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Nässe gewirkt hatte, traten einzelne Buchstaben hervor. Die äußersten stärker, die innersten nur schwach.

      b …r …a …n …d …t entzifferte Georg Isenbrandt nicht ohne Mühe.

      »Und du meinst?«

      Er sah Wellington Fox fragend an.

      »… Daß vor dem ›brandt‹ noch ›Isen‹ stehen muß!«

      »Also ›Isenbrandt‹ … mein Name?«

      »Richtig, mein Freund! Ich wette, daß das Wort vollständig Isenbrandt heißt.«

      »Und was weiter?«

      »Daß hier zweifellos noch einige für dich sehr interessante Notizen stehen, die ich leider nicht lesen kann. Der Teufel mag wissen, mit welcher sympathetischen Tinte das geschrieben ist.«

      Georg Isenbrandt hielt das aufgeschlagene Buch zwischen den Händen.

      »Mag es geschrieben sein, womit es will. Auf Dynotherm reagiert es. Das dynothermhaltige Schmelzwasser der Lawine hat diese wenigen Buchstaben sichtbar gemacht … Sehen wir weiter …«

      Er wandte sich nach dem Laboratoriumstisch und fuhr mit dem Buch über den dort stehenden und immer noch dampfenden Eisblock, bis die beiden Seiten völlig durchfeuchtet waren. Dann kehrte er wieder zu Wellington Fox zurück.

      Gespannt waren vier Augen auf das Papier gerichtet. Buchstabe auf Buchstabe trat hervor. Triumphierend schlug Fox in die Hände.

      »Da steht es: ›Isenbrandt!‹ … und nun? – Was sonst noch?«

      Wellington Fox hatte das Buch ergriffen und las die Worte langsam herunter. Als er geendet, legte er es vorsichtig auf den Tisch und wandte sich zu Isenbrandt, der stumm mitgelesen hatte.

      Einen Augenblick schauten sie sich wortlos an.

      »Der Fund hat sich gelohnt, Georg! Über die Absicht der Orenburger Räuber besteht nun kein Zweifel mehr. Es ging um dein Leben … Deine Feinde haben deine Bedeutung besser erkannt als deine europäischen Freunde.«

      »Du hast recht, Fox. Der Fund war gut. Eine Warnung für die Zukunft.«

      Er nahm das Buch und schloß es in seinen Tresor.

      »Na … siehst du, Georg, ich hatte doch eine glückliche Hand, als ich die starken Prisen auf den Schnee ausstreute. Andernfalls wären die inhaltschweren Buchstaben kaum sichtbar geworden.«

      »Es ist noch einmal gut gegangen, alter Fox. Trotzdem muß ich dich warnen. Mit dem Dynotherm ist nicht zu spaßen. Es sind ungeheure Energiemengen, die du da auf dem kleinen Raum eines Lawinenfeldes entfesselt hast. Es konnte dir sehr leicht gehen wie dem Zauberlehrling, der die Geister, die er rief, nicht mehr los wurde. Was war damals mit dir los? … Irgend etwas anderes? Fox, meine Junge, ich glaube fast, daß dein Herz auch eine Dosis Dynotherm abbekommen hat.«

      »Und wenn es wirklich so wäre, dann würde ich schließlich doch auch nur berühmten Beispielen folgen.«

      Georg Isenbrandt blickte den Sprecher fragend an.

      »Ja! Dich meine ich, Georg … Gerade dich. Sollte es nur die Erinnerung an Maria Ortwin sein, die dir jene andere Mara, unsere junge Reisegefährtin, so teuer macht?«

      Isenbrandt kämpfte kurze Zeit mit einer leichten Verwirrung.

      »Du versuchst vergeblich, nach alter Fuchsenweise deine Spur zu verwischen. Aber … das wird dir nicht gelingen.

