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Malen (durchgestrichen): Fröbelarbeit: genügend

      Gesellschaftskunde: genügend

      Versäumnisse: 106 Unterrichtsstunden Siegel und Unterschriften

      Es sei noch einmal zur Verdeutlichung der Familienverhältnisse erwähnt, dass meine Mutter bereits im Jahre ihrer Geburt, 1901, Vollwaise geworden war. Dank der gutbürgerlichen Erziehung ihrer Familie und der besonders christlich ethischen Gesinnung dieses Familienverbandes musste sie aber keineswegs in einem Waisenhaus aufwachsen, sondern wurde mit ihren beiden älteren Brüdern zusammen von der Familie Becker in Dortmund aufgenommen und erzogen. Herr Josef Becker, ihr Ziehvater, war mit der Schwester ihres Vaters verheiratet, einer Anna-Maria Leggewie. Wenn auch von diesen Zieheltern wenig erzählt wurde, wurde mir schon sehr früh beigebracht, dass diese Familie der Inbegriff des Gutbürgerlichen schlechthin war. Die Familie Becker betrieb und besaß den Erzählungen zu Folge in Dortmund eine Weingroßhandlung. Der ethischen und höchst moralischen Gesinnung dieser Familie war es zu verdanken, dass die drei Waisenkinder so erzogen wurden, als lebten ihre Eltern noch.

      Entsprechend dem Vermächtnis des verstorbenen Vaters, der offenbar recht vermögend gewesen sein musste, sollten die Jungen je nach Begabung ein Handwerk erlernen oder ein Gymnasium besuchen und studieren, wonach ihnen der Sinn stünde. Meine Mutter als jüngst geborenes Kind und als Mädchen sollte eine angemessene bürgerliche Schulbildung erhalten, und wenn sie denn unbedingt wollte, vielleicht auch einen Beruf erlernen.

      Wenn ich Mutti recht verstanden habe, war es in ihren vornehmen Kreisen keineswegs üblich, dass ein Mädchen einen Beruf haben musste, auch ein Studium war für Mädchen offenbar nicht vorgesehen.

      Deshalb war der ganze Stolz meiner Mutter zu spüren, wenn sie davon sprach, dass beide Brüder ein Gymnasium absolvierten, der älteste Bruder später ein tüchtiger Arzt wurde, ihr zweiter Bruder leider nicht studierte, aber einen ehrenwerten Posten in der Versicherungsbranche innehatte, und sie selbst ein Lyzeum besuchen durfte.

      Aus jedem ihrer Worte sprach die absolute Vornehmheit ihrer Familie. Leider erzählte sie von ihren Zieheltern sonst recht wenig, nur von deren Tochter Änne, die ihr immer wie eine ältere Schwester gewesen sei.

      Wenn trotzdem hier Erbanlagen an mich, den künftigen Lehrer weitergegeben worden waren, dann waren es solche, die mit meinem Geschäftssinn zusammenhingen, den ich bereits als Kind sehr häufig unter Beweis stellen musste.

      Und immer dann, wenn ich manchmal dafür sorgte, dass ich ein angemessenes Entgelt für eine erbrachte Leistung erhalten sollte, wies meine Mutter auf eben diese Erbanlagen hin, die ich möglicherweise von ihren Zieheltern erworben hatte. Bei soviel Geschäftssinn in den Genen wird natürlich mancher fragen, ob denn der Beruf des Lehrers tatsächlich ein sehr einträglicher Beruf ist.

