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Gesteinsbrocken der sechsten Sohle – präsentieren. Uhlenkort!

      Sie machen ja ein Gesicht, als ob Sie glaubten, Majestät hätten da unten das klare Gold geschossen!«

      »Ungefähr! Herr Botschafter! Ich glaube, ich fürchte, daß …«

      »Was, Sie meinen wirklich!«

      »Sie werden sehr bald sehen, vielleicht auch riechen …«, erwiderte Uhlenkort mit einem nicht ganz freien Lächeln.

      »Sie sprechen in Rätseln, Herr Uhlenkort.«

      »Sehen Sie nach der Kaiserloge! Das Rätsel beginnt sich zu lösen.«

      Der Chefingenieur war in die kaiserliche Loge getreten, hatte seine Last auf ein Tischchen gestellt. Jetzt zog er die weiße Hülle zur Seite.

      Auf einer silbernen Schüssel lag ein kleiner Berg dunkelgrauer Gesteinsbrocken.

      »Ah, das Küree! Die tiefsten, unbekanntesten Eingeweide der Erde!

      Was will das werden?«

      Der Chefingenieur beugte sich tief über die Schüssel, als ob er den Geruch jenes wunderlichen Gesteins einsaugen wolle. Augustus Salvator griff hinter sich, faßte einen gefüllten Weinkelch und goß ihn mit kurzem Ruck auf das Gestein.

      Uhlenkort sah, wie es weiß aufbrodelte, wie das Gestein schäumte und aufbrauste.

      »Was ist das?« flüsterte der Botschafter ihm zu.

      »CaC2, Herr Botschafter!«

      Einen Moment suchte der Botschafter nach Worten.

      »Jawohl, Exzellenz, der Kaiser Augustus hat ein natürliches Karbidlager von unbekannten Abmessungen soeben erbohrt. Die Bedeutung dieses Fundes dürfte ungeheuer sein! Für Europa ein Schlag, dem es wehrlos gegenübersteht, augenblicklich wenigstens. Sie werden das bald an der Haltung des Kaisers in außenpolitischen Fragen verspüren.«

      Ein Adjutant erschien und bat die Insassen der Loge zum Kaiser. Die diplomatische Vertretung der Welt versammelte sich um Augustus Salvator. Man sah, wie der Kaiser mühsam eine große innere Freude zu verbergen suchte. Dann gewann er die Fassung wieder und sprach mit einem verhaltenen Lächeln, das von einer gewissen Ironie nicht frei war.

      »Meine Herren, als ich den ersten Spatenstich zu diesem Schacht tat in der Absicht, eine neue Energiequelle zu erbohren, erregte das in der Welt weniger Bewunderung als Verwunderung. Bis heute sind die Meinungen nicht verstummt, die dies Unternehmen als gelinde gesagt utopisch hinstellten. Das Grab unzähliger Milliarden, wie man den Schacht zu nennen pflegte. Hier der Erfolg!«

      Er nahm einige Gesteinsbrocken und reichte sie den Umstehenden.

      »Karbid! Meine Herren … reines Karbid, wie Sie sehen. Es war ein Dozent meiner Universität Timbuktu, dem die Ehre gebührt, die günstige, bergmännisch zu erbohrende Lage des natürlichen Karbids an dieser Stelle vorausgesagt zu haben. Ich gedenke heute, an diesem Tage, an erster Stelle dieses Mannes, den ein zu früher Tod von meiner Seite gerissen hat.

      Wenn das Geheimnis bis heute gewahrt wurde, so waren dafür Gründe mannigfacher Art maßgebend. Meine Herren, von heute ab steht die Energiewirtschaft Afrikas auf eigenen Füßen.«

      Mit einem kurzen Nicken verabschiedete sich der Kaiser. Tiefes Schweigen unter den zurückgebliebenen Diplomaten. Zu unerwartet waren ihnen diese Geschehnisse gekommen. Die Gesichter wurden lang und immer länger. Hier und dort begann ein leises Flüstern, dann ein Summen, Raunen und Rauschen. Uhlenkort wandte sich an den Botschafter.

      »Gehen wir, Exzellenz! Es war eine wohl gelungene Vorstellung. Ein überraschtes Publikum wird vorläufig nichts anderes tun können, als den Akteuren zu applaudieren!«

      Uhlenkort trat in das dritte Wellblechhaus der fünften Querstraße, zu dessen Entdeckung er bereits seit einer halben Stunde in der weit ausgedehnten Barackenstadt umhergeirrt war.

      »Mr. Tredrup?«

      Ein kleiner schwarzer Diener öffnete die Tür zu einem halbverdunkelten Raum. Noch bevor Uhlenkorts Augen sich an das Halblicht gewöhnt hatten, erklang eine Stimme hinter einem Bettschirm.

