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ja beim Sie bleiben, wenn Sie diese Distanz brauchen. Also ich stelle dir, lieber Leser, liebe Leserin, kurz meine Todes- oder eben auch Lebensformel vor.

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      Setze in die folgende Gleichung deine Werte ein, wobei wir der Einfachheit halber LG mit zehn annehmen (das ist völlig willkürlich – für die, die jetzt zu überlegen angefangen haben, wieso 10?):

      L steht übrigens für LIEBE.

      Was hast du gedacht?

      Und was hast du bei G, E und F vorzuschlagen?

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      Schreib ruhig deine Zahlen da rein, ist ja dein Buch!

      Herr Düringer, ich hoffe, Sie haben nichts dagegen, wenn Ihre Leser in diesem Buch herumkritzeln.

      Überhaupt nicht, aber wenn es möglich wäre, bitte nur mit Bleistift, falls jemand anderer dieses Buch sich von Ihnen ausborgen sollte. Aber was genau soll man hier eintragen, Herr Prehsler?

      Wenn du dich selbst nicht sehr magst, dann setze zum Beispiel bei LE eine Zwei oder eine Drei ein (bei null oder eins bist du eh schon im psychischen Koma). Wenn du auch von anderen nicht sehr gemocht wirst – zum Beispiel von deinen Eltern oder deinen Kindern – sagen wir zum Beispiel nur im Ausmaß von 3, dann schaut deine persönliche Liebesgleichung zum Beispiel so aus:

      10 = 2 + 3

      Was natürlich mathematisch ein Schwachsinn ist. Und im Leben auch. Aber es trifft eine klare Aussage:

      10 ≠ 5, und du bist um fünf unterliebt.

      Du bist um fünf UNTERLIEBT !

      Sag, gefällt dir das Wort? UNTERLIEBT? … Ich bin echt stolz drauf, dass ich es erfunden habe. Ist so richtig schön klar und einfach und so richtig ungut.

      Weil dieses UNTERLIEBT-Sein nämlich ganz schön weh tut und auf den Selbstwert und damit auf die Lebensenergie geht!

      Kein Mensch weiß wirklich, was Liebe ist.

      Aber sie soll schön sein. Nein, sie IST schön!

      Und kein Mensch kann diese Liebe gesamt-mathematisch wirklich definieren.

      Aber eines sollte schon klar sein: Je geringer deine Eigenliebe ist, umso mehr Fremdliebe brauchst du. Und genau da werden wir alle in unterschiedlichem Ausmaß ausgehebelt, manipuliert und missbraucht.

      Schauen wir uns die Logik in der Gleichung noch einmal an:

      10 = sagen wir Eigenliebe 2, und dann bräuchtest du logischerweise Fremdliebe 8, damit du die notwendige Menge Liebe gesamt bekommst.

      Leute, Leute – das ist die große Abhängigkeit ! Und das macht traurig!

      Danke, Herr Prehsler, eine durchaus plausible Erklärung. Und davon handelt dann Ihr Buch?

      Ja, und von Wertschöpfung durch Wertschätzung und wie man mit Liebe den Gewinn maximieren kann. Das geht allerdings oft zu Lasten unseres Glückes und tut uns nicht immer gut. Da ist dann halt ein anderer glücklich. Wie wir uns selbst und auch unsere Kinder rekonstruieren können und unter anderem auch, wieso »Liebe deinen Nächsten wie dich selbst« so ein gefährlicher Satz ist und ob Jesus das wirklich konsequent zu Ende gedacht hat.

      Herr Düringer, ich darf mich bei Gelegenheit wieder zu Wort melden und mich in Ihr Buch einschreiben?

      Wenn’s passt, gerne. Und schicken Sie mir eines Ihrer Bücher. Manches in Ihrem Buch klingt ja, als hätte ich es geschrieben.

      Gleich und gleich gesellt sich eben gerne. Nicht dass wir jetzt gleich wären, aber ich glaube, dass Sie, Herr Düringer, und ich uns Ähnliches wünschen, uns Ähnliches antreibt und ich nebenbei auch manchmal als »weltfremd« wahrgenommen werde.

      Vielleicht rührt die allgemeine Unzufriedenheit und Traurigkeit neben mangelnder Selbstliebe auch daher, dass unsere Zeit sich immer mehr zur Gegenzeit entwickelt. Falls Sie den Begriff Gegenzeit jetzt zum ersten Mal hören, dann liegt es daran, dass ich ihn jetzt erst erfunden habe. Das Gegen- oder auch Antizeitalter hat so Dinge wie Anti-Faltencremes, Anti-Aging-Diäten, Anti-Terroreinheiten, Anti-Babypillen, Anti-Raucherkampagnen, antibakterielle Mundwässer und natürlich Antidepressiva hervorgebracht.

