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Schluchzen aus.

      Er setzte sich zu ihr, hob ihr tränenüberströmtes Gesicht und legte es an seine Brust.

      »Erzähle, Florence!«

      Mit schmerzlicher Anstrengung entwand sie sich seinen Armen.

      »Averil …«

      Ihre bebenden Lippen suchten vergeblich nach Worten.

      »Wenn ich dir weh tat, Florence, verzeihe mir!«

      Averil versuchte ihre Hand zu nehmen, sie durch die Berührung zu beruhigen.

      Da plötzlich erhob sie den Kopf. Ihre Augen blickten mit totenhafter Starrheit ins Weite, als sähen sie etwas, was nicht da war. Ihre trockenen Lippen begannen zu sprechen.

      »Ich war krank … ich hatte nur den einen Wunsch zu sterben, um die Qual zu kürzen. Ich hatte dich von mir gewiesen und sah und dachte nichts anderes als dich. Du warst in mir, wie eine Qual … ein Feuer … ein Wahnsinn … Ein mexikanischer Geschäftsfreund meines Vaters besuchte uns. Ich kannte Don Manuel Oregon seit meiner frühesten Jugend. Oft hatte ihn mein Vater als meinen ältesten und treuesten Verehrer geneckt … Ich sah in ihm nie mehr als einen liebevollen väterlichen Freund. Es war kurz vor meiner Abreise mit Helen Garvin … Er warb um mich … Er sah meine Seelennot und schaute hinein in mein zuckendes, sich abringendes Herz, als ob es offen vor seinen Blicken läge. Er nahm meine Hände und sprach liebevoll … demütig zu mir. Und doch lag in seinen Worten der Wille und die Kraft, mich zu befreien … mir das Glück zu geben, für das mein Herz noch Raum bot. Und … ich gab ihm meine Hand.«

      »Und du wirst ihm folgen … diesem Manne? … Liebelos?«

      Alles heiße Wünschen, alle Leidenschaft, Empörung und Klage sprach aus Averils Worten.

      »Florence, ich lasse dich nicht. Mein bist du allen zum Trotz. Dir selbst zum Trotz!«

      Er preßte sie an sich und küßte auf ihre Augen, ihre Stirn, küßte die Tränenspur auf ihren Wangen und verschloß die widerstrebenden Lippen mit glühenden Küssen.

      Sie versuchte ihn zu beruhigen, sich loszumachen. Gewaltsam befreite sie sich aus seinen Armen, sprang von der Bank empor und wich vor ihm zurück.

      »Sei gut zu mir, Averil! Schone mich. Es kann nicht sein … Du mußt nun gehen, vergiß mich!«

      »Ich dich vergessen? … Ich gehen, wo ich weiß, du liebst mich … liebst mich noch!«

      »Ja, Averil! … Gehe, ich bitte dich. Was uns damals trennte, trennt uns heute auch.«

      »Und weißt du, wohin du mich schickst? Ich gehe zugrunde ohne dich! … Florence!«

      Seine Augen rangen mit ihr in stummer Verzweiflung. Da schritt sie auf ihn zu und legte die Hände auf seine Schultern.

      »Averil! Ich habe dich lieb … bis in den Tod.«

      Eine schmerzlich-selige Milde lag auf ihrem Gesicht.

      »Wenn meine Liebe dich bittet, zu gehen, wirst du es tun?«

      Ein Beben ging durch die Gestalt des Mannes. Alles Blut wich aus seinem Gesicht. Kaum verständlich, nur ein rauhes Flüstern war sein: »Leb wohl!«

      Kaum hatte Wellington Fox seinen Namen genannt, als ihn der Diener in das Arbeitszimmer Garvins führte. Ein großes, von angenehmer Kühle durchwehtes Gemach. Schwere Vorhänge verhüllten die Fenster und schufen ein leichtes Dämmerlicht.

      An einem kleinen Schreibtisch saß Francis Garvin, von Kopf bis zu Fuß in blendendes Weiß gekleidet. Das Gesicht verschlossen und eisig kühl.

      Mit einem kurzen Kopfnicken beantwortete er die achtungsvolle Verbeugung von Fox. Noch ehe dieser auf einem Sessel Platz genommen hatte, begann er die Unterhaltung.

      »Ich habe Sie zu einer Unterredung gebeten, um Ihnen das mündlich zu sagen, was Sie sich bei einiger Überlegung selbst hätten sagen können.«

      Er hielt einen Augenblick inne. Seine harten, grauen Augen sahen Fox durchdringend an.

