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und physische Machtentfaltung. In dieser Eigenschaft als Vertreter der obersten weltlichen Instanz ist er ein Symbol dessen, was man das göttliche Ich-Bewusstsein nennen könnte, denn schließlich ist er der festen Überzeugung, seine Macht von Gott persönlich bekommen zu haben. Die beiden Sonnenscheiben mit Stern repräsentieren Herrschaft, Mut und Führungskraft und erinnern an den Ausspruch von Ludwig XIV, dem Sonnenkönig: Der Staat bin ich. Die Krone mit Diamanten ist ein Symbol der weltlichen Macht, deren Glanz bis zum Olymp hinauf zu strahlen vermag. Sie verleiht ihm die Fähigkeit, einen tiefen und unerschütterlichen Glauben an den Sinn von pyramidenförmigen Hierarchien nach göttlicher Ordnung zu entwickeln, die ihn mit dem Höchsten in Verbindung bringen: Ich und der Vater, wir sind eins! Ebenso wie der Priester, dessen persönliches Ego nicht an sein Gottesbild heranreicht, ohne aber seine priesterlichen Funktionen zu schmälern, lastet auf dem Befehlshaber als oberstem Regenten die Projektion des gesellschaftlichen Bildes elterlicher Autorität. Auch Reichsapfel, Weltkugel mit Malteserkreuz und Zepter mit Widderkopf sind Zeichen für Sicherheit, Stärke und die Kristallisation von Wille und Macht und unterstreichen seinen Herrscheranspruch.1 Die beiden gehörnten Bodyguards in seinem Rücken geben eine gute Vorlage dafür ab, was man mit dem heute etwas angestaubten Klischee des Kriegers – zeitgemäß: Leibwächter – in Verbindung bringt: Kurzsichtigkeit und Kampfkraft, Treue und Leidenschaft.

      Zusammen mit Magus/​Hohepriesterin und Kaiserin symbolisiert der Kaiser die Trinität Schwefel, ☿ Quecksilber und ⊖ Salz. Kopf, Schultern und Arme bilden ein gleichseitiges Dreieck, die überschlagenen Beine darunter ein rechtwinkliges T oder + Kreuz.1 Die goldenen Bienen auf dem Gewand sind ein Synonym für den Fleiß, mit dem er seine Ziele anstrebt und den Nektar einsammelt bzw. das Bruttosozialprodukt erhöht. Sie zeigen, dass er sich in seinen Errungenschaften spiegeln und sich am Maß des Erreichten stellvertretend für seine innere Leere auch wertvoll und wichtig halten kann. Oft fallen der große Egoismus und das selbstsüchtige, rücksichtslose Handeln ins Gewicht, das auf die anderen keine Rücksicht nimmt und zum Ego pur, zum unbedingten Verfechter persönlicher Vorrechte und Feind jeder Gleichmacherei mutiert. Deshalb arbeitet er beharrlich, ausdauernd und geduldig an der Vermehrung seines Eigentums oder partizipiert an der Vermehrung des Besitzes der anderen (= Mehrwertsteuer). Seine Devise ist Recht und Ordnung verbunden mit kontrollierender Struktur. Dazu ist es zwingend notwendig mit strikter Logik vorzugehen, statt Gegebenheiten mit persönlichen Gefühlen zu verstellen, denn die Forderung, mit der Stimme des Herzens zu entscheiden, ist aus der Sicht des Kaisers an Absurdität nicht zu überbieten.

      Der doppelte Feueradler verkörpert die schöpferische Energie der Sonne, die Suche nach dem Ziel oder die Reise des Helden zu sich selbst, denn er ist ein Symbol für den Willen, die Ziele aus sich selbst hervorzubringen und die anderen als Weg oder simple Erfüllungsgehilfen zu benutzen – im Gegensatz zum weißen Doppeladler der Kaiserin, der sich zurücknimmt und in der Verschmelzung mit dem Ganzen als das erkennt, was er ist:

      eine vitale Größe mit begrenzter Existenzdauer, der sich aus unbewussten Verhaltensmechanismen und kollektiven Urmustern zusammensetzt. Aus alchemistischer Sicht stellt der rote Adler die rote Tinktur der Alchemisten dar, die der Natur der Sonne entspricht, während das Wappentier der Regentin mit dem Mond korrespondiert.2 In die gleiche Richtung deutet auch das von oben einströmende Licht:3 Nur solange die Motive und Handlungen sich im Einklang mit dem schöpferischen Willen befinden, sind die angepeilten Ziele erstrebenswert. Deshalb wäre es aus heutiger Sicht sinnvoller zu sagen: Nicht Ich und der Vater, sondern Vorstellung und Wille oder Sehnsucht und Ziel sind eins! Das Lamm mit Siegesfahne schließlich versinnbildlicht das absolute Vertrauen in den Großen Vater oder Big Brother, dessen Regeln zu überwachen er sich zusammen mit seinem Kumpanen, dem geistigeren, aber nicht weniger autoritären Hierophanten, berufen fühlt.4 Das reflektiert den Persönlichkeitsteil eines strengen, aber gerechten Herrschers, der seine Kinder auf das harte Leben vorbereitet und auch die Bürde ohne Murren für den Umstand trägt, dass sie ihn später dafür hassen werden. Sein Herz kann letzten Endes nur erringen, wer alle Hinweisschilder genau beachtet, keines der Verbote missachtet und alle Regeln respektvoll akzeptiert. Diese Sicherheit ist für den Kaiser die Voraussetzung, um seine Seele wenigstens einen Spalt breit zu öffnen.

