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Cornelia, wenn diese durch die Pfeifen verdorben werden“, erwiderte er in aller Ruhe. „Und jetzt, Cornelia, muss ich dich wirklich bitten, mich zu verlassen.“

      „Wenn ich dieser Angelegenheit mit Barbara Hare auf den Grund gegangen bin“, gab Miss Corny energisch zurück, womit sie den Streit um die Pfeifen fallen ließ. „Du bist sehr schlau, Archie, aber mich führst du nicht hinters Licht. Ich habe Barbara gefragt, weshalb sie hier war. Ein Anliegen ihrer Mama, das mit Geldangelegenheiten zu tun hat – so lautete ihre Antwort. Ich frage dich: Dir die Meinung über die Meinungsverschiedenheiten der Richter anzuhören, ist deine Angelegenheit. Aber das hier ist weder das eine noch das andere, und ich sage dir, Archibald, ich werde es erfahren. Ich wüsste gern, was das für ein Geheimnis zwischen dir und Barbara ist.“

      Mr. Carlyle kannte ihre energische Ausdrucksweise nur allzu gut und entschied sich, ihr die Wahrheit zu sagen. Sie war, um die Worte zu übernehmen, die Barbara gegenüber ihrem Bruder in Bezug auf ihn gebraucht hatte, wahrhaftig wie Gold. Vertraute man Miss Carlyle ein Geheimnis an, war sie so vertrauenswürdig und verschwiegen wie er; ließ man in ihr aber die Vermutung aufkommen, ihr werde ein Geheimnis vorenthalten, würde sie wie ein Frettchen an die Arbeit gehen und nicht aufhören, bis es gelüftet war.

      Mr. Carlyle beugte sich nach vorn und sagte im Flüsterton: „Ich werde es dir sagen, wenn du willst, Cornelia, aber es ist keine angenehme Sache. Richard Hare ist zurückgekehrt.“

      Miss Carlyle blickte vollkommen entgeistert drein. „Richard Hare! Ist er verrückt geworden?“

      „Eine sehr vernünftige Vorgehensweise ist es nicht. Er will Geld von seiner Mutter, und Mrs. Hare hat Barbara zu mir geschickt, damit ich das für sie arrangiere. Kein Wunder, dass die arme Barbara hektisch und nervös war – schließlich droht Gefahr von allen Seiten.“

      „Ist er in ihrem Haus?“

      „Wie könnte er, wo sein Vater dort wohnt? Er versteckt sich zwei oder drei Meilen entfernt als Arbeiter verkleidet und wird heute Abend zu dem Gehölz kommen, um sein Geld in Empfang zu nehmen. Ich habe die Richter eingeladen, damit Mr. Hare in sicherer Entfernung von seinem Haus ist. Würde er Richard sehen, er würde ihn zweifellos der Justiz übergeben, und das wäre – wenn man ernstere Erwägungen einmal beiseite lässt – weder für dich noch für mich sehr angenehm. Eine Verbindung zu jemandem, der wegen vorsätzlichen Mordes gehenkt wurde, wäre ein hässlicher Fleck auf dem Wappen der Carlyles, Cornelia.“

      Miss Carlyle saß schweigend, ein Runzeln zwischen den üppigen Augenbrauen, und verarbeitete die Neuigkeiten.

      „Jetzt weißt du alles, Cornelia, und ich bitte dich, zu gehen. Ich bin heute mit Arbeit überlastet.“

      Das Richtergremium versäumte es nicht, die Verabredung einzuhalten. Um sieben Uhr trafen sie bei Miss Carlyle ein, wobei der eine dem anderen auf dem Fuße folgte. Der Leser mag sich vielleicht an dem Ausdruck „bei Miss Carlyle“ stören, aber er ist richtig: Das Haus gehörte nicht ihrem Bruder, sondern ihr; es war zwar wie schon zu seines Vaters Zeiten sein Zuhause, gehörte aber zu dem Anwesen, das Miss Carlyle geerbt hatte.

      Miss Carlyle entschloss sich, trotz der Pfeifen und des Rauches anwesend zu sein, und wenig später war sie ebenso ins Gespräch vertieft wie die Richter. In der Stadt sagte man, sie sei ein so guter Anwalt wie ihr Vater; zweifellos besaß sie in juristischen Angelegenheiten ein gesundes Urteilsvermögen und eine schnelle Auffassungsgabe. Um acht Uhr trat ein Diener ins Zimmer und wandte sich an seinen Herrn.

      „Mr. Dill bittet darum, mit Ihnen zu sprechen, Sir.“

      Mr. Carlyle erhob sich und kam mit einem offenen Notizzettel in der Hand zurück.

      „Ich bedaure, Sie für eine halbe Stunde verlassen zu müssen; eine wichtige geschäftliche Angelegenheit hat sich ergeben, aber ich komme zurück, so schnell ich kann.“

      „Wer hat nach dir geschickt?“, verlangte Miss Corny sofort zu wissen.

      Er warf ihr einen unauffälligen Blick zu, den sie als Warnung interpretierte, nicht zu fragen. „Mr. Dill ist hier und wird sich zu Ihnen gesellen, um über die Sache zu sprechen“, sagte er zu seinen Gästen. „Er kennt die Gesetze besser als ich; aber es wird nicht lange dauern.“

      Er trat aus dem Haus und begab sich mit schnellen Schritten zu dem Gehölz. Der Mond schien ebenso hell wie am Abend zuvor. Nachdem er West Lynne hinter sich hatte und an den bereits erwähnten, einzeln stehenden Villen vorüberkam, warf er unwillkürlich einen Blick auf den Wald, der sich zu seiner Linken hinter den Häusern erhob. Er wurde Abbey Wood genannt, weil in alten Zeiten eine Abtei in seiner Nähe gestanden hatte, aber davon waren alle Spuren mit Ausnahme der Überlieferung verschwunden. Mitten im Wald gab es ein einziges kleines Haus oder eine Hütte, und dort war der Mord geschehen, dessentwegen Richard Hares Leben in Gefahr war. Es war jetzt nicht mehr bewohnt, denn niemand wollte es mieten oder darin leben.

      Mr. Carlyle öffnete das Gartentor bei The Grove und musterte die Bäume rechts und links von ihm, aber weder sah noch hörte er irgendwelche Anzeichen dafür, dass Richard sich darin versteckte. Barbara stand am Fenster, blickte hinaus und kam dann selbst herunter, um Mr. Carlyle die Tür zu öffnen.

      „Mama ist in einem höchst aufgeregten Zustand“, flüsterte sie ihm zu, als er eintrat. „Das wusste ich im Voraus.“

      „Ist er schon gekommen?“

      „Daran habe ich keinen Zweifel; aber er hat noch kein Zeichen gegeben.“

      Mrs. Hare stand, fieberhaft erregt und mit roten Flecken auf den zarten Wangen, neben dem Stuhl, statt darauf zu sitzen. Mr. Carlyle drückte ihr eine Brieftasche in die Hand. „Ich habe es überwiegend in Banknoten mitgebracht“, sagte er. „Die sind für ihn leichter zu tragen als Gold.“

      Mrs. Hare antwortete nur mit einem dankbaren Blick und umklammerte Mr. Carlyles Hand. „Archibald, ich muss meinen Jungen sehen; wie können wir das einrichten? Muss ich zu ihm in den Garten gehen, oder kann er hereinkommen?“

      „Ich denke, er kann hereinkommen; Sie wissen, wie schlecht Ihnen die Nachtluft bekommt. Sind die Dienstboten heute Abend auf den Beinen?“

      „Es scheint, als hätten sich die Dinge sehr freundlich entwickelt“, warf Barbara ein. „Zufällig hat Anne heute Geburtstag, und deshalb hat Mama mich gerade mit einem Kuchen und einer Flasche Wein in die Küche geschickt und sie aufgefordert, auf ihre Gesundheit zu trinken. Ich habe die Tür geschlossen und ihnen gesagt, sie sollten es sich gemütlich machen; wenn wir irgendetwas brauchen, würden wir läuten.“

      „Dann sind sie ungefährlich“, erklärte Mr. Carlyle, „und Richard kann hereinkommen.“

      „Ich gehe hinaus und sehe nach, ob er gekommen ist“, sagte Barbara.

      „Bleiben Sie, wo Sie sind, Barbara; ich werde selbst gehen“, warf Mr. Carlyle ein. „Sorgen Sie dafür, dass die Tür offen ist, wenn Sie uns den Weg heraufkommen sehen.“

      Barbara stieß einen schwachen Schrei aus und umklammerte zitternd Mr. Carlyles Arm. „Da ist er! Sehen Sie nur! Er steht vor den Bäumen genau gegenüber von diesem Fenster.“

      Mr. Carlyle wandte sich an Mrs. Hare. „Ich werde ihn nicht sofort hereinbringen; ich muss mit ihm sprechen, das muss zuerst erledigt werden, damit ich wieder zu den Richtern gehen und Mr. Hare fernhalten kann.“

      Er ging den Weg hinunter, erreichte die Bäume und tauchte zwischen ihnen ein. An einem davon lehnte Richard Hare. Ohne die Verkleidung mit den falschen, wilden schwarzen Schnurrbarthaaren war er ein blauäugiger, flotter, angenehm aussehender junger Mann, schlank, von mittlerer Größe und ebenso nachgiebig und sanft wie seine Mutter. Bei ihr war die milde, nachgiebige Haltung eine recht anmutige Eigenschaft; bei Richard musste man sie als verachtenswertes Unglück bezeichnen. Als Junge hatte er den Spitznamen Blätter-Dick getragen, und wenn sich ein Fremder nach dem Grund erkundigte, lautete die Antwort: So, wie ein Blatt vom Wind hin und her bewegt wird, so wird er von jedem in seiner Umgebung hin und her bewegt. Einen eigenen Willen besaß er nie. Kurz gesagt, war

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