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Diese Arbeit stützte sich in der Hauptsache auf die Theorie der Kontinental-Verschiebungen.

      Sie wissen aus den Tageszeitungen, daß diese Theorie, die zu Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts von dem deutschen Gelehrten Wegener aufgestellt wurde, im Laufe der Jahrzehnte durch immer neue Beobachtungen gestützt wurde und heute die Grundlage der Geologie bildet.

      Mit mathematischen Deduktionen von zwingender Kraft und genialer Auswertung aller geologischen Erkenntnis wurde in diesem Gutachten der Beweis erbracht, daß die Pläne der Canal Company zur Katastrophe führen müßten.

      Leider wurde jenem Schriftstück nicht sofort die ihm gebührende Bedeutung beigelegt. Das wird von der Regierung offen zugegeben.

      Jedoch möchte ich zur Entschuldigung sagen, daß das Schriftstück anonym – nur J. H. unterzeichnet – bei uns einlief. Ich möchte hinzufügen, daß der Autor dieser Arbeit auch heute noch völlig unbekannt geblieben ist. Wir waren darauf angewiesen, die Arbeit durch unsere besten Autoritäten auf diesem Gebiet nachprüfen zu lassen.

      Begreiflicherweise nahm das geraume Zeit in Anspruch. Das Ergebnis bestand darin, daß die Richtigkeit jener anonymen Arbeit einmütig bestätigt worden ist. Der Dank, der von europäischer Seite, von Seiten der Menschheit dem unbekannten Autor J. H. gebührt, den können wir ihm nicht von Angesicht zu Angesicht abtragen.

      Doch sei er an dieser Stelle, aus dem Herzen von Millionen von Europäern kommend, ausgesprochen. Das Geheimnis, mit dem er sich umgeben zu müssen glaubt, wird von uns in vollem Maße geachtet.

      Die Schlußsätze seiner Arbeit sind von der überwiegenden Zahl aller Geologen anerkannt worden. Sie lauten wie folgt:

      1. Bei einer gleichzeitigen Explosion der benötigten Riesenmenge atomaren Sprengstoffs auf der engsten Stelle des Panama-Isthmus wird der Explosionsdruck zusammen mit dem bereits vorhandenen natürlichen Zerreißungsdruck die Festigkeit der Landenge um Prozent überschreiten. Der Isthmus wird auseinanderreißen, und der Golfstrom wird nach Westen gehen.

      2. Bei etappenweise Sprengung von weniger als fünfzehn Minen gleichzeitig wird der Landstreifen nicht über die Bruchgrenze beansprucht. Eine Zerreißung ist nicht mehr wahrscheinlich.

      Meine Herren, Sie sehen aus diesen Schlußfolgerungen, daß jede Sprengung ein gewissen Risiko für Europa bedeutet. Unsere heutige Resolution fordert nur das Minimum dessen, was wir zu unserer Sicherheit unbedingt benötigen. Ich möchte dem Hohen Haus noch sagen, daß die Volksstimmung in den Vereinigten Staaten durchaus für uns ist. Ich glaube und hoffe, daß die uns seit langem so befreundete amerikanische Regierung dem Rechnung tragen wird, unbeirrt durch dunkle Einflüsse irgendwelcher Art.«

      Eine Stunde später konnte der Sprecher verkünden:

      »Der Antrag Skandinavien-England ist einstimmig angenommen worden. Unsere Botschaft wird die Entschließungen unserer Regierung morgen früh in Washington überreichen.«

      Die Minenstadt am Tschadsee prangte in reichem Festschmuck. Seit vierundzwanzig Stunden arbeitete der Sonderdienst des afrikanischen Luftverkehrs. Seit den frühen Morgenstunden landeten die Flugzeuge in immer dichterer Folge. Von allen Seiten der Windrose her kamen sie an und wetteiferten mit den Bahnlinien, Tausende und aber Tausende von Gästen heranzubringen. Von Timbuktu her rollten die Züge in Abständen von fünf Minuten in den großen Zentralbahnhof ein. Die neue gewaltige Minenstadt, die hier an Stelle des alten Kuka in wenigen Jahren aus dem Boden gewachsen war und nach der amerikanischen Geburtsstadt des Kaisers Minneapolis, den Namen Mineapolis (Minenstadt) erhalten hatte, war diesem Massenandrang nicht gewachsen. Die große Anzahl der von der kaiserlichen Regierung Geladenen nahm die wenigen Hotels und Unterkunftsstätten im Voraus in Anspruch. Die meisten mußten im Freien bleiben, wo freilich eine gut arbeitende Organisation der Regierung für Erfrischungen aller Art sorgte.

      Von zehn Uhr Vormittag an begann sich der Riesenkreis um den Schacht mit Zuschauern zu säumen. Eine von Minute zu Minute wachsende Menge drängte gegen die hölzerne Barriere, an deren Innenseite zum weiteren Schutz des Schachtes ein starker Truppenkordon aufgezogen war. Kurz vor elf Uhr verkündete ein brausendes Rollen die Ankunft des kaiserlichen Hofzugs. Die reservierten Tribünen füllten sich mit dem glänzenden Gefolge des Kaisers.

