei »Vater!« taumelte Florence zurück.

      Wie im Nebel sah sie plötzlich Collin Cameron von hinten niedergerissen werden. Sie fühlte, wie ein Arm sie umschlang. Eine ihr so wohlbekannte Stimme drang an ihr Ohr.

      »Florence! Ich bin bei dir! … Hierher, Kameraden! … Hierher!«

      Vom Erdgeschoß drang der Knall mehrerer Schüsse nach oben. Für die Plünderer in den Räumen ein Signal, schleunigst die Flucht zu ergreifen. Auch Collin Camerons Begleiter waren im Augenblick verschwunden, ohne sich um den Führer zu kümmern, der halb betäubt am Boden lag. In den unteren Räumen und im Garten entspann sich zwischen den flüchtenden Banditen und dem vordringenden weißen Stoßtrupp ein reguläres Feuergefecht. Alle Aufmerksamkeit der Befreier konzentrierte sich hierhin.

      Der Lärm dieses Kampfes drang auch nach oben und weckte Collin Cameron aus seiner Betäubung. Er öffnete die Augen und sah um sich. Schnell hatte er die Situation erfaßt. Er kannte das Haus von früher her gut und wußte, daß von Florences Zimmern ein offener Balkon direkte Verbindung mit dem Garten hatte. Einmal aus dem Hause, würde er sich unter die weißen Stoßtrupps mischen und sich bei Gelegenheit unbemerkt entfernen.

      Er erhob sich und trat durch die Tür in das benachbarte Zimmer. Blitzschnell glitt sein Blick überall prüfend umher. Vielleicht konnte er den Aufbewahrungsort des Schmuckes doch noch im letzten Augenblick entdecken. Da sah er durch die halbgeöffnete Tür im dritten Raum die Gestalt eines Mannes, der in seinen Armen Florence Dewey hielt.

      Er stutzte und blieb lautlos stehen. Da … ein Zittern ging durch seine Glieder. Er erkannte Averil Lowdale, den Sohn des Mannes, der ihm die Lordschaft Lowdale geraubt.

      Nur einen kurzen Moment, und er hatte die Ruhe wiedergewonnen, hob die Schußwaffe, zielte sorgsam und drückte ab. Mit einem Sprunge war er an der Balkontreppe. Mit wenigen Sätzen stand er im Garten und eilte um das Haus der Straße zu.

      Da knallte es hinter ihm. Er fühlte, wie eine Kugel seinen Rücken streifte. In rasender Eile stürmte er weiter. Noch mehr Schüsse hinter ihm, doch keine Kugel traf ihn mehr.

      *

      Dort, wo die Havel das Spandauer Gemünd verläßt und sich zum mächtigen See weitet, lag an den Hängen des Ostufers das Besitztum Georg Isenbrandts. Gleich von der Uferstraße aus stieg das Gelände hier scharf in die Höhe, und das geräumige Landhaus lag wohl fünfzig Meter höher als der Fluß. Ein weiter Garten, mit alten Laubbäumen dicht bestanden, erstreckte sich von der Höhe des Hauses bis zur Uferstraße hin. Schon zeigte das Laub in diesen Septembertagen jene leichte Vergilbung, die den kommenden Herbst und Laubfall zuerst verkündet. Aber die Sonne, die schon ziemlich tief über dem Westufer des Sees stand, warf breite Ströme goldenen Lichtes über das Laub der Eichen und Kastanien, ließ die uralten Randkiefern in purpurner Pracht erstrahlen.

      Die Villa Isenbrandt hatte Gäste. An einem Kaffeetisch unter der Krone einer mächtigen Kastanie saßen Theodor Witthusen und Francis Garvin. Dem Amerikaner ließen die Geschäfte auch hier keine vollkommene Ruhe. Eine beträchtliche Post lag vor ihm auf dem buntgemusterten Damast, und eilig und eifrig durchlas er Brief auf Brief. Während er die Schriftstücke studierte und hin und wieder mit Randnoten versah, blickte Witthusen in gemächlicher Ruhe auf das weite Panorama, das sich da vor ihm dehnte: die grünen, vom Sonnenlichte goldig gefleckten Flächen des Gartens, den breiten, blauen Havelsee und dann die Uferberge von Spandau bis Potsdam.

      Jetzt wanderte sein Blick aus den Fernen zurück und ruhte lange auf dem Paar, das dort unten im Garten an der Böschungsmauer stand: Maria und Helen. Arm in Arm standen sie dort und spähten die Userstraße entlang, als warteten sie auf das Erscheinen weiterer Gäste. Äußerlich ein ungleiches Paar, die zierliche kleine Helen und die hochgewachsene Maria. Verschieden auch nach Charakter und Gemüt, waren sie doch schnell miteinander befreundet geworden. Maria hatte den Arm um Helens Taille gelegt und hörte geduldig und freundlich dem munteren Geplauder Helens zu.

      »Meine Freundinnen in Amerika haben mich weidlich um die romantische Art beneidet, in der Wellington um mich geworben hat. Aber genau besehen ist das doch eigentlich gar nichts gegen die Art, in der du mit Georg Isenbrandt zusammenkamst. Die Schreckensstunden in den Ruinen von Karakorum und die Errettung durch Isenbrandt, das wäre an sich schon eine Brautwerbung, wie sie so leicht nicht wieder vorkommt. Aber die Art, wie Isenbrandt überhaupt auf dich aufmerksam wurde, das scheint mir doch der Gipfel der Romantik zu sein. Die Ähnlichkeit mit seiner toten Braut benutzt das Schicksal, dich ihm zuzuführen.«

      »Nun ja, Helen … ein reiner Zufall war es doch nicht. Die Ähnlichkeit ist schließlich doch durch eine wenn auch entfernte Blutsverwandtschaft begründet.«

      »Ja, das mag ja sein, Maria. Aber wunderbar bleibt diese Fügung des Schicksals doch. Eine derartige fabelhafte Ähnlichkeit ist schon ein großes Wunder. Ich weiß, du mit deinem kühlen Blut empfindest das gar nicht so wie ich. Wenn ich das meinen Freundinnen drüben in den Staaten erzähle, wird man es mir kaum glauben wollen. Bitte, erzähle mir einmal genau, wie das war … damals auf dem Kirchhof.«

      Einen Augenblick sah Maria über die weite Fläche, und ein ernsterer Ausdruck lag auf ihrem Gesicht. Dann, wie aus einem kurzen Traum erwachend, wandte sie sich zu Helen.

      »Es

Скачать книгу