      Da es nicht die Gräfin Toresani ist, so muß es logischerweise die kleine Garvin sein, die es dir derart angetan hat … Immerhin … Francis Garvin ist dir großen Dank schuldig …«

      »… Und da Mr. Garvin niemand etwas schuldig zu sein wünscht, so hat er mir eine Vertragsurkunde zugehen lassen, die bis auf meine Unterschrift fertig war …«

      »Und die enthielt?«

      »Wenn ich sie unterschrieb, war ich der alleinige Besitzer der Chikago-Preß.«

      »Oho …!«

      »O ja! Francis Garvin läßt sich nicht lumpen … Aber Wellington Fox auch nicht!«

      »Und?«

      »Ich habe ihm seinen Vertrag fein säuberlich ohne Unterschrift zurückgeschickt … mit dem Anheimgeben, mit der Chikago-Preß andere Leute glücklich zu machen.«

      »Gut gemacht, Fox! Deine Beziehungen zu Francis Garvin werden damit nicht abgebrochen sein … taxiere ich … du lachst? … Ich werde die weitere Entwicklung mit Interesse verfolgen … Willst du mich jetzt auf einem Fluge begleiten?«

      »Gern, Georg! Aber erst muß ich mich bei dir umkleiden. Der Regen ist durch und durch gegangen. Ich hatte meine Nässe über unsere Experimente hier fast vergessen. Jetzt macht sie sich doppelt fühlbar.«

      Eine Viertelstunde später stieß die schnellste Flugmaschine der Station Richtung Nord zu Nordwest durch den strömenden Regen. Nur die beiden Freunde waren an Bord, und Georg Isenbrandt steuerte selbst.

      Je weiter sie vorwärtskamen, desto schwächer wurde der Regen, bis er jenseit des Balkaschsees ganz aufhörte. Jetzt war die Luft gut sichtig. Grüne Felder und Triften zogen unter ihnen hin, während Isenbrandt die Maschine auf die höchste Geschwindigkeit setzte. Mit etwa tausend Stundenkilometer schoß sie jetzt durch den Äther.

      Grauer wurde das Grün unter ihnen. Die Zeichen der Trockenheit, ja der Dürre mehrten sich.

      Über einer unbestellten Steppe ließ Isenbrandt das Flugschiff tief hinabgehen. In einer Höhe von kaum hundert Meter zog er an einem Hebel. Wellington Fox glaubte durch die Scheiben der Kabine eine glitzernde, flockende Masse nach unten fallen zu sehen. Es war ihm, als ob etwas auf die Fläche eines kleinen, beinahe ausgetrockneten Landsees aufschlug. Aber er war seiner Sache nicht sicher. Schon hatte Isenbrandt die Steuerung herumgeworfen und ließ das Fahrzeug in steilen Spiralen steigen. Schon hatte es wieder eine Höhe von zehn Kilometer erklommen und gewährte den Insassen einen weiten Rundblick … Vorwärts weithin in die endlose sibirische Steppe … Rückwärts bis zu den Gestaden des Balkaschsees und den Kämmen der Himmelsberge.

      Wellington Fox hatte den jähen Abstieg und das schnelle Wiederaufsteigen der Maschine mit Verwunderung beobachtet. Jetzt stellte Isenbrandt die automatische Steuerung ein und trat frei in den Raum.

      »Was war das? … Was bedeutete das?«

      In Erregung stieß Wellington Fox die Frage hervor. Instinktiv spürte er, daß etwas Außergewöhnliches im Gange war, ohne das Was und Wie zu wissen.

      Isenbrandt trat an die Fenster und wies mit der Hand nach Osten.

      »Sieh dort hin!«

      Wellington Fox trat neben ihn.

      »Was soll ich denn sehen? … Ich sehe dort nichts!«

      »Schau!«

      »Ja, was denn? … Nebel … Ich sehe die Kämme des Thian-Schan … Im Nebel … Die Wolken strömen hierher … Sie werden immer größer … sie kommen hierher … Immer schneller … Und jetzt … Und jetzt …«

      Wellington Fox war in höchster Erregung. Fast lallend kamen die letzten Worte aus seinem Munde. Jetzt wandte er sich zu Isenbrandt. Ein Blick auf dessen Gesicht … Das Gesicht des sieghaften Tatmenschen.

      Taumelnd trat er zurück. Grauen malte sich auf seinen Zügen.

      »Georg! Du? … Du! Dein Werk ist das?«

      Schweigend nickte Isenbrandt.

      Wellington Fox ließ sich auf einen Sessel fallen. Auch er sprach nicht mehr. Er deckte die Augen mit der Linken. Nur das Zucken seiner Rechten auf der Sessellehne verriet seine tiefe Erschütterung.

      Wie im Traum erinnerte er sich später daran, wie das Flugschiff noch mehrere Male in die Tiefe schoß. Wie Isenbrandt seine Bomben warf. Wie Nebel, Donner, Blitze und schwere Regengüsse dem Wege des Flugschiffes folgten.

      Waffenklirren

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