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nie erschauten Schauspiel zu erhaschen. Viele Tausende von scharfen Gläsern waren auf die Seefläche gerichtet. In allen Sprachen Europas und Asiens schrien sie einander zu, was jeder da draußen zu sehen meinte.

      Die Riesenboje, eben noch durch scharfe Gläser deutlich sichtbar, war verschwunden, spurlos in die Tiefe versunken.

      Aber rot leuchtete es aus dieser Tiefe. Einen glühenden Rachen glaubten viele dort unten zu sehen, dem gräßliche Strudel entwichen.

      Dann kam die Wirkung.

      Unter Donnern und Krachen stieg aus dem See ein riesiger Geiser in die Höhe. Aber ein Geiser, dessen Wasser nicht wieder in die Tiefe zurückfielen, sondern frei in der Luft kochten und zu Dampf versprühten.

      Schon wurde aus dem Geiser ein anderes Gebilde, das an den Ausbruch eines Vulkans erinnerte. Wie eine gigantische Dampfpinie stand es auf der Seefläche, ein enormer Stamm, dessen Äste sich in Wolkenform ausbreiteten, als Wolken den bisher stahlblauen Himmel zu bedecken begannen.

      Und wie sich das Wellenspiel um einen in das Wasser fallenden Stein nach allen Seiten ausbreitet, so begann die Wirkung dieser kochenden, siedenden Masse nach allen Seiten hin über das Wasser zu wandern. Immer breiter, immer massiger wurde der Dampfstamm, der diesen Dampfbaum trug. Schon stiegen leichte Wolken auch in der Nähe des Gestades vom Spiegel auf. Die Massen, die das Ufer umsäumten, drängten sich begierig vor. Tausende von Händen tauchten in die Wellen … prüften, fühlten … stellten fest, daß das Seewasser auch hier am Gestade schon warm wurde.

      Jetzt bedeckten die wolkigen Äste des gigantischen Dampfbaumes bereits den halben Himmel. Die Massen am Gestade sahen, wie die Fische des Sees, von der Hitze getrieben, an die Oberfläche kamen. Welse von unerhörten Abmessungen, die erst die Kraft des Dynotherms aus ihren dunklen Schlammlagern emporscheuchte, Hechte und Karpfen, was alles der See an Fischen und an anderem Getier barg, suchte sich in verzweifelter Flucht zu retten, sprang und kroch sinnlos vor Angst an die Gestade, soweit die Leiber nicht schon tot und gesotten auf der Oberfläche trieben.

      Und dann … beinahe so pünktlich, als ob es auch auf dem Programm gestanden hätte, begann ein frischer Südostwind zu wehen. In immer schärferem Zuge jagten die Luftmengen über den See. Sie packten den phantastischen Dampfbaum und zerbrachen seinen Stamm. Sie ergriffen seine Zweige, breiteten sie weiter aus und trugen sie als schwere, regenschwangere, fruchtbringende Wolken in nordwestlicher Richtung von dannen, wo das durstende junge Siedlungsland seit Wochen sehnsüchtig auf das kostbare Naß wartete.

      Jetzt war die ganze Seefläche nur noch eine einzige gleichmäßige Dampfquelle, und wie der Dampf emporstieg, ergriffen ihn günstige und bereitwillige Winde, um ihn einem gewollten Ziele zuzuführen.

      Schon lenkten die taktmäßigen Klänge militärischer Märsche die Aufmerksamkeit der Massen nach einer anderen Richtung. Auf einer großen, freien Fläche am Südufer des Sees begann die Parade der Kompagnietruppen.

      Alles, was auch nur irgendwo innerhalb der weiten Siedlungsgebiete von Streitkräften der Kompagnie entbehrlich war, hatten die großen Transportflieger hierhin zusammengebracht. Diese Parade war nicht nur als unterhaltsames Schauspiel für die Gäste der Feier gedacht. Sie sollte denen, die es anging, auch zeigen, daß die E. S. C. über schlagkräftige Mittel verfügte, um das Ihre zu wahren.

      War auch die Zahl dieser Truppen nicht imponierend groß, so mußte doch jedes militärisch geschulte Auge sehen, daß das Menschenmaterial und die Ausrüstung von einer bisher nie erschauten Güte waren.

      Die Fußtruppen eröffneten die Parade. Ihre Ausrüstung war gleichmäßig für die Ebene und die Hochalpen geeignet. Wie die Regimenter hier im Gleichschritt vor den Tribünen mit den diplomatischen Vertretern Europas und Asiens vorüberzogen, mochten sie wohl äußerlich an die Infanterie vergangener Zeiten erinnern. Doch wie der jetzige Kommandierende General Bülow dem Präsidenten der Kompagnie die einzelnen Bataillone meldete, so hätte man hundert Jahre früher noch ganze Korps melden müssen. Denn im Ernstfalle verwandelte sich jeder einzelne dieser ausgesuchten Leute in eine Kampfmaschine, von deren Furchtbarkeit sich nur wenige ein Bild machen konnten. Ein Heer des vorigen Jahrhunderts hätte diesen Truppen etwa gegenübergestanden wie ein Haufe nackter Kannibalen einer kleinen Maschinengewehrtruppe.