      Die man ja braucht, wenn man in einer Zeit, die gegen alles ist und gegen alles ein Mittel hat, leben muss. Unsere Mundwinkel hängen oft schon nach dem morgendlichen Erwachen bis zu den Fersen hinunter, weil uns wieder ein harter Kampf bevorsteht. Kein Überlebenskampf in dem Sinn, sondern ein Kampf gegen alles, wo man dagegensteuern muss. Kampf gegen Krankheiten, Kampf gegen Drogen, Kampf gegen den Klimawandel, Kampf gegens Unkraut. Kampf gegen den Hunger, Kampf gegen die Armut, Kampf gegen den Terror, Kampf gegen den Faschismus … und alle diese Kämpfe haben wir bis jetzt nicht gewonnen und werden wir auch nicht. Nicht mit heruntergezogenen Mundwinkeln und einem »Antileben« gegen das Leben. Nicht mit einem Denken, dass noch immer Konkurrenz präferiert und Kooperation verweigert. Warum gegeneinander?

      Liegt es daran, dass es bei »Früher«, ganz oben, am Beginn unserer Geschichte mit einem beinharten Konkurrenzkampf begonnen hat? Das ist nicht wissenschaftlich belegt, könnte sich aber ähnlich zugetragen haben.

      Die Geschichte der Menschheit begann mit einer ziemlichen Katastrophe. Vor mehreren Millionen Jahren zerbrach ein ganzer Kontinent: Afrika (hatte also offenbar schon zu Frühzeiten die Arschkarte gezogen). Ja, und wenn so ein Kontinent zerbricht, dann tut sich was, keine Frage. Die Erde speit Feuer, der Himmel verdunkelt sich, das Klima verändert sich, die Vegetation geht zurück, die Bäume sterben. Die Affen hatten aber schon immer auf den Bäumen gelebt, denn dafür sind sie ja gebaut. Wenn nun die Bäume weniger werden, ist es klar, dass da ein ziemlicher Konkurrenzkampf um die besten Plätze auf den Bäumen entsteht. Und wie es in der Natur nun einmal so ist, die kräftigen, intelligenten, überlebensfähigen Affen blieben oben und haben die patscherten und dümmlichen Affen ganz einfach von den Bäumen geworfen und ins Steppengras verbannt. Zorn, Frust und Missgunst darüber waren nun ständige Begleiter der Heruntergetretenen: »Es glaubts a, nua weus stärka und gscheida sats, sats wos Bessas. Oba woats nur, irgendwoan kummt unsa Zeit und doan sperr ma eich in Zoo.« Ja, und so zogen die heruntergetretenen Affen in der Hoffnung auf späte Rache durchs Steppengras. Einer von ihnen, ein etwas älterer und unter den nicht allzu Klugen ein etwas Klügerer, hatte aufgrund seiner ständig gebückten Haltung unter ständigen Kreuzschmerzen zu leiden. Um den Rücken zu entlasten, richtet er sich hin und wieder auf, um sich zu strecken. Dabei blickt er über das Steppengras und sieht vor sich die weite Welt und staunt, was es da jenseits vom hohen Gras zu sehen gibt.

      Der erste Affe hatte sich aufgerichtet, und er sah unbeschreibliche Dinge. Nun stand er also aufrecht da … und bereits wenige Minuten später war er vom Säbelzahntiger gefressen, denn der aufrechte Affe sah nicht nur, er wurde auch gesehen. Jedenfalls war es einmal ein erster Versuch, und ein Anfang war getan. Dann dauerte es schon noch einige Zeit, bis die Steppengras-Affen so weit waren, dass sie aufrecht gehen konnten und nicht vom Säbelzahntiger gefressen wurden. Hunderttausende wenn nicht sogar Millionen Jahre.

      Manche Dinge brauchen eben Zeit, man glaubt es kaum. Zeit ist ja heute Mangelware, sie ist knapp, und unser Leben ist oft ein Kampf mit und natürlich gegen die Zeit. Schauen Sie doch selbst einmal auf die Uhr, wie spät es schon wieder geworden ist. Sie und ich, wir beide haben die Uhr …

      Und die war aus heutiger Sicht nicht lang. Der durchschnittliche Neandertaler, damit mein’ ich nicht den Herrn Neandertaler, sondern die Gattung, also Herrn und Frau Neandertaler, die NeandertalerInnen (dieses Buch enthält auch keine Allergene und ich hoffe, dass Sie so wie ich ein Mensch mit besonderen Bedürfnissen sind, auch wenn Ihre Mobilität fallweise, insbesondere im Stau, eingeschränkt ist und sie

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