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      »Vier Uhr, Pa! Wellington muß schon in Frisko sein.«

      »Er muß jede Minute kommen!«

      »Mir scheint, Pa, deine Ungeduld nach Wellington ist größer als meine. Die Tatsache, daß sein Name jetzt in aller Munde ist, daß die Zeitungen auch außer der Chikago-Preß fast täglich über ihn schreiben, scheint dir gewaltig zu imponieren.«

      »Gewiß, Deary! Das gestehe ich unumwunden ein. Ich hätte das, was er hier in den letzten schweren Zeiten geleistet, nicht von ihm erwartet. In ihm ist eben noch mehr als das übliche, in jedem Journalisten steckende Stück von einem Politiker, Diplomaten und Militär vorhanden. Ich sehe nicht ein, weshalb er nicht auch später noch eine Rolle in der Politik der Union spielen sollte. Er hat den Kopf zu Größerem!«

      »Nur nicht! Pa … nur nicht! … Ich will keinen Politiker zum Mann. Die haben alle keine Zeit, an ihre Frau und ihre Familie zu denken.«

      »Du bist eigennützig, Helen! Was ich sagte, war mein voller Ernst. Es wäre schade und für unser Land zu bedauern, wenn Wellington Fox seine große Begabung nicht voll auswirken lassen könnte.«

      »Aber Pa, ist das so? … Du übertreibst wohl ein bißchen?«

      »Keineswegs, Helen! Ohne seine Fähigkeit, die Fäden, die sich vom Gelben Reich über die ganze Erde spannten, zu entdecken, hinter die Geheimnisse der feindlichen Organisationen, auch der Schwarzen, zu kommen, wäre die Gefahr überraschend über uns hereingebrochen. Und ohne seine Tatkraft und Geschicklichkeit bei der Organisierung unseres Widerstandes wäre der Kampf wohl nicht so schnell beendet worden.«

      »Hör auf, Pa, mit deinen Lobpreisungen. Ich erröte für Wellington. Er würde dich sicher auslachen, wenn er dich so hörte. Doch halt! Ein Auto! … Ich sehe ein Auto in den Park einfahren.

      Wellington ist darin. Ich erkenne ihn. Er winkt mit dem Taschentuch. Der dort neben ihm ist sicher sein Freund Lowdale, den er sich aus Turkestan eingeladen hat. Er wurde in den Kämpfen mit den Kirgisen schon früh verwundet.«

      »Lowdale?« fragte Mr. Garvin. »Der Name … Ist das jener Lowdale, der einst Florence …«

      »Ja, Pa!«

      »Dann ist es wohl gut, daß sie eben fort ist. Ein Zusammentreffen hier wäre sicher für alle peinlich gewesen.«

      »Ja, Pa! … Doch da sind sie schon.«

      Sie eilte dem Wagen zu. Mit einem großen Sprung stand Wellington Fox auf ebener Erde. Dann fing er sie in seinen Armen auf, und ein halbes Dutzend Küsse bekräftigte die Freude des Wiedersehens.

      »Immer wieder wie ein Brausewind!« schalt Helen, während sie sich aus seinen Armen losmachte. »Verzeihen Sie ihm, Mr. Lowdale!«

      Sie reichte dem Gaste die Hand, während Wellington Fox zu Francis Garvin trat und angelegentlich mit ihm sprach.

      »Willkommen in Garvins Palace! Ich will Sie gleich mit meinem Vater bekanntmachen, der … was ist denn, Pa?«

      Die eben noch so heiteren Züge Garvins zeigten plötzlich einen tiefen Ernst.

      »Schlimme Nachrichten, Helen! Unsere Freude wird nur kurz sein.«

      »Was ist, Wellington?«

      Sie eilte zu ihrem Verlobten und drängte sich an ihn.

      »Unruhen in der Stadt, Helen! Der Pöbel aller Farben … hauptsächlich der Schwarzen, ist mobil. Irgend jemand hat es verstanden, die schwarze Plebs unter Vorspiegelung politischer Ziele noch einmal zum Kampfe gegen die Weißen aufzuhetzen. In Wirklichkeit handelt es sich darum, daß einige Drahtzieher, ehe sie den heißen Boden der Union verlassen, sich noch die Taschen füllen wollen.

      Schwere Stunden … vielleicht Tage … stehen bevor. Ich riet deinem Vater, sich mit dir sofort für alle Fälle auf eure Jacht zu begeben.«

      »Und du?« fragte Helen besorgt.