      Weiterführende Bemerkungen

      1 Damit nimmt der Kaiser eine Haltung ein, die allegorisch das alchemistische Zeichen darstellt. Das † steht für Stabilität und Fixierung bis hin zum Starrsinn und das △ für Zuverlässigkeit, Verantwortung, zähe Ausdauer und stetige Disziplin. Zusammen bilden sie das alchemistische Symbol des Schwefels, Ausdruck feuriger, männlicher Energie.

      Was finden wir als weitere elegante Umschreibungen in dieser Karte versteckt? Die Krone hat 6 Strahlen, was mit der Sephira Nr. 6 korrespondiert.5 Sie ist mit 6 Steinen besetzt, die ein Kreuz in einem Kreis zeigen, was der Kontrolle (+) des Unfassbaren (0) entspricht. Auf den Thronlehnen sehen wir die beiden großen 16-zackigen Sterne (16 = 4 x 4), Zeichen der strukturierenden und alles kontrollierenden Kraft. Auch der harte, wuchtige Gesichtsausdruck des Kaisers zeigt eine starre innere Haltung, allen Anforderungen des Lebens zu trotzen, was Crowley aber als künstlerisches Manko auffasste. In einer übelgelaunten Note hält er Harris bei der Gestaltung menschlicher Gesichter fehlendes Selbstvertrauen vor: Ihr Problem bei Gesichtsformen ist symptomatisch für die moderne Seelenkrankheit. Es ist ein Fehlen von Selbstvertrauen in die kreativen Kräfte. Ich muss betonen, dass diese Angst vor »Gesichtern« ein entsetzliches Symptom der Feigheit ist. (Crowley im Dezember 1939 in einem Brief an Harris)

      Andere Verbindungen

      – Tiefenpsychologische Zusammenhänge –

       Die Eltern

      Die Nähe der Trümpfe III und IV ist nicht zufällig, denn sie sind das durch eine ähnliche, sich ergänzende Körpersprache in ein Netzwerk von gegenseitigen Beziehungen eingebundene Elternpaar. Bei der Mutter sind es die sanften Pastelltöne in weichem Licht, die die fließenden Formen des Lebens zum Ausdruck bringen, während beim Vater die breite Sitzhaltung und der dominante Körperausdruck in brennenden Orange-Rot-Farben dominieren. Die Bienen, die bei der Urmutter noch Fruchtbarkeit symbolisieren, verwandeln sich auf dem Gewand des Regenten eher zu einem Zeichen für die Struktur der Waben im Bienenstock. Umgekehrt sind die kristallisierenden, sechzehnzackigen Sonnensterne des Kaisers der Gegenpart zu den beiden sichelförmigen Monden der Kaiserin. Auch die beiden Widderköpfe, von denen der eine im Schatten steht und der andere in dem von oben einfallenden Licht, korrespondieren mit dem Doppelmotiv der Mondgöttin zwischen ihrer hellen (Luna, Selene) und dunklen Seite (Hekate), das aus ältester Zeit überliefert ist. Die gleiche Idee finden wir bei der Kaiserin, die zwischen der zunehmenden (oben) und der abnehmenden Mondsichel (unten) sitzt. Die weiße Taube in ihrem Blickfeld hält sich im Lichtkreis des Mondes auf, während der Sperling in ihrem Rücken etwas in den Schatten eingetaucht ist. Bleibt noch die ausgeklügelte Symmetrie der beiden Wappentiere. Während der weiße Doppeladler auf der linken Seite mit dem silbernen Mond korrespondiert und damit Ausdruck der inneren Quellen des Weiblichen ist, steht dieser auf der rechten Seite des Kaisers und damit für die bewusste Beherrschung der Materie. Er zeigt unser Streben nach Unabhängigkeit von den Bedingtheiten der Natur, das der Hingabe an die fließenden Abläufe der Schöpfung entgegensteht.6

       Das (die Eltern erschaffende) Kind

      Die Verbindung dieser beiden Karten krönt

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