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fliegen mit dem Postschiff.«

      Collin Cameron verließ den Raum. Im Vorzimmer fiel ihm das verstörte Gesicht eines Adjutanten auf, der sich sofort dem Zimmer des Regenten näherte. Als Collin Cameron den Palast verließ, sah er die blühenden Gärten unter einer leichten Schneedecke liegen und unaufhörlich schwere Flocken niedergehen. Einen Augenblick zögerte sein Fuß.

      Schnee … In dieser Jahreszeit … In solcher Menge?

      Die Gedanken an seine Reise … an seine schwere Aufgabe ließen ihn das Außergewöhnliche nicht voll empfinden.

      Regungslos, so wie ihn Collin Cameron verlassen hatte, saß der Regent. Seine Hand tastete nach einem Globus und ließ ihn mechanisch rotieren.

      »… Um die ganze Welt spinnen sich meine Fäden zu einem Netz … stark … unzerreißlich … der 6. Juli …«

      Seine Hände legten sich ineinander. Die Finger der Rechten griffen nach dem Ringe des Dschingis-Khan und zogen ihn von der Linken. Wie von selbst glitt der Ring auf die Rechte. Wie im Spiel wiederholte der Schanti das Hin- und Herschieben des Ringes.

      Ein Klopfen an der Tür ließ ihn aufschrecken. Hastig schob er den Ring auf die Linke zurück.

      »Was ist?«

      Sein persönlicher Adjutant stand vor ihm. Dessen Gesicht war verstört, seine Augen blickten irre.

      Noch einmal rief der Schanti: »Was ist?!«

      »Es ist Winter geworden, Hoheit!«

      »Es ist Winter geworden? … Willst du mich narren?«

      Der Adjutant deutete nach den durch schwere Seidenvorhänge verhüllten Fenstern. Mit einem Ruck sprang der Regent auf und riß die Vorhänge auseinander. Ein schweres, dichtes Schneetreiben verdunkelte die Luft.

      Eine Sinnestäuschung? …

      Die Rechte des Schanti riß die Fensterflügel auf, die Linke streckte sich hinaus. Wie wenn sie in Feuer gefaßt hätte, fuhr sie wieder zurück. Die Augen des Regenten ruhten darauf … sahen, wie die Flocken unter der Wärme der Hand rasch dahinschmolzen, sahen, wie eine an dem goldenen Ring länger haftete und nur langsam schwand. Sein Auge glitt über die Gärten, die unter den Schneemassen wie unter einem Leichentuch ruhten.

      War das Natur? … Menschenwerk? … Dann …

      Zurück! Collin Cameron!

      Er wollte es schreien, als sein Blick auf den Adjutanten fiel, der stumm dastand. Im Augenblick hatte er sich wieder in der Gewalt.

      »Was willst du? … Es schneit … Es schneit … Ja natürlich, es schneit … Hast du noch keinen Schnee gesehen? … Fürchtest du dich vor Schneeflocken? … Geh!«

      In einer Baumlaube des Garvinparks in Frisko saß Wellington Fox. Die Sonne war längst untergegangen. Vom Ozean her wehte eine kühle Brise. Fröstelnd schlug Fox den Kragen seines Jacketts in die Höhe. Die Hände in die Taschen vergraben, legte er sich bequem auf der Bank zurück und schaute sinnend dem Rauch seiner Zigarre nach.

      »… Daß ich hier als Ritter Toggenburg seit einer geschlagenen Stunde sitze und geduldig auf das Kommen eines kleinen Mädchens warte … und, wenn es darauf ankommt, die ganze Nacht warten würde, hätte ich mir vor ein paar Monaten nicht träumen lassen … Ich, Wellington Fox, der mit seinen 35 Jahren bisher der Ansicht war, daß die Rose menschlicher Liebe vor ihm auch nicht ein Blatt mehr zu entfalten habe … Keinen Duft, den er nicht eingeatmet hätte …«

      Ein leises Knirschen des Kiesweges ließ ihn aus seinem Träumen aufschrecken. Schnell warf er die Zigarre auf den Boden und trat mit der Schuhsohle darauf. Im nächsten Augenblick stand Helen Garvin vor der Laube. Sie tat einen schnellen Blick rückwärts und beugte sich dann lauschend nach vorn. Und schrie leise auf, als sie sich plötzlich an der Hand ergriffen fühlte und mit sanfter Gewalt in das Dunkel der Laube gezogen wurde.