      Punkt elf Uhr betrat Augustus Salvator die Kaiserloge. Mit kurzem militärischem Gruß wandte er sich nach den Diplomatenlogen. Dann ein paar kurze Worte mit dem Chefingenieur des Schachtes, Mr. Grimmaud.

      Ein Flugzeug, das bisher den Schacht in großen Kreisen umflogen hatte, fuhr jetzt mit einer scharfen Wendung darauf zu und überquerte ihn.

      Eben noch hatte die afrikanische Sonne mitleidslos auf die Köpfe der vielen Tausende niedergebrannt. Jetzt plötzlich bezog sich der Himmel um das Flugzeug herum. Dicker grauer Nebel lag über dem Schacht und verhüllte die Sonne.

      Der Kaiser trat an den vorderen Rand der Loge und drückte auf einen Knopf. Das schwache Echo eines Schusses klang. Im gleichen Moment schossen aus dem Schachtdunkel herauf die Strahlen eines Scheinwerfers und malten in leuchtenden Buchstaben die Worte »5.Meter« auf die Nebelwand über dem Schachtmund.

      Tobend und Beifall schreiend brandeten die Massen gegen die Barriere. Die Tiefenmessung durch das Echolot, jene Erfindung des alten deutschen Ingenieurs Behm, hatte in Bruchteilen einer Sekunde mit unanfechtbarer Sicherheit bewiesen, daß die Schachttiefe fünftausend Meter erreicht hatte.

      Augustus Salvator trat auf den Chefingenieur zu und drückte ihm die Rechte. Dann hielt der Arbeitsminister, an den Kaiser gerichtet, eine kurze Rede, die, von einem Mikrofon aufgefangen, die Riesenmembrane eines akustischen Apparats in der Schachttiefe erregte und wie aus einem gigantischen Schalltrichter aus dem Schacht selbst millionenfach verstärkt in die Höhe drang.

      »… Und so wollen Euer Majestät die Gnade haben, den ersten Sprengschuß auf das nächste Tausend zu lösen …«

      Tiefe Stille in der Menge. Wieder berührte die Hand des Kaisers einen Hebel. Walter Uhlenkort, der hinter dem europäischen Botschafter stand, hatte das Chronometer gezogen und zählte die Sekunden.

      Bei einer Schachttiefe von fünftausend Meter mußte der Schall der Explosion vom Grunde des Schachtes bis zur Mündung sechzehn Sekunden brauchen.

      »… dreizehn … vierzehn … fünfzehn …«, murmelten seine Lippen, »… sechzehn …«

      Im gleichen Moment drang ein Schall aus dem Schachtmund, ein Schall, der viele in der Runde erbleichen und erzittern ließ.

      Die ungeheure Röhre des Schachtes ließ die Schallwellen der Explosion ungeschwächt, verstärkt durch den Widerhall, nach oben kommen. Minutenlang schien ständiger Donner der Schachtmündung zu entquellen. Es dauerte geraume Zeit, bis die Atmosphäre so weit zur Ruhe kam, daß menschliche Stimmen sich wieder vernehmbar machen konnten.

      Der Kaiser sprach mit dem Chefingenieur. Man konnte aus den Nachbarlogen bemerken, daß sein Gesicht Züge einer ungewohnten Spannung trug. Man sah ihn auf die Uhr blicken und erregten Schrittes an der Brüstung der Loge hin und her gehen.

      Der europäische Botschafter wandte sich zu Uhlenkort um.

      »Noch etwas? Das Benehmen des Kaisers zeigt an, daß noch etwas Wichtiges zu erwarten steht. Haben Sie eine Vermutung?«

      Uhlenkort zuckte die Achseln. Seine Augen waren starr auf den Kaiser und den Chefingenieur gerichtet, die offensichtlich in gespannter Erwartung, mit dem Blick auf die Uhr, dastanden. Da, ein neuer Klang aus der Tiefe! Ein schwaches Rollen gegenüber dem Getöse der letzten Sprengung. Uhlenkort sah, wie der Kaiser und der Chefingenieur zusammenzuckend aufhorchten … sah, wie der Chefingenieur hinwegeilte.

      Allmählich merkte auch das übrige Publikum, daß hier etwas Neues, Unerwartetes, Großes im Gange war. In diesem Augenblick fuhr eine Förderschale von Sohle 1 dicht neben der Kaiserloge zu Tage. Über und über mit Palmenwedeln geschmückt.

      Uhlenkort sah, wie der Chefingenieur an die Förderschale lief, dort einer Person irgendetwas aus den Händen riß. Tausende von Augen suchten zu erforschen, was wohl unter jenem weißseidenen Tuch verdeckt sein mochte.

      Exzellenz

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