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anderem:

      Es giebt gar keine wirksamere innere

      Mission als den Ehestand für zwei

      Rechtschaffene Menschen.

       Paul Heyse.

      Oder

      „Zu weit getrieben

      verfehlt die Strenge ihres weisen

      Zwecks,

      und allzu straff gespannt, zerspringt

      der Bogen.

      Schiller

      Schön ist auch:

      Es ist kein Gräslein je so klein,

      Das nicht zu etwas nutz thät sein.

      Derartige Sprüche zu lesen, mag wirklich sehr vergnüglich sein, aber es soll hier nicht der gesamte Inhalt dieses „ehrwürdigen“ Albums wiedergegeben werden, obwohl gerade die Auswahl der Sprüche einen tiefen Einblick geben könnte in die Moral, Bildung und Ehrenhaftigkeit meiner Vorfahren.

      Bereits auf der nächsten Seite ist der Text des Liedes „Üb immer Treu und Redlichkeit“ abgedruckt. Immerhin sind die nächsten 58 Seiten nur mit solchen Texten säuberlich beklebt, bis wieder eine Werbeanzeige erscheint, dieses Mal in großen Buchstaben bietet Joh. Dollheiser als Apparaten Fabrikant „Verbesserte Archimedische Schrauben-Ventilatoren & Rauchleiter“ an. Eine Auswahl von nur drei Sprüchen auf dieser Seite zeigt die ehrenwerte Gesinnung:

      „Recht ist hüben zwar wie drüben,

      Aber danach sollst du trachten;

      Eigne Rechte mild zu üben,

      Fremde Rechte streng zu achten!“

       Emanuel Geibel

      „Ein Leben viel in Gesellschaft ist

      eine stete Flucht vor der Leere

      in sich selbst.“

       Rahel von Varnhagen

      „Erwünschte Arbeit ist der Leiden Arzt“

       Shakespeare

      Auf der Seite davor ist allerdings ein Zeitungsartikel eingeklebt, der ein wenig Aufschluss gibt über die Tätigkeit:

      „Die Patent-Regenerativ-Gas-Wenham-Lampe scheint eine grosse Zukunft zu haben und berufen zu sein, dem elektrischen Licht erfolgreiche Concurrenz zu machen. Man sieht sie schon überall in Anwendung, da ihre Vortheile ganz bedeutend sind. Ausserordentliche Gas-Ersparniss, in Folge dessen geringere Hitze, Reinheit, Intensität, Gleichmässigkeit und Beständigkeit des Lichtes machen diese Lampen für Hotels und Restaurants nicht nur, sondern auch für grössere Geschäfte, in denen kein elektrisches Licht angelegt, fast unentbehrlich. Der Vertreter für diese Lampen ist Joh. Dollheiser in Köln, Peterstrasse 21, der mit dem Diplom zur goldenen Medaille ausgezeichnet wurde.“

      Ein einziges Zeitungsblatt weist auf die ungefähre Zeit hin, in der diese Anzeigen und Sprüche offenbar im Kölner Merkur abgedruckt wurden, diese Zeitung stammt vom 20. Juli 1894.

      Wann immer ich als kleiner Bub einen Gegenstand in seine Einzelteile zerlegte oder einen alten Wecker auseinander nahm, erwähnte meine Mutter ihren Großvater, von dem ich ihren Worten zu Folge den Erfindergeist geerbt haben musste. In gleichem Zusammenhang erwähnte Mutter dann ebenfalls, dass sie ihre „rheinische Frohnatur“ dem Erbgut jener Kölner Vorfahren zu verdanken hätte, wovon ich dann allerdings noch nicht so sehr viel geerbt haben konnte.

      Vor so viel bewundernswerter Erbmasse verblasste sehr wahrscheinlich das Erbgut ihres eigenen Vaters, meines Großvaters, der im gleichen Jahr, dem Geburtsjahr meiner Mutter, am 14. September 1901, im Alter von 34 Jahren gestorben war. Von diesen Großeltern meiner Mutter wurde weniger erzählt, ohne dass dieses Schweigen begründet wurde. Heinrich Leggewie war der Sohn eines Heinrich Leggewie aus Essen und dessen Ehefrau Maria Elisabeth, geborene Kleinebrahm, ebenfalls aus Essen. Beide Urgroßeltern waren Nachkommen einer größeren Bauernschaft bzw. eines größeren Hofes.