      »Scher di rut, du swarten Satan, hebb ich die nich seggt, dat ich slopen will?«

      »Na, Gott sei Dank, Mr. Tredrup! Die Snut geit noch. Wenn alles andere so klar ist, so soll’s gut sein.«

      »Hallo, Mr. Uhlenkort! Sie sind’s?«

      »Jawohl, mein lieber Herr Tredrup! Was machen Sie für Sachen?

      Komme ich da von der Feier und muß hören, daß Sie Ihren Kopf hingehalten haben, wo Steine fallen …«

      Das elektrische Licht flammte auf. Klaus Tredrup hatte den Schalter erwischt und richtete sich halb auf. Sein Schädel, von einem mächtigen Eisbeutel gekrönt, bot einen Anblick, der Uhlenkort unwillkürlich zum Lachen reizte.

      Tredrup stimmte ein.

      »Feiner Turban! Komme mir wie ein doppelter Hadschi vor. Freue mich riesig, daß Sie mich besuchen.«

      Mit einer kräftigen Geste fegte er ein paar Kleidungsstücke vom nächsten Schemel und machte eine einladende Handbewegung.

      »Wo kommen Sie her? Waren Sie dabei, bei dem großen Theater?«

      »Jawohl, ich befolgte Ihren Rat. Der Botschafter besorgte mir eine Karte. In seiner Begleitung kam ich hierher und sah diese ganz außergewöhnlich wirkungsvoll in Szene gesetzte Vorstellung.«

      »Zweifellos, Herr Uhlenkort. Die Sache war gut inszeniert. Aber jetzt eine Frage, über die ich mir schon verschiedentlich seit unserem Zusammentreffen den Kopf zerbrochen habe. Wie haben Sie, Herr Uhlenkort, wittern können, daß wir hier auf Karbid fündig werden würden? Das ist mir rätselhaft.«

      »Herr Tredrup, diese Wissenschaft stammt nicht von mir. Ich bin in erster Linie Kaufmann, kein Geologe. Aber ein Freund, ein Gelehrter, hat mich schon vor langen Monaten darauf aufmerksam gemacht, daß etwas Derartiges zu erwarten sei, sicher kommen müsse, und … Herr Tredrup, die Sache hat mir keine Ruhe mehr gelassen. Ich mußte selbst her, mußte sehen, was hier passiert.«

      »So, so. Und ich glaubte schon, Sie wären hauptsächlich einer Zirkusreiterin wegen nach Timbuktu gekommen.«

      Uhlenkort machte eine abweisende Bewegung.

      »Sie irren. Aber wie sind Sie denn so zeitig hinter das Geheimnis gekommen? Als Sie in Timbuktu davon sprachen, war der Schachtgrund doch noch wenigstens hundert Meter von der Fundstelle entfernt.«

      »Allerlei kleine Zeichen, Herr Uhlenkort, aus denen man seine Schlüsse zieht. Eines Tages, auch schon vor Monaten, brauchten wir einen Maschinenteil. Der Chef, Mr. Grimmaud, sagte: In Schuppen werdet ihr das Passende finden. Aber dann ging er selbst zu dem Schuppen mit. Nur er hatte den Schlüssel, schloß selbst auf und auch wieder ab. Und da sah ich … Wissen Sie, Herr Uhlenkort, ich habe mal vor zehn Jahren in einem großen Karbidkraftwerk in Turkestan gearbeitet, da sah ich Karbidkessel in diesem Schuppen, ich kenne die Form der Dinger recht genau.

      Hunderte von Karbidkesseln, und da suchte ich mir einen Vers darauf zu machen. Fing an, im Schacht das geschossene Gestein zu prüfen, goß Wasser auf verdächtige Stellen. Sie wissen ja, wie Azetylen riecht. Kurz und gut, seit Wochen war ich mir sicher, daß Seine Schwarze Majestät auf Karbid bohrten. Da gingen mir die Augen auf. Jetzt begriff ich auf einmal, was diese schleierhaften Röhrenanlagen, diese mächtigen Betonbauten in der Nähe des Schachtes zu bedeuten hatten. Ich sage Ihnen, Herr Uhlenkort, alles Weitere ist bereits bis in die letzten Einzelheiten vorbereitet. Der Kaiser wird mit überraschender Schnelligkeit riesenhafte Kraftwerke um den Schacht herum entstehen lassen.«

      »Ich fürchte es, Herr Tredrup. Und ich fürchte nach diesem Fund doppelt für das weiße Südafrika und für Europa. Unsere Diplomaten werden die Wirkungen dieses Fundes sehr bald an der veränderten Sprache und Haltung des Kaisers spüren.«

      Tredrup zuckte die Achseln.

      »Es wird wohl so werden, Herr Uhlenkort. Jeder hat

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