      »Ich … ich, Helen … wenn’s wo etwas Interessantes zu sehen gibt, muß ich doch der Chikago-Preß Meldungen schicken können.«

      »Ach, Wellington! Wenn du nur deshalb hierbliebst, wäre ich ohne Sorge. Aber leider wirst du das nicht tun«, ihre Stimme zitterte, sie kämpfte mit unterdrückten Tränen. »Ganz sicher wirst du immer da sein, wo es am schlimmsten zugeht …«

      »… und kräftig mittun! Der Tanz wird gleich beginnen. Ich kam nur hierher, um euch zu warnen und dich zu küssen. Unser Wagen wartet, um uns sofort nach der Stadt zurückzubringen. Im Hafenviertel wird es inzwischen schon losgegangen sein. Der Hauptstoß richtet sich gegen Nob Hill, das Millionärsviertel …«

      »Nob Hill?« Sie drückte erschrocken die Hand aufs Herz. »Oh, die arme Florence! Vor kurzem noch war sie hier. Eine Viertelstunde früher hättet ihr sie hier getroffen.«

      »Verfl…!« preßte Fox durch die Zähne und warf einen Blick auf seinen Begleiter.

      Averil Lowdale war erblaßt. Trotz seiner äußeren Unbewegtheit war seine Aufregung unverkennbar. Ein düsteres Feuer brannte in seinen Augen.

      Fox hatte ihn sofort begriffen.

      »Du siehst, Helen, daß wir sofort zurück müssen.«

      Er wandte sich zu Francis Garvin.

      »Sie werden sich unverzüglich mit Helen auf Ihre Jacht begeben? Das Bewußtsein, daß Sie mit Helen außer Gefahr sind, würde mich sehr beruhigen.«

      »Ich werde Ihrem Wunsch willfahren, Mr. Fox, obwohl es mir schwer fällt, vor dieser Kanaille aus Garvins Palace zu fliehen.«

      »Danke, Mr. Garvin! Leb wohl, Helen!«

      Er zog sie an sich und küßte ihr die Tränen von den Wangen.

      »Keine Angst, Helen! Du hast mich so oft Unkraut gescholten, daß du jetzt auch an das Sprichwort von jenem edlen Kraut glauben mußt.«

      »Wellington! … Wellington!«

      Helen sah unter Tränen lächelnd ihrem Verlobten nach. Dann hörte sie den Wagen anfahren. Noch ein Winken der Insassen, und dann war er um eine Wegbiegung verschwunden.

      Während die Hauptmasse des aufgehetzten Pöbels sich noch in wechselvollem Kampfe mit den weißen Stoßtrupps beim Plündern der Läden in den großen Geschäftsstraßen aufhielt, war eine offenbar besonders gut dressierte Gruppe, die unter einem außergewöhnlich gerissenen Führer zu stehen schien, bereits ohne Zeitverlust und ganz überraschend durch unbewachte Seitenstraßen in das Viertel von Nob Hill eingebrochen. Bereits hatten sie fast ungehindert, nur mit vereinzeltem Widerstand der Bewohner kämpfend, eine Reihe reicher Privathäuser ausgeräumt. Die Kostbarkeit ihrer Beute sprach für die Richtigkeit ihres Planes, der nach den Anweisungen des Führers streng systematisch durchgeführt wurde.

      Erst als sie sich dem Hause von John Dewey näherten, weigerten sich die Farbigen aus der Bande, hier mitzumachen. Nach kurzem, erregtem Wortwechsel trennte sich die Gesellschaft. Die meisten Farbigen zogen weiter, während der Rest mit dem weißen Gesindel in Deweys Haus eindrang.

      Das verschlossene Tor war schnell erbrochen. In der großen Halle des Erdgeschosses trat ihnen John Dewey entgegen, während eine kleine Gruppe Bedienter sich ängstlich im Hintergrunde verhielt.

      »Was soll das? … Was wollen Sie hier?«

      Drohend aufgerichtet stand er vor den Eindringlingen. Seine Augen schossen zornige Blitze.

      Einen Augenblick stutzte der Haufe.

      »Einen kleinen Zehrpfennig für die Reise!« erscholl es da aus dem Hintergrunde.

      Dewey richtete seine Augen auf den Sprecher.

      »Was? … Sie, Mr. Cameron? … Sie hier unter diesen Räubern, Plünderern?«

      »Sehr wohl, Mr. Dewey!«

      Collin Cameron war ein paar Schritte vorgetreten und stand dicht vor dem Hausherrn. Mit einem kalten Hohnlächeln weidete er sich an der grenzenlosen

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