      »Komm, Helen. Das dichte Blätterdach schützt uns vor allen Späherblicken.«

      »Ah, Sie sind es, Herr Fox? Ich hatte doch die Bank auf der anderen Seite des Weges als Treffpunkt bezeichnet. Beinah wäre ich umgekehrt. Da glaubte ich hier das Glühen einer Zigarre zu sehen.«

      »Das dich anzog, wie das Licht die Motte.«

      »Herr Fox! Ich gehe sofort, wenn Sie Ihre Redensarten nicht lassen. Nein, ich konnte mir kaum denken, daß Sie es waren, der hier rauchte.«

      »Warum, Helen?«

      »Weil es sich nicht gehört, daß ein Herr raucht, wenn er eine Dame erwartet …«

      »… Die wiederum erwartet, von diesem Herrn geküßt zu werden«, vollendete Fox.

      »Herr Fox, ich weiß nicht, was man zu solcher Unverschämtheit sagen soll. Ich gehe!«

      »Gar nichts, kleine Helen, soll dein süßer Mund sagen, küssen … «

      Im Nu hatten starke Arme Helens Schulter umfaßt und eine Flut von Küssen verschloß ihren Mund …

      »Jetzt ist es aber genug.« Atemlos klang die Stimme dicht an Wellingtons Ohr.

      »Bitte! Bitte!«

      Sie entwand sich Wellingtons Armen und begann ihr verwirrtes Haar in Ordnung zu bringen.

      »Schämen Sie sich, Sie schrecklicher Mensch. Gut, daß es das letztemal war.«

      »Wann wollen wir nun heiraten?« war Wellingtons ganze Antwort.

      »Heiraten? … Wir … heiraten?«

      Helen trat entrüstet auf Fox zu, der sich auf der Bank niedergelassen hatte und mit einer Handbewegung Helen einlud, neben ihm Platz zu nehmen.

      »Erstens will ich gar nicht heiraten … und zweitens nicht einen Mann wie Sie, den allerunhöflichsten Menschen, den ich je kennengelernt habe. Alle anderen Männer sind höflich und zuvorkommend zu mir. Besonders die, die mir Heiratsanträge gemacht haben.«

      »Sie haben dich aber trotzdem nicht wie ich viermal küssen dürfen.«

      »Viermal? … Hundertmal!« rief Helen und geriet dann in unbeschreibliche Verwirrung.

      »Wenn du mich nicht heiraten willst, kleine Helen, warum hast du dich dann mit mir verlobt?«

      »Verlobt?«

      »Gewiß, Helen! Eine wohlerzogene junge Dame küßt keinen Mann, wenn sie nicht mit ihm verlobt ist. Und ist sie verlobt, muß sie ihn doch schließlich heiraten … klar?«

      Einen Augenblick stand Helen wortlos.

      »Ja … ja, das mag schon richtig sein. Aber wenn nun mein Vater nicht damit einverstanden ist, eine Abneigung gegen Sie hat und gar nicht mit sich reden läßt? Ich liebe meinen Vater sehr, aber ich kann sein Vorurteil gegen Leute, die nicht reich oder von hohem Rang sind, nicht teilen, aber … gegen seinen Willen …

      Ich bin deshalb heute zum letztenmal hierhergekommen … und will Ihnen sagen …«

      »Daß du morgen abend um dieselbe Zeit hierher, …«

      »Herr Fox! Ich gehe jetzt und komme nicht wieder!«

      »Gut!«

      »Sie dürfen mir auch nicht mehr schreiben.«

      »Gut!«

      »Sie …«

      »Bitte.«

      »Sie dürfen mich auch nicht so …«

      »Bitte.«

      »… so ansehen.«

      »Gut … Noch etwas?«

      »Nein! … Adieu, Sie …«

      Helen raffte ihr Kleid zusammen und schickte sich an zu gehen.

      Am Ausgang der Laube drehte sie sich nochmals um.

      »Adieu, Sie Mr. Gut … Sie Papagei … Sie

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