      »Daß ich meine Einwilligung zu einer Verbindung zwischen Ihnen und meiner Tochter Helen nicht geben werde.«

      Fox nickte leicht zustimmend.

      »Sehr wohl, Mr. Garvin. Ich habe darüber keinen Zweifel gehabt.«

      Garvins Brauen zuckten fragend empor.

      »Dann darf ich wohl fragen, weshalb Sie sich meiner Tochter Helen in so unzarter Weise genähert haben? Helen ist ein Kind. Sie haben eine schwere Schuld auf sich geladen, als sie Helens Dankbarkeit für die Errettung aus dem Schneesturm in einer Weise … in einer Weise ausnutzten, die den Seelenfrieden meines Kindes tief stören muß.«

      Wellington Fox schlug behaglich ein Bein über das andere und lehnte sich bequem in seinen Sessel zurück.

      »Ihr Vorwurf trifft mich nicht, Mr. Garvin. Zunächst ist Helen kein Kind mehr. Sie ist seit einem Jahr volljährig. Ihre Einwilligung zu unserer Verbindung ist daher ohne Belang. Wenn Helens Natur viel von der Unbefangenheit und Fröhlichkeit eines Kindes behalten hat, so sehe ich darin ein Geschenk Gottes, für das ich ihm von ganzem Herzen dankbar bin … aber Ihre Einwilligung … die brauche ich nicht, Mr. Garvin.«

      Es schien einen Augenblick, als wolle Garvin aufspringen, um dem unverschämten Gast die Tür zu weisen. Doch er beherrschte sich schnell. Seine stahlharten Augen bohrten sich drohend in das gleichmütige Gesicht Wellingtons. Er schluckte einige Male. Bevor er reden konnte, sprach Fox mit unerschütterlicher Ruhe weiter:

      »Ich bin Ihrer Einladung gefolgt, weil ich mich, wenn irgend möglich, mit dem Vater meiner Frau gut stellen möchte.«

      Francis Garvin lehnte sich tiefatmend in seinen Stuhl zurück. Er preßte die Hände ineinander und schaute zur Decke empor. Seine Züge blieben unbewegt, und doch sah man an dem Flackern der Augen, wie schwer der Kampf war, der in ihm tobte.

      Wellington Fox sah mit einem gewissen Mitleid auf den Vater Helens.

      Armer alter Kerl, dachte er bei sich, meine letzten Worte haben dir den Knockout gegeben.

      Francis Garvin sprach: »Sie wollen also, Mr. Fox, ohne meine Einwilligung eine Ehe mit Helen eingehen?«

      »Das zweite ganz gewiß. Ob auch das erstere, hängt von Ihnen ab.«

      »Haben Sie auch darüber nachgedacht, wie sie Helen standesgemäß ernähren und kleiden werden? Ich taxiere, daß Helens Hutbudget Ihr Jahresgehalt beträchtlich übersteigt.«

      Wellington Fox zuckte die Achseln. Während er mit seiner Antwort zögerte, ging es ihm klar durch den Kopf: Aha, alter Freund! Dein Widerstand läßt nach. Es fällt dir nur zu schwer, dich offen geschlagen zu bekennen.

      Dann sprach er: »Den Luxus von Garvins Palace Helen zu bieten, bin ich selbstverständlich nicht in der Lage. Doch mein Einkommen genügt durchaus, einer Frau ein behagliches, glückliches Heim zu bieten, die ihre Ansprüche nicht allzu hoch stellt, die sich zu schicken weiß …«

      »Glück ist in der kleinsten Hütte«, warf Garvin ein, doch der Hohn, der darin liegen sollte, war matt.

      »Unser zukünftiges Heim wird im Vergleich zu Garvins Palace eine Hütte sein, gewiß, Mr. Garvin. Aber es stände schlimm um die Menschheit, wenn das Glück nur in den Schlössern der Reichen zu finden wäre.«

      Francis Garvin machte eine wegwerfende Gebärde.

      »Verliebte Leute sehen den Himmel voller Geigen. Der Katzenjammer bleibt nicht aus. Ich will mein Kind davor bewahren. Ich möchte unsere Unterredung damit beenden, Mr. Fox, daß ich Ihnen für Ihre aufopfernde Tat bei der Rettung Helens meinen herzlichsten Dank ausspreche. Ich wollte Sie zum Besitzer der Chikago-Preß machen, um meinen Dank auch tatkräftig zum Ausdruck zu bringen. Sie haben mein Angebot zurückgewiesen. Wir sind quitt!«

      »Ich nicht!«

      Wie ein Wirbelwind war ein weißes Etwas aus dem Nebenzimmer hereingeflattert. Mr. Garvin war plötzlich

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