      Ob nun die bäuerliche Herkunft Ursache dafür war, dass von diesen Großeltern weniger erzählt wurde oder einfache Unkenntnis, mag ich nicht entscheiden. Jedenfalls wurde von der Familie des Vaters meiner Mutter weniger gesprochen, wohl von ihrem Vater selbst. Denn dieser hatte den hochehrenwerten Beruf eines Markscheiders.

      Genau konnte mir meine Mutter nie beantworten, was denn ein Markscheider sei oder zu tun hatte. Sie wusste nur, dass er in irgendeinem Zusammenhang stand mit dem Bergbau. Dabei sprach meine Mutter immer mit solch einer Ehrfurcht von diesem Beruf, dass sich bei mir der Eindruck verfestigte, ein Markscheider müsse ein Mann sein, der weit über der Direktion eines Bergwerkes in einer Landesvermessungsanstalt tätig sei und weisungsbefugt.

      Da es aber um Gene geht, die den Lehrer prägen könnten, sei erwähnt, dass ich der Aussage meiner Mutter nach, ganz offensichtlich eine hohe mathematische Begabung geerbt haben müsse von eben diesem „Markscheidergroßvater“, der leider viel zu jung gestorben war.

      Solche Aussagen bekam ich allerdings nur dann zu hören, wenn ich ausnahmsweise einmal schwierigere Rechenoperationen schneller und leichter lösen konnte als andere Familienmitglieder.

      Vor allem aber Mutti stand mit Zahlen auf dem Kriegsfuß, ganz speziell aber mit geometrischen Begriffen, die angeblich in dem Lyzeum, das sie besucht hatte, überhaupt nicht in Mathematikstunden unterrichtet wurden. Wie ich erst spät feststellte, gab es für meine Mutter zum Beispiel keinen gravierenden Unterschied zwischen Millimetern und Zentimetern, wie überhaupt jegliche Messerei und Rechnerei ihr wenig Vergnügen bereiteten. Deshalb nahm mir in der Familie auch niemand übel, wenn ich im Fach Mathematik eher ausreichende, manchmal sogar mangelhafte Leistungen zeigte, trotz der ererbten mathematischen Begabung.

      Ein Zeugnis, ausgestellt vom katholischen Oberlyzeum zu Dortmund, vom 3. April 1919 mag verdeutlichen, dass bestimmte Fächer tatsächlich nicht unterrichtet wurden, andere wieder, die in heutigen Schulen weniger stark im Vordergrund stehen, dort offensichtlich eine starke Position einnahmen. Das Zeugnis trägt im Kopf die Bezeichnung „Frauenschulklasse II, was bedeutet, dass meine Mutter damals die Sekunda, zehnte oder elfte Klasse, besuchte, ob Ober- oder Untersekunda wird nicht erwähnt, ebenso nicht, wie weit ein mögliches Abitur noch entfernt ist. Mutti erzählte nur immer, dass ihr Pflegevater es nicht unbedingt für erforderlich hielt, dass ein Mädel ihrer Herkunft tatsächlich das Abitur brauchte. Nach heutigen Maßstäben hätte auch der ausgewiesene Fächerkanon dazu nicht gereicht.

      Katholisches Oberlyzeum zu Dortmund.

       ________________

      Frauenschulklasse...II...

      Zeugnis

      Der Schülerin: Margarete Leggewie

      Für die Zeit von Ostern 1918 bis Ostern 1919

      I. Führung: gut bis sehr gut

      II. Aufmerksamkeit: gut

       III. Kenntnisse und Leistungen:

      Pädagogik: gut

      Haushaltungskunde: genügend

      Kindergartenunterweisung: genügend

      Gesundheitslehre und Kinderpflege: gut

      Bürgerkunde und Volkswirtschaftslehre: 1)gut 2)genügend

      Hauswirtschaftliches Rechnen(Buchführung): 1)genügend 2)genügend

      Nadelarbeit: genügend

      Religion: genügend

      Deutsche Literatur und Lebenskunde: genügend

      Französisch, Englisch, Latein, Italienisch sind gestrichen

      Geschichte: (Erd- und Naturkunde

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