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war ja das Essen nicht gut.«

      Ihm war schlecht gewesen. Hatte er in ihre Wohnung oder in die Kneipe gekotzt? Gott, wie peinlich, dachte er, bei ihrem ersten Abend zusammen. So gut kannten sie sich noch nicht. Er ließ den Kopf hängen.

      »Pass auf, Benjamin. Leg dich noch mal hin. Ich kümmere mich um deine Sachen. Wenn du aufstehst und geduscht hast, sollte alles fertig sein. Ich mach uns dann was zu essen.«

      Schlimm, dachte Benjamin. Jetzt hatte er jemanden kennengelernt, eine, die ihn auch zu mögen schien, und dann passierte ihm so etwas. Was für eine Blamage, dachte er.

      Jetzt musste sie ihn auch noch bemuttern, seine Sachen waschen und für ihn kochen. Das Letzte, was er sich gewünscht hätte. Das Hinterletzte.

      »Gut«, krächzte er, mit gesenktem Kopf.

      »Hier«, sagte sie und hielt ihm eine Augenmaske aus dem Flugzeug hin. »Das hilft vielleicht. Schlaf einfach noch ein bisschen.«

      »Danke.« Benjamin stand auf und ging in Richtung Tür, gebrochen und geschlagen. »Danke.« Etwas Besseres fiel ihm nicht ein.

      Charlotte stand auch auf und legte ihm von hinten die Hand auf den Rücken. »Mach dir keine Sorgen. Es ist alles in Ordnung. Es war ein wunderbarer Abend mit dir.«

      Eine Minute später war er zurück in ihrem Bett und war sofort tief eingeschlafen.

      Ein neuer Plan

      Im Halbschlaf direkt vor dem Aufwachen hatte Benjamin eine Vision. Er wachte davon auf, rieb sich die Augen, sprang aus dem Bett und stürmte hinaus in das Loft.

      »Charlotte! Wir nehmen Flugunterricht«, rief er, als er sie auf dem Sofa lesend entdeckte. Charlotte sah über ihren Brillenrand hinweg auf sein rotseidenes Höschen und lächelte. »Was machen deine Kopfschmerzen?«, fragte sie. »Und wieso Flugunterricht?«

      »Oh.« Benjamin wunderte sich selbst, jetzt, wo sie das sagte. »Weg. Danke für die Tablette.« In einem Wäschekorb neben dem Sofa erspähte er seine Sachen vom Vortag. »Sind die trocken?«

      Charlotte nickte unmerklich und sah hin. »Ja. Ich denke schon.«

      »Du entschuldigst, wenn ich die nicht erst bügle«, sagte er, nahm den kompletten Satz Wäsche an sich und verschwand damit im Schlafzimmer. Er kam sich blöd dabei vor. Zum einen, weil sie seine Sachen hatte reinigen müssen und er nicht einmal genau wusste, wie er sie beschmutzt hatte, und zum anderen, weil er sich nicht traute, sich vor ihr umzuziehen. Feigling.

      Er schnupperte an seiner Unterhose, bevor er sie anzog. So gut hatten seine Sachen noch nie gerochen. Ben fühlte sich gleich wieder besser. Wohin jetzt mit dem roten Slip, der ohne Zweifel Charlotte gehörte? Als Trophäe einstecken? Nee. Den hatte er sich nicht verdient. Er drapierte ihn aufs Bett. Vielleicht konnte er ihn Charlotte eines Tages ausziehen; dann durfte er ihn behalten.

      »Hast Du Lust auf was zu essen?«, fragte sie ihn, als er bekleidet im Wohnbereich wiederauftauchte. Benjamin überlegte. So gut fühlte sich sein Magen noch wieder nicht an.

      »Nee, danke, irgendwie nicht.« Er sah hinüber in Richtung Küche. Von einem Frühstück oder Mittagessen konnte er nichts erkennen. Ob sie schon gefrühstückt hatte?

      Vor der Küche stand das Bügelbrett, davor ein Korb mit Wäsche.

      Charlotte bemerkte seinen Blick und nickte. »Zum Dank dafür, dass ich dir die Wäsche gewaschen und dich ins Bett gebracht habe, darfst du mir meine Blusen bügeln. Ist heute auch umsonst. Dein Kurs geht weiter, ob du willst oder nicht. Oder musst du heute in die Uni?«

      Benjamin schüttelte den Kopf. Freitags arbeitete er meist zu Hause. Aber bügeln? So erschlagen, wie er sich fühlte, hatte er zu gar nichts Lust. Außerdem wollte er Charlotte von seiner Idee erzählen. Er zögerte.