      Die Artillerie, die nun folgte, zeigte auch äußerlich die große Veränderung gegenüber vergangenen Zeiten. Die Rohre mit ihren Lafetten wurden hier von kleinen Dynothermtraktoren gezogen. Aber es hätte nur eines kurzen Kommandos und einiger weniger exakter Griffe der Bedienungsmannschaften benötigt, und jede dieser unscheinbaren Zugmaschinen reckte Schwingen aus und erhob sich in die Lüfte, ihr Geschütz unter sich, wie wohl ein Adler ein Zicklein in den Fängen davonträgt.

      Es gab weder in der Ebene noch in den Hochalpen eine Stellung, die nicht schnellstens von dieser Artillerie besetzt werden konnte. Eigentliche technische Truppen hatte die Kompagnie nicht. Jeder ihrer Soldaten war in allen Sätteln der Kriegstechnik gerecht.

      Während die Regimenter und Batterien vorüberzogen, die Musikkapellen ihre Märsche schmetterten, lagen die Schiffe der Luftflotte, die sie gebracht hatten, in weitem achtunggebietenden Bogen auf dem anschließenden Blachfeld. Als der letzte Mann der Truppenparade vorübergezogen war, ging ein Ruck durch die Flotte. Wie eine Schar von Krähen erhoben sich alle Flugschiffe mit einem gleichzeitigen Schwung vom Boden und zogen zunächst in geschlossenen Reihen über das Paradefeld.

      Auf ein neues Kommando teilte sich der Schwarm in zwei Parteien, die sich voneinander entfernten. In rasendem Fluge schossen sie dann wieder gegeneinander. So unvermeidlich schien der Zusammenstoß, daß manchem der Zuschauer der Herzschlag stockte. Doch im letzten Moment wichen die schwergepanzerten Luftkreuzer elegant und sicher dem Zusammenstoß aus und eröffneten gleichzeitig aus allen Rohren ein rollendes Schnellfeuer aufeinander.

      Während noch das Scheingefecht in der Luft tobte, hatten die Truppen in einer eigentümlichen, schachbrettartigen Ausstellung das Paradefeld besetzt.

      Ein neues Manöver! Die Luftflotte ordnete sich in neuen Formationen, ähnlich der Truppenaufstellung auf dem Felde. Ein neues Kommando, und die Schiffe gingen senkrecht nach unten. Schon stand neben jedem Truppenkörper ein Schiff.

      Wieder Kommandos! Im Augenblick waren die Truppen in den Kreuzern verschwunden. Schon erhob sich der Schwarm wieder und trug die Streitkräfte der Kompagnie in schnellem Fluge nach ihren verschiedenen Stationen innerhalb der weit ausgedehnten Siedlungsgebiete zurück.

      In das kräftige Beifallsklatschen, das den gelungenen Manövern folgte, stimmte auch Wellington Fox lebhaft ein. Mit den anderen Pressevertretern hatte er neben dem Adjutanten Lowdale, der für diese Herren den Cicerone machte, das Schauspiel von bevorzugter Stelle aus mit angesehen.

      Seine Kollegen stürzten jetzt schnellstens nach den Telegraphenkojen. Wellington Fox, der à conto seiner guten Beziehungen alles soeben Gesehene schon längst als geschehen berichtet hatte, blieb ruhig bei dem Adjutanten.

      »Ich muß gestehen, Herr Hauptmann, das, was ich hier gesehen habe, bleibt um keinen Schritt hinter den fulminanten Schilderungen in meinen Telegrammen zurück. Jetzt wäre nur noch zu untersuchen, ob auch der Kranz von schönen Damen, den ich unter den Gästen erwähnte, in Wirklichkeit vorhanden ist. Nehmen wir auch hier die Parade ab.«

      Er richtete sein Perspektiv auf die Tribünen, und lächelnd folgte ihm Lowdale.

      »Ah! Hier! … Da habe ich zweifellos nicht gelogen …«

      Er zog aus seiner Tasche ein Tüchlein und ließ es winken.

      »Was sagen Sie dazu, Herr Adjutant?«

      »Oh, eine Dame Ihrer Bekanntschaft … Oh, selbstverständlich, eine selten schöne Blume in Ihrem Kranz.«

      Im gleichen Augenblick durchfuhr Wellington Fox ein kalter Schreck. Hinter Helen Garvin, der alle seine Betrachtungen galten, war eine Dame aufgestanden, die er bisher nicht sehen konnte … Florence Dewey.

      Langsam ließ er das Glas von seinen Augen sinken und schaute verstohlen nach seinem Begleiter. Mit abgewandtem Gesicht, tiefatmend stand Averil Lowdale da. Fox suchte nach Worten … Was sagen? … Was tun? Stumm sah er

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