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in der Bildhauerei verbrachte. An Kraft war ich ihm sicherlich überlegen. Aber das war es nicht, was zählte. Unsere Auseinandersetzung fand mehr auf der geistigen Ebene statt. Man konnte Gerd viel nachsagen, aber nicht, er sei ein Prolet. Und dumm war er keinesfalls.

      „Ich kann es dir nicht sagen“, antwortete ich kurz, „Wollen wir die Mädels ablösen?“

      Mich mit ihm über meine Partnerschaft mit Sonja zu unterhalten musste wirklich noch nicht sein. Wir gingen zu Sonja und Simona hinüber.

      „Na ihr zwei Pennnasen“, fragte Simona, „Wollt ihr uns endlich ablösen?“ Sie sahen beide bereits sehr abgekämpft aus.

      „Ja, eben mal kurz ins Wasser, dann komme ich“, rief ich und rannte an ihnen vorbei, „Bevor ihr noch einen Hitzschlag bekommt. Ihr seid beide krebsrot.“

      Schon stürzte ich mich in die nächste Welle. Das Wasser war viel kälter als in den Tagen zuvor. Mir stockte der Atem, als ich durch die Brandung tauchte. Ich wurde durchgeschüttelt, grober Sand schlug mir ins Gesicht. Eine weitere Welle überrollte mich und ich wusste kurze Zeit nicht mehr, wo Oben und Unten war. Dann war ich durch die Brandungskronen hindurch und konnte mich vom Wasser tragen lassen. Ich sah Gerd und Simona am Strand Beach-Ball spielen. Sonja war schon auf unserem Platz angekommen und cremte sich mit Sonnenmilch ein.

      Ich schwamm noch eine Runde, dann trugen mich die Wellen wieder an den Strand. Das war viel einfacher als umgekehrt. Nur noch den Sand aus meiner Badehose sammeln, dann konnte ich Simona ablösen.

      Der Morgen am Strand verlief noch sehr angenehm. Nach dem Frühstück hätte wohl keiner damit gerechnet. Gerd war gut aufgelegt, die Frauen lästerten über die Nudisten, anders gesagt, über solche Nudisten, die es ihrer Meinung nach besser nicht wären.

      Gegen Mittag packten wir alle unsere Sachen zusammen. Wir hatten beschlossen in den nächsten Ort zu fahren, um ein wenig zu shoppen. Die Atlantikküste war in der Nähe des Campingplatzes recht dünn besiedelt. Es gab nur einen kleinen, verträumten Ort ein paar Kilometer entfernt mit ein wenig touristischer Infrastruktur. Nach einem kleinen Snack in Form von Bananen und einem Joghurt stiegen wir in unseren VW Passat und fuhren über die holprigen Straßen des Platzes. Alles was sich hier bewegte, wirbelte Staub auf, der sich erst langsam wieder legte. Alles war immer von einer feinen Staubschicht bedeckt.

      Kapitel 5

      Die Wege führten zur Hauptstraße in der Mitte zwischen den beiden Platzteilen und von dort aus ging es auf die schnurstracks verlaufende Teerstraße. Deren Gleichförmigkeit wurde von einigen Kuppen unterbrochen. Auf der Hinfahrt war der voll beladene Passat hier mehrfach aufgesetzt. Jetzt glitt er mühelos über die Kuppen hinweg. Links und rechts säumten Pinien mit ihren typischen Schirmkronen die Straße. Ihr würziger, harziger Duft, herb und wunderbar, lag schwer in der Luft. Neugierig auf die kleine Stadt, schaute ich verträumt aus dem Fenster. Durch das offene Fenster atmete ich die Luft tief ein. Wir bogen rechts auf die D101 in Richtung Lizan ab.

      Der kleine Ort lag in der Nachmittagssonne. Doch auch die hatte mächtig Kraft. Schatten boten einzig die bunten, flatternden Markisen der kleinen Geschäfte und Stände. Durch Zufall hatten wir einen Tag mit Markt ausgewählt. Der kleine, zentrale Marktplatz war gesäumt mit den verschiedensten Ständen, die sich unter den herrlichen Platanen dieses Marktplatzes duckten. Dort wurden Sommerkleidung, Stoffe, Sachen für den Strand und Lederwaren in allen Variationen angeboten. Dieser Stand hatte es mir angetan. Der Geruch des Leders lag schwer, aber betörend in der Luft. Ich kaufte mir ein kleines, geflochtenes Armband. Die junge, dunkelhäutige Frau strahlte mich an. Zähneblitzen. Sie steckte das Armband in eine kleine Papiertüte und klebte sie sorgfältig mit Tesa zu. Ich schlenderte weiter. Es roch nach Gewürzen. Einer der nächsten Stände bot tatsächlich lose Gewürze an. Man konnte sie sich selber abwiegen und viele Touristen standen dort und kauften. Auch Sonja und Simona waren dort. Sonja sah mich und machte ein Zeichen, ich solle doch zu ihr kommen. Sie strahlte. In ihrer Hand hielt sie eine kleine Tüte. Getrockneter Salbei. Würzig.