      »In Japan müsstest du auch mit einem Riesenkater die Klosterbohlen schrubben«, erklärte sie ihm. »Bügeln wird dir guttun.«

      Japan! Da war was gewesen. Sie hatte ihm etwas von Japan erzählt, genau. Jetzt kam die Erinnerung wieder, in Bruchstücken. Aber das kurze Aufblitzen der Erinnerung war schon wieder im grauen Nebel des müden Gehirns verschwunden. Irgendwas mit einer Bar, in der sie gewesen war.

      Er stand unschlüssig zwischen Sitzgruppe und Küche im Loft herum. Er wollte sich weder ihrer Aufforderung widersetzen, noch wollte er bügeln. Er wollte sich nicht hinsetzen, aber auch nicht stehen bleiben.

      »Du hast mir doch gestern was von Japan erzählt?«, wunderte er sich. »Warst du da etwa in einem Kloster?«

      Charlotte verzog etwas unwillig das Gesicht. »Da reden wir später drüber. Du kannst mir beim Bügeln von deiner Idee erzählen. Flugunterricht, hattest du gesagt. Los geht’s. Nachher mach ich uns dann was zu essen.«

      Benjamin spürte einen gehörigen Widerstand. Bügeln war das Letzte, was er jetzt gern gemacht hätte. Andererseits hatte er eine Art Vereinbarung mit Charlotte.

      Also gut; er fügte sich.

      Wortlos nahm er eine Bluse aus dem Korb, legte sie auf das Bügelbrett, steckte den Stecker der Bügeleisenschnur in die Steckdose und stellte die Temperatur ein. »Wo hast du das Wasser?«

      »In der Küche.«

      Benjamin ging suchen, fand die blaue Flasche mit destilliertem Wasser und sah, dass der Kaffeeautomat noch an war. »Willst du auch noch einen Kaffee?«, rief er aus der Küche hinaus.

      »Gern, Zen.« Sie klang distanziert. Benjamin hätte zu gern gewusst, was er gestern alles falsch gemacht hatte, trotz ihrer Beteuerungen, es wäre ein schöner Abend gewesen.

      Er stellte zwei Tassen unter den Auslass, nahm das Wasser und brachte es zum Bügelbrett. Als er mit dem Einfüllen fertig war, hörte auch das Zischen der Kaffeemaschine auf. Er holte den Kaffee und stellte eine vor Charlotte ab. »Schwarz, war doch richtig, oder?« Sie nickte. Seine eigene Tasse stellte er in der Nähe es Bügelbrettes ab, nachdem er einen ersten Schluck getrunken hatte.

      »Weißt du«, begann er, und legte sich gleichzeitig die Bluse zurecht, »wenn wir unsere Schnapsidee wirklich durchziehen wollten, wäre es doch blöd, wenn wir darauf warten würden, bis sich ein paar Bakterien aus einem Gewässer dazu bequemen, sich über die Verdunstung in die Wolken begeben.«

      Er zupfte den Kragen der Bluse zurecht und setzte das Eisen an. »Du erreichst viel mehr, wenn du die Wettersysteme studierst und in die Wolken reinfliegst und dann eine Emulsion mit unseren kleinen Heilsbringern in die Wolken reinsprühst.«

      Das Bügeleisen klickte, es war zu heiß. Er stellte es ab und trank von seinem Kaffee.

      »Wir müssten Flugunterricht nehmen, für kleine Flugzeuge, solche, die nicht zu schnell fliegen, damit man das Fenster aufmachen kann, und in großer Höhe fliegen können müssen die auch nicht. Cessna oder so.«

      Während des Sprechens hatte er, ohne groß nachzudenken, mit dem Bügeln weitergemacht und die meiste Zeit Charlotte angesehen. »Rein hypothetisch. Wir könnten dann aktiv weite Bereiche abdecken. Von diesen Bereichen können sich unsere Vektoren dann weiter ausbreiten. Egal, wofür die sein sollen. Gegen Aggression oder gegen Fruchtbarkeit.«

      »Du könntest auch Luftballons mit Proben in die Luft schicken«, meinte Charlotte. »Wird vermutlich auch viel billiger.«

      Sie stand auf und lehnte sich an die Heizung vor dem Fenster und sah ihm zu.

      »Ich hatte eine ganz andere Idee, Zen. Du arbeitest doch mit Extremophilen. Die können die unwahrscheinlichsten Dinge, oder? Warum bringen wir denen nicht bei, sich von Sprengstoffen zu ernähren, oder von Uran und Plutonium? Keine Waffe würde mehr funktionieren, keine Atombombe mehr explodieren. Wenn einer Krieg führen wollte, müsste er selbst zu Axt und Messer greifen und sich mit Blut besudeln. Könnten deine Bakterien das? Den Sprengstoff der Welt auffressen, wenn wir ihnen das beibringen?«

      »Hm.« Benjamin bügelte weiter und überlegte.

      »Klar, das kann ich mir vorstellen. Zwei Jahre Forschung, und du

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