      Mag doch jeder selbst darauf die Antwort suchen. Ich möchte diese sehr wichtige Entscheidung nicht schriftlich niederlegen!Mein Vater war hochintelligent, betonte Mutti immer wieder. Er verfügte nicht nur über Latein-Kenntnisse sondern auch über eine überdurchschnittliche Allgemeinbildung und mathematische Begabung. Er war etwas jünger als meine Mutter, im Juli 1903 geboren. Aber mein Vater hatte einen entscheidenden Fehler, er war ein Trinker. „Der Unterschied zwischen einem Trinker und einem Säufer ist der, dass ein Trinker niemals wie ein Säufer grölend durch die Straßen zieht, er torkelt auch nicht wie ein Besoffener auf der Straße, sondern er bemüht sich, auch in betrunkenem Zustand noch gerade zu gehen. Er schläft auch niemals wie ein Säufer im Freien auf einer Parkbank.“ Und deshalb war mein Vater eben kein Säufer sondern ein Trinker, wie es sich für eine gut bürgerliche Familie gehört, die einen Säufer keineswegs in ihren Reihen geduldet hätte. Wichtig war immer in unserer Familie, warum mein Vater ein Trinker war. Dazu gab es mehrere Theorien: Einmal gab es laut der Erzählung meiner Mutter eine erbliche Komponente, denn ihre damals zukünftige Schwiegermutter soll ihr bei ihrer Verlobung anvertraut haben: „Fräulein Leggewie, Sie treten in meine Fußstapfen in Hinsicht auf den Hang zum Alkohol.“ Was natürlich nichts anderes bedeutet, als dass mein Großvater väterlicherseits ebenfalls ein Trinker gewesen sein muss. Dafür allerdings gab es dann auch in den Erzählungen meiner Mutter kaum Hinweise. Von OPA Josef Fiori wurde immer voller Hochachtung gesprochen. Er soll den Aussagen meiner Mutter zufolge Postamtmann oder Postoberamtmann gewesen sein. Im Familienstammbuch meiner Eltern steht neben dem Eintrag ihrer Eheschließung am 27. Oktober 1928, unter der Rubrik „Eltern des Ehemannes“ eingetragen: „Sohn der Eheleute: Oberpostinspektor Karl Leonhard Josef Fiori und Berta geborene Erbach“ in sehr deutlicher und sauberer Sütterlinschrift. Ob der Großvater nun befördert worden war, oder ob nur der Wunsch meiner Mutter nach „Höherem“ ihn zum Amtmann machte, habe ich nie erfahren. Aber dass ein „Amtmann“ so etwa der höchste Dienstrang bei der Post gewesen sein musste, das hatte meine Mutter immer wieder zum Ausdruck gebracht. Über die besonderen Erbanlagen aus dieser Familie wurde allerdings seltener gesprochen. Opa war einfach nur liebenswürdig und er war einer der ersten Männer in damaliger Zeit, der es wagte mit seinem Enkel im Jahre 1941 mit dem Kinderwagen spazieren zu gehen, erzählte meine Mutter immer voller Stolz. Leider war auch er sehr früh gestorben, so dass ich ihn nicht wissentlich kennen gelernt hatte. Auch mein Urgroßvater wurde erwähnt als italienischer Einwanderer, der irgend wann einmal aus der Gegend um Turin nach Deutschland gekommen sein musste. Säuberlich mit eigener Hand hatte meine Mutter in ihr Familienstammbuch dazu folgende Eintragungen gemacht: Großvater: „Giuseppe Fiorio, geb. 11.7.1822 in Corio b./Turin (Italien), kath., Arische Abstammung lt. Dokument. Ob der Name „Fiorio“ richtig von ihr wiedergegeben wurde, ist nicht erwiesen, denn sie knüpfte daran die Erwartung, dass er auch vielleicht „de Fiorio“ geheißen haben könnte, was eine adelige Abstammung belegt hätte. Mit Sicherheit war das nur ein „frommer“ Wunsch meiner Mutter, zeugte doch auch diese Eintragung davon, dass sie wenig Kenntnisse von der italienischen oder lateinischen Sprache hatte. Denn sonst hätte sie schon damals wissen können, dass Fiori ins Deutsche übersetzt „Sonnenblumen“ heißt. Umso bemerkenswerter ist möglicherweise der Hinweis auf eine arische Abstammung, die in jenen Zeiten unter Umständen lebensrettend sein konnte. Denn nicht wenige deutsche Staatsbürger jüdischer Abstammung oder jüdischen Glaubens trugen damals Namen botanischen Ursprungs, so dass auch der Name „Sonnenblumen“ ein Hinweis auf eben nicht arische Abstammung hätte sein können. Ob Erbanlagen dieses Großvaters meines Vaters bei mir zu finden waren, wurde nicht erwähnt, da ich untypisch für meine italienische Abstammung auch noch über sehr hell blonde Haare verfügte. Einziger Hinweis auf diese Vorfahren war mein recht stark entwickeltes Riechorgan, das häufig auch als „römische Nase“ bezeichnet wurde. Die Frau dieses italienischen Ahnherren jedenfalls war eine Deutsche aus Höchstenbach mit dem Geburtsnamen Jung. Meine blonden Haare mussten allen Erbanlagen nach von der angeheirateten deutschen Mutterriege vererbt worden sein. Auch hiervon berichtete meine Mutter sehr wenig, nur so viel, dass die Großeltern meines Vaters Erbach hießen und einem Bauerngeschlecht aus Mettmann entstammten, und meine Großmutter Berta eben eine in Holsterhausen bei Werden geborene Erbach sei. Niemals wurde erwähnt, dass bäuerliches Blut in meinen Adern floss. Ganz offensichtlich verschwieg meine Mutter mir diesen Zweig meiner Herkunft. Möglicherweise passte eine bäuerliche Abstammung wirklich nicht in ihr Konzept vom „Gutbürgerlichen“. Dabei fühlte ich mich immer zur Landwirtschaft hingezogen und ganz besonders liebte ich den Umgang mit Tieren und die Pflege von Pflanzen. Es bleibt zu klären, ob auch diese „Gene“ in irgend einem, natürlich positivem, Bezug stehen zum Beruf des Lehrers. Schon als kleiner Knabe von kaum drei Jahren hegte und pflegte ich einige Pflanzen, die ich selbst eingepflanzt hatte, ganz besonders. Mit dieser Neigung unterschied ich mich außerordentlich von manchen Gleichaltrigen, die andere Steckenpferde pflegten, wie Ballspielen, Klettern, Ringen, Boxen oder ähnliche Freizeitbeschäftigungen, denen wir Kinder in den Kriegs- und Nachkriegsjahren nachgehen konnten. Jedes Tier erregte meine Neugier und meine Bewunderung. Immer lautete meine Bitte: „Bitte, bitte, liebe Mutti, schenk mir einen Hund, eine Ziege, einen Vogel, eine Katze, ein Pony oder irgend ein Tier!“ Später sammelte ich außer Maikäfern auch Schnecken oder anders Kleingetier, das nicht immer das Wohlwollen meiner Mutter oder meiner Schwester fand. Doch scheinen nun Erbanlagen genügend erwähnt. Wie haben sie sich ausgewirkt?

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