      Wir kauften noch grünen Salat, Paprika und Tomaten für ein leckeres Abendessen ein. Mit Tüten bepackt suchten wir nach Gerd, den wir schließlich an einem Tisch vor einer kleinen Bar sitzend fanden. Vor ihm stand ein halb leeres Glas Bier.

      „Na, da seid ihr ja endlich“, sagte er, „Der Markt hat aber nichts Besonderes.“ Es war klar, dass er das sagen würde. Gerd hatte einen hohen Anspruch an alles.

      „Und wer fährt zurück?“ fragte ihn Simona.

      „Ist doch egal, nach dem Bier kann ich noch fahren.“ Gerd witterte einen Angriff und versuchte dem aus dem Wege zu gehen.

      „Ich finde es egoistisch von dir. Wir anderen haben vielleicht auch Durst auf ein Bier. Und einer sollte schon nüchtern sein.“ Simona, Sonja und ich hatten sich noch nicht gesetzt. Simona stand direkt vor Gerd.

      „Nüchtern? Sehe ich etwa betrunken aus?“ fragte er.

      Ich verspürte wenig Lust, mich an der Diskussion zu beteiligen und warf in die Runde, dass ich noch nach einem kleinen Surfbrett aus Styropor suchen würde. Ich hatte diese kleinen Wellenbretter bei anderen Touristen am Strand gesehen. Eigentlich für Kinder gedacht, konnte man damit auch als Erwachsener herrlich auf dem Bauch liegend, über die Wellen gleiten.

      Ich war mir darüber im Klaren, dass ich eigentlich vor einer Parteinahme davon lief. Aber mir stand der Sinn nicht schon wieder nach Streit.

      So ließ ich die Anderen zurück und ging schnell eine kleine Straße hinunter. Auf beiden Seiten waren in den verwinkelten Häuschen kleine Läden untergebracht, die Andenken und Strandutensilien anboten. Vor einem hingen auch diese kleinen Surfbretter. Ich hätte sofort eines kaufen können, um schnell zu den Anderen zurück zu gehen. Aber ich sagte mir, ich müsste einen Preisvergleich machen und nicht das Erstbeste kaufen.

      In einem Laden, der in einer Seitenstraße lag, fand ich schließlich eines. Größer, stabiler und auch noch billiger als in dem Laden, den ich zuerst besucht hatte. Ich war sehr zufrieden und kaufte es.

      Ich schlenderte zurück zu der kleinen Bar. Inzwischen hatten die beiden Frauen auch ein Bier vor sich stehen.

      „Wir wussten nicht, was du trinken wolltest“, sagte Sonja, als ich mir einen Stuhl vom Nachbartisch herbeizog und mich setzte, „Ah, ist das dein Surfbrett?“

      „Wisst ihr was“, sagte ich, „Ich werde keinen Allohol trinken und fahre euch dann nachher zum Platz zurück und, ja, das ist mein Surfbrett. Wenn ihr lieb seid, dürft ihr es auch benutzen.“ Ich grinste frech in die Runde.

      „Ok“, sagte Gerd, „Wir haben aber kaum noch Wein. Wenn wir heute Abend Doko spielen wollen, dann sitzen wir auf dem Trockenen.“

      „Wir können ja noch was Wein mitnehmen. Ich glaube in der Nähe von dem Gewürzstand war ein Supermarkt.“ Sonja nestelte an ihrer Tasche. „Ich habe noch genug Geld für den Wein dabei. Wer zahlt mein Bier?“

      Ich war verwundert, dass Gerd so schnell in den Vorschlag einwilligte. In der Zwischenzeit schienen sich die Wogen schon wieder geglättet, oder sich gar nicht erst entwickelt zu haben. Alle waren vergnügt. Ich begleitete Sonja zum Supermarkt. Simona und Gerd blieben und warteten auf den Garcon.

      „Ach Micha, gut, wie du dich eben aus der Affäre gezogen hast“, sagte Sonja. Sie lächelte schelmisch, „Ich hätte das auch gern getan, aber ich wollte Simona nicht mit Gerd alleine lassen.“

      „Ich hatte keinen Nerv auf erneuten Stress“, sagte ich. Mit einem Lob von ihr hatte ich nicht gerechnet.

      „Du weißt ja, die Wetten standen auf Sturm. Hatte man uns nicht prophezeit